Geldwerter Vorteil oder reiner Ingenieurstalk: Wie wichtig ist der Wirkungsgrad?
Es gibt keine Sprache, die der deutsche Autofahrer so gut versteht wie die des Geldes. Nicht, weil wir ein Volk von Geizhälsen sind. Sondern weil Betriebe und private Haushalte unter dem Zwang des guten Wirtschaftens stehen. Die Wahl des Antriebs ist meistens ein Rechenexempel. Hier wird sich in Zukunft die Frage stellen, ob die Unterschiede im Wirkungsgrad sich in einem monetären Vorteil niederschlagen – oder ob der Streit um eine bessere oder schlechtere Well-To-Wheel-Bilanz lediglich eine interne Diskussion von Technikverliebten ohne Relevanz für die Wirklichkeit ist.
So gibt es Freunde des elektrischen Fahrens, die lobend über die hohe Effizienz der Batterie reden und nicht müde werden, den vermeintlich miesen Wirkungsgrad der Brennstoffzelle anzuprangern. Eine These, bei der Toyota nicht mitgeht. Im Gegenteil, die Japaner rechnen sogar vor, dass Wasserstoff die bessere Wahl ist.
Dazu beruft man sich auf eine Well-To-Wheel-Bilanz, die zur korrekten Vergleichbarkeit der Effizienz von Erdgas als Quelle ausgeht. Denn daraus und nicht durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien wird zurzeit das Gros des Wasserstoffs gewonnen. Bei der so genannten Reformierung gehen nach Toyota 33 Prozent der Energie flöten, und weitere 35 Prozent verliert der Brennstoffzellenantrieb an Bord. Von der ursprünglich im Methan enthaltenen Energie kommen also rund 44 Prozent am Rad an.
Deutlich schlechter sieht es für Batterie-elektrische Autos aus. Hier legen die Japaner ein Gaskraftwerk mit einem Wirkungsgrad von 39 Prozent zu Grunde; es gehen bereits im ersten Schritt dieser Rechnung 61 Prozent verloren. Vom produzierten Strom wiederum werden nach Transport und Ladung 85 Prozent in Vortrieb umgesetzt – am Ende landen 33 Prozent der Ausgangsenergie tatsächlich am Rad.
Die jeweils eigene Sicht wird optimiert dargestellt
Von dieser Rechnung könnten sich die Apologeten der Batterie stark provoziert fühlen, und selbstverständlich ist das die Argumentation eines Autoherstellers, der seine Interessen vertritt. Das macht die Zahlen aber nicht falsch.
Die Bilanz zeigt dennoch, wie leicht es möglich ist, sich bei der Wirkungsgraddiskussion zu verheddern oder die jeweils eigene, stets optimierte Sicht in den Vordergrund zu spielen. Noch ein Beispiel gefällig?
Batterien von heute tragen einen erheblichen energetischen Rucksack aus der Produktion mit sich herum. Dafür geben sie als großes Plus mehr als 95 Prozent des Stroms wieder ab, den sie zuvor geladen haben.
Nur auf der Autobahn wird es finster. Hier sind Batterie-elektrische Autos wegen der mangelhaften Reichweite und der langen Ladezeit nicht konkurrenzfähig zu Diesel- und Benzin-betriebenen Fahrzeugen. Das könnte sich mit Lithium-Luft-Batterien ändern. An denen wird sehr aktiv geforscht, denn sie versprechen höchste Energiedichten.
Dass zurzeit nur zehn oder 20 Ladezyklen möglich sind, gibt einen Hinweis, wie weit diese Technik vom Serieneinsatz entfernt ist. Irgendwann nach 2025 ist eine Realisierung vorstellbar. Während sich die Zyklenfestigkeit grundsätzlich verbessern kann, wird der Wirkungsgrad dieser Systeme relativ niedrig bleiben. Rund 30 Prozent sind es, wenn mit Luftsauerstoff gearbeitet wird, gut 50 Prozent, wenn Flaschen mit reinem Sauerstoff mitgeführt werden. Und auch die Lithium-Schwefel-Zellen, die erst noch zeigen müssen, ob sie bei der volumetrischen Energiedichte der Lithium-Ionen-Zellchemie der zweiten Generation überlegen sind, haben Mühe, mehr als 75 Prozent des eingeladenen Stroms wieder abzugeben.
Welchen Wert aber hat letztlich die Wirkungsgraddiskussion in einem Markt, der von Verbrennungsmotoren dominiert wird, bei denen in guten Fällen 20 Prozent der im Rohöl enthaltenen Energie am Rad ankommt? Sie ist nur dann sinnvoll, wenn sich die Effizienz in Euro und Cent wiederspiegelt. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt sind. Es geht ums Geld. Money matters.
Das Prinzip der billigsten Energieernte bleibt
Die Energiewelt funktioniert nach dem Ernteprinzip. In den vergangenen 150 Jahren galt und gilt es, so billig wie möglich Rohöl zu fördern. Über Millionen Jahre verfaulte und gepresste Biomasse wird aus der Erde gepumpt, transportiert, raffiniert und zum Vortrieb verbrannt. Energie ist auch weiterhin im Überfluss vorhanden. Die Sonne liefert sie, in der Folge der Wind, und die Wärme der Erde selbst ist ebenfalls nutzbar. Entscheidend sind die Kosten der Energieernte – billig, bitte.
Die Autokäufer werden auch in Zukunft abwägen, was ihr Mobilitätsbedürfnis ist und wie viel sie bezahlen müssen, um es zu befriedigen. So bleibt der notwendige Diskurs über Ressourcenverbrauch und Wirkungsgrad für den Jedermann akademisch. Nur die Kasse muss stimmen.
Autor: Christoph M. Schwarzer
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