Macht weiter! Kommentar zur Nationalen Konferenz Elektromobilität.

Peter-Schwierz-200x200Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Macherinnen und Macher der Elektromobilität in Deutschland. Doch ich persönlich habe die Nationale Konferenz Elektromobilität am Montag dieser Woche als emotionalen Tiefpunkt der vergangenen viereinhalb Jahre empfunden. Viereinhalb Jahre, in denen ich mich nun tagtäglich für Ihre Morgen-Lektüre mit der Elektromobilität beschäftige. Das war nicht nur mein persönliches Empfinden, sondern das nahezu aller Gesprächspartner nach der denkwürdigen Merkel-Rede. Wenn nicht nur Schaufenster-Verantwortliche und Mitglieder des NPE-Redaktionsteams, sondern selbst die Jungs vom VDA, die Elektromobilität zwar auf ihren Visitenkarten, aber (noch) nicht im Herzen tragen, an jenem Abend lange Gesichter machten, dann musste etwas geschehen sein. Dieser Tag war demoralisierend.

Nun ist es eigentlich nicht die Sache von electrive.net und auch nicht meine persönliche, laut die eigene Meinung zu äußern. Doch mittlerweile fühle ich mich, fühlen wir uns, der Branche nah. Als medialer Dienstleister, der täglich die News aus aller Welt zusammenträgt, die Meinungskrümel aufspürt oder die lustigen YouTube-Videos findet, halten wir uns zurück. Klar, hier mal ein frecher Spruch, da mal ein „unklar“. Dafür mögen Sie uns ja, unsere inzwischen rund 9.500 Leserinnen und Leser. Doch in dieser Woche ist es anders.

Von der aktuellen Bundesregierung ist in Sachen Elektromobilität nicht mehr viel zu erwarten. Sie hat am Montag ein derart schlechtes Bild abgegeben, dass die Branche jetzt nur eines tun kann: Sie muss das Heft des Handelns wieder in die eigenen Hände nehmen. All die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die seit fünf Jahren die Fahne der Elektromobilität in den Wind halten – und denen langsam der Arm müde wird – dürfen nicht länger auf die Gehhilfen von Vater Staat warten. Sie müssen in den nächsten fünf Jahren die Zähne zusammenbeißen und durchhalten. Sind wir doch ehrlich: Der Minimal-Konsens einer Sonder-Afa bringt noch lange nicht die Wende. Selbst wenn sie nach dem Intermezzo in den Verhandlungen über die Bund-Länder-Finanzen tatsächlich kommt: Sie wäre nicht mehr als die aufputschende Flasche Wasser nach langem Marsch durch die Wüste, der Placebo für die wundersame Linderung akuter Symptome.

Deshalb lautet mein Appell an alle kreativen Ladesäulen-Experten, eMobility-Provider, Batterie-Forscher, Geschäftsmodell-Identifizierer, Elektroauto-Hersteller, Regional-Vorbilder, IT-Nerds, Leistungselektronik-Gurus, Antriebsentwickler, Wasserstoff-Tankwarte und Flotten-Elektrifizierer: Macht weiter! Lasst Euch nicht demotivieren von einer Regierung, die selbstverständlich Wichtigeres zu tun hat – und dabei nicht in der Lage ist, auf einem Nebengleis fix ein paar elektrische Weichen umzustellen. Bringt Eure Produkte auf den Markt, preist sie an – und ja – macht sie erfahrbar, erlebbar. Und nicht vergessen: Nutzt eure eigenen Innovationen auch selbst! Fahrt elektrisch, statt nur darüber zu reden. Besprecht auf den Konferenzen weniger Probleme, dafür mehr Lösungen. Zeigt den Menschen, dass Eure Innovationen es wert sind, ausprobiert und genutzt zu werden!

Die Elektromobilität rollt an. In Norwegen, in Holland, in Japan, in Kalifornien. Und bald auch in Deutschland – ob nun als BEV, PHEV oder FCEV. Deshalb: Macht weiter! Dann können wir bei electrive.net auch wieder das machen, was wir am besten können – Ihnen kurze Dreizeiler servieren, statt qualvoller Langtexte wie diesen hier.

Mit den besten Grüßen,
Peter Schwierz
Chefredakteur electrive.net

7 Kommentare

zu „Macht weiter! Kommentar zur Nationalen Konferenz Elektromobilität.“
Bernd Lichtenauer
19.06.2015 um 13:17
Hallo Herr Schwierz,besten Dank für diese klaren Worte. Dem kann ich nur beipflichten. Allerdings bin ich der Meinung, dass gewerbliche Sonderabschreibungen auf den zweiten Blick mehr bringen als man meint. Dazu muss man sich den deutschen PKW-Markt einmal genauer anschauen.PKW-Neuzulassungen 2014: 3,04 mio Gewerblicher Anteil: 63,8%PKW-Besitzumschreibungen 2014: 7,07 mio Gewerblicher Anteil: 5%(Quelle: kba.de)Die Schlussfolgerung daraus dürfte klar sein. Je mehr gewerbliche E-Zulassungen es gibt, desto schneller kommen diese Fahrzeuge zu Privatpersonen. Denn die Wenigsten können oder wollen den Preis eines Neuwagens bezahlen (das dürfte sehr wahrscheinlich unabhängig von der Antriebsart sein).Auch wenn ich prinzipiell gegen die Bevorzugung der gewerblichen Halter bin, ändern wird sich daran in Deutschland so schnell nichts. Daher ist eine sinnvolle "Lenkung" diese Käufergruppe anzustreben.Beste Grüße, Bernd Lichtenauer
Gernot Hagemann
19.06.2015 um 15:22
Hallo Herr Schwierz, electrive.net gehört zu meiner werktäglichen Morgenlektüre und ich möchte Sie und Ihr Team ermutigen genau so weiter zu machen. Für die Elektromobilität in Deutschland wünsche ich mir einen anderen Stil. Ich konnte nicht umhin, einen qualvollen Langtext hierzu zu verfassen – vielleicht bekommen Sie ihn in Ihrer neuen Meinungsrubrik ja unter. Am 25.06. sind Sie ja in Wolfsburg beim Themenabend der P3-Group. Vielleicht sehen wir uns dort. Ich selbst habe maßgeblich an zentralen Projekten des Schaufensters der Metropolregion mitgewirkt und seinerzeit die Bewerbung mit auf den Weg gebracht. Dienstlich fahre ich einen VW e-up! Gernot Hagemann hannoverimpuls GmbHMacht weiter! Aber bitte anders … Die Elektromobilität braucht mehr als engagierte Durchhalteappelle„Wir werden uns Mühe geben“ (Kanzlerin Merkel) und – sinngemäß – Start-ups wie Tesla können Geld verbrennen, den Etablierten sind gefangen in den eigenen Pfadabhängigkeiten und Ihnen sitzen die Shareholder im Nacken (Daimler-Vorstandschef Zetsche) – zwei Zitate, die das Dilemma der Elektromobilität hätten nicht besser ausdrücken können: Die deutsche Automobilindustrie hat in den letzten Jahren einiges die der E-Mobilität auf die Beine gestellt. Und es ist betriebswirtschaftlich nachvollziehbar, dass die sowohl die Entwicklungskosten schnell kapitalisiert werden sollen, wie auch die höchstwahrscheinlich geringer ausfallenden Margen gegenüber der Wartung konventioneller Fahrzeuge plus den Einsparungen bei den Treibstoffkosten. Dies führt zu absurd hohen Verkaufspreisen für Fahrzeugkonzepte, die gut situierte, männliche, technologiefaszinierte Minderheit der Early Adopters mangels Tauglichkeit fürs Partygespräch nicht begeistern und selbst für Otto-Normal-Verbraucher und TCO-versierte-Flottenmanager aufgrund der Kosten-Nutzen-Relation begrenzt tauglich sind. Für letztere steht das Thema Spaßfaktor beim Autofahren auf der Prioritätenliste beim Autokauf eh nicht an der Spitze. Nur den Bayerischen Motorenwerken ist es gelungen, eine Zielgruppe treffsicher anzusprechen. Und für den Autokäufer kommt es noch schlimmer: Die Aussicht auf bessere Reichweiten und günstigere, bessere Batteriepreise entwertet bereits heute psychologisch gesehen die vorhandenen Modelle. Zur Akkuqualität beim Wiederverkauf fehlen die Einschätzungen ebenso. Der Wertverlust beim Wiederverkauf bleibt bis auf weiteres ein kaum kalkulierbares Risiko. Die deutsche Automobilindustrie ist ein globaler Player. Um überhaupt ausreichend Skaleneffekte über Märkte und Modelle hinweg zu erzielen, braucht es Baukastensysteme, die den Vorteilen von Purpose-Design-Konzepten der E-Mobilität entgegenstehen. Das schert den globalen Wettbewerb allerdings wenig. Wie NPE-Chef Kagermann trefflich rezitierte: Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen. Die ersten Batterie-Busse auf deutschen Straßen kommen aus Polen und China, maßgeschneiderte Lieferfahrzeuge aus Aachen und Tesla war in Berlin nicht präsent, aber allgegenwärtig … Im Interesse der deutschen Arbeitsplätze muss die Fahrzeugindustrie die Performance beim Technologiewandel an den Tag legen, die deutsche Autos weltweit so begehrlich macht. Sonst sind die ersten Arbeitsplätze abgewürgt bevor der Markt anspringt, was das Beispiel der E-Motoren-Fertigung von Continental in Gifhorn zeigt. Mangelnde Wirtschaftlichkeit betrieblich wie privat, abwartende Kaufentscheidungen in Erwartung technischen Fortschritts, fehlender Sekundärmarkt, margere Skaleneffekte und „German Reichweitenangst“: Der Staat wird nicht umhin kommen, substanziell nachzuhelfen, um den Markt zeitlich begrenzt anzukurbeln – aus volkswirtschaftlichen und umweltpolitischen Gründen. Das Drama mit der Ladeinfrastruktur! So wenig öffentliche Ladesäulen wie möglich, soviel wie nötig! Öffentliche Ladesäulen sind bis heute nicht wirtschaftlich, weil Fahrzeuge pro Ladevorgang zu wenig Umsatz machen. Das unterscheidet die AC- und DC-Ladung von einer Tankstellenzapfsäule! Schielt man auf Geschäftsmodelle mit höheren Fahrstrompreisen, möglichst noch besteuert, Zeittarifen etc. steigen die Betriebskosten des E-Fahrzeugs. Wollen energiewirtschaftliche Marktakteure eigenen Strom durch die Säule schieben, bleibt dem Betreiber nur noch das Durchleitungsentgelt. Weder Kommunen noch deren Energieversorger wollen nachvollziehbar unter diesen Bedingungen Geld verbrennen. Man sollte ernsthaft überlegen, die öffentliche „Notfall-Ladeinfrastruktur“ im Sinne der Daseinsvorsorge dem natürlichen Monopol der Energienetze zuzuschlagen und über Netzentgelte zu finanzieren und zu kontrollieren und die Energielieferung dem Markt zu überlassen! Private, betriebliche und halböffentliche Ladeinfrastruktur sind davon ausgenommen. Diese bieten andere Nutzen- du Wertschöpfungspotenziale wie Bequemlichkeit zu Hause, Mitarbeiterbindung, Kundengewinnung und -bindung sowie Cross-Selling-Potenziale. Hierauf dürfen der Staat und die Automobilindustrie beim Aufbau der Infrastruktur aber nicht vertrauen. Woran bemisst sich last but not least die Wirtschaftlichkeit? Das Referenzsystem sind Rohöl-basierte Treibstoffe, deren Preise die Klimabelastung nicht internalisieren. Zudem wird der Markt aktuell von der OPEC mit Öl geflutet, um die Einführung von alternativen Treibstoffen und Effizienztechnologien zu verzögern. Wenn schon eine (globale) CO2-Steuer aktuell unrealistisch ist und national wettbewerbsgefährdend, sollte/muss der Staat andere Umverteilungswege zugunsten klimafreundlicher Mobilität zugunsten der deutschen Automobilindustrie finden.
Kurt Sigl
19.06.2015 um 17:25
Hallo Herr Schwierz,uns ging es nicht anders.WIR machen weiter seien Sie sich dessen versichert. Es gilt die Kräfte zu bündeln und den Club der Willigen zu aktivieren.BGKurt SiglBeM e.V. Bundesverband eMobilität
Oliver Kaul
19.06.2015 um 17:46
ich finde es gut dass Sie sich den Frust aus der Seele gesprochen haben und es als Impuls zum Handeln angekommen ist.Mein Motto ist, Akteure & Profiteuere zu vernetzen um die Kosten zu teilen und stark nach außen zu sein.Der Wille ist da und die Mobility-Parity ist zum greifen Nah. Spätestens 2017 wird unser Jahr und bis dahin halten wir die Fahne noch sehr hoch!!Go e!
Alex Holtzmeyer
19.06.2015 um 18:02
Bei allem Ärger: man muss auch mal feiern, wenn es was zu feiern gibt! ---------------------------------------------------------------------------------- Liebe Elektromobilsten, nächstes Jahr wir die 1. Solartankstelle Niedersachsens seit 1991 im Lebensgarten Steyerberg 25 Jahre alt. Bei uns wurden in dieser Zeit ohne Unterbrechung(!) Elektrofahrzeuge geladen und natürlich auch gefahren. Nach meinen Recherchen gibt es im ganzen Bundesgebiet keine ältere Solartankstelle (wer da mehr weiß: bitte melden und korrigieren!). 25 Jahre nachhaltige Mobilität! Das würde ich gern mit Euch allen feiern! Es wird immer deutlicher, daß wir wir eine gute Vernetzung brauchen. Dafür können wir hier genügend Raum geben.Der Flecken Steyerberg ist inzwischen Klimakommune 2014, gehört zu den 100% Erneuerbare-Energie-Regionen und produziert schon seit längerem mehr Strom als verbraucht wird. Siehe www.steyerberg100ee.infoWie wärs, wenn wir 2016 möglichst viele Veranstaltungen zum Thema Energie- und Verkehrswende hier stattfinden lassen? Wenn bei den inzwischen zahlreichen e-Ralleys die Solartankstelle einer der Haltepunkte ist? Wer noch nie hier war kann sich auf http://1-solartanke-niedersachsen.de/albums/index einen Eindruck verschaffen.Alleine kann ich das allerdings nur schwer stemmen. Darum ist jede Unterstützung willkommen!Bis bald! Ciao Alex
Wilhelm Herbi
19.06.2015 um 22:05
Lobenswert Ihr Artikel, Sie sollten aber nicht aufhören, bei jeder passenden Gelegenheit auf die Abwrackprämie der Nachbarländer hinzuweisen. Z.B. Frankreich, 10.000 € für jeden, der einen alten Diesel verschrotten lässt. Viele Normalverdiener würden da auch in diesem abgasgeplagtem Land auf Elektroauto umsteigen.Ersuchen möchte ich Sie auch, mehr über die Umrüstung auf Radnabenmotore zu berichten. Wie zum Beispiel über die leider entschlafene EasyBrid genannte Hybridnachrüstung von Lorinser. Wenn so eine Nachrüstung, Lorinser nannte damals 5.000 €, auf dem Markt angeboten wird, dann kann man die unfähigen politisch Verantwortlichen vergessen, die können sich dann in weiteren sinnlosen Förderprogrammen ergehen, damit ihre Lobbyisten befriedigen, die von Big Oil und aus der Verbrennungsmotorenindustrie. Der Bürger, der ohnehin alles bezahlen muss, wird dann auch die Energiewende selbst erarbeiten, zumindest im Straßenverkehr. So ein Nachrüstsystem kann ein Milliardengeschäft werden. Der ADAC hätte das Geld dazu, so einer Produktion den Anschub zu geben. Weltweit warten Millionen Garagenschrauber darauf, die Sache in die Hand zu nehmen. Bei 500 Millionen Erdölverbrennern, was für ein Segen für den blauen Planeten und seine Lufthülle.W. Herbi
Paul Govan
24.06.2015 um 05:43
..und wie steht es mit Mirko Hannemann jetzt ? Wie soll er weitermachen ? Kolibri/Colibri/DBM - immer noch kein Interesse von BMW,VW ? Come on Grolman & Co - time to deliver Mirko's Disruptive Deutsche Dreams - 200+ mile Reichweite und "affordable".

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