Macht weiter! Kommentar zur Nationalen Konferenz Elektromobilität.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Macherinnen und Macher der Elektromobilität in Deutschland. Doch ich persönlich habe die Nationale Konferenz Elektromobilität am Montag dieser Woche als emotionalen Tiefpunkt der vergangenen viereinhalb Jahre empfunden. Viereinhalb Jahre, in denen ich mich nun tagtäglich für Ihre Morgen-Lektüre mit der Elektromobilität beschäftige. Das war nicht nur mein persönliches Empfinden, sondern das nahezu aller Gesprächspartner nach der denkwürdigen Merkel-Rede. Wenn nicht nur Schaufenster-Verantwortliche und Mitglieder des NPE-Redaktionsteams, sondern selbst die Jungs vom VDA, die Elektromobilität zwar auf ihren Visitenkarten, aber (noch) nicht im Herzen tragen, an jenem Abend lange Gesichter machten, dann musste etwas geschehen sein. Dieser Tag war demoralisierend.
Nun ist es eigentlich nicht die Sache von electrive.net und auch nicht meine persönliche, laut die eigene Meinung zu äußern. Doch mittlerweile fühle ich mich, fühlen wir uns, der Branche nah. Als medialer Dienstleister, der täglich die News aus aller Welt zusammenträgt, die Meinungskrümel aufspürt oder die lustigen YouTube-Videos findet, halten wir uns zurück. Klar, hier mal ein frecher Spruch, da mal ein „unklar“. Dafür mögen Sie uns ja, unsere inzwischen rund 9.500 Leserinnen und Leser. Doch in dieser Woche ist es anders.
Von der aktuellen Bundesregierung ist in Sachen Elektromobilität nicht mehr viel zu erwarten. Sie hat am Montag ein derart schlechtes Bild abgegeben, dass die Branche jetzt nur eines tun kann: Sie muss das Heft des Handelns wieder in die eigenen Hände nehmen. All die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die seit fünf Jahren die Fahne der Elektromobilität in den Wind halten – und denen langsam der Arm müde wird – dürfen nicht länger auf die Gehhilfen von Vater Staat warten. Sie müssen in den nächsten fünf Jahren die Zähne zusammenbeißen und durchhalten. Sind wir doch ehrlich: Der Minimal-Konsens einer Sonder-Afa bringt noch lange nicht die Wende. Selbst wenn sie nach dem Intermezzo in den Verhandlungen über die Bund-Länder-Finanzen tatsächlich kommt: Sie wäre nicht mehr als die aufputschende Flasche Wasser nach langem Marsch durch die Wüste, der Placebo für die wundersame Linderung akuter Symptome.
Deshalb lautet mein Appell an alle kreativen Ladesäulen-Experten, eMobility-Provider, Batterie-Forscher, Geschäftsmodell-Identifizierer, Elektroauto-Hersteller, Regional-Vorbilder, IT-Nerds, Leistungselektronik-Gurus, Antriebsentwickler, Wasserstoff-Tankwarte und Flotten-Elektrifizierer: Macht weiter! Lasst Euch nicht demotivieren von einer Regierung, die selbstverständlich Wichtigeres zu tun hat – und dabei nicht in der Lage ist, auf einem Nebengleis fix ein paar elektrische Weichen umzustellen. Bringt Eure Produkte auf den Markt, preist sie an – und ja – macht sie erfahrbar, erlebbar. Und nicht vergessen: Nutzt eure eigenen Innovationen auch selbst! Fahrt elektrisch, statt nur darüber zu reden. Besprecht auf den Konferenzen weniger Probleme, dafür mehr Lösungen. Zeigt den Menschen, dass Eure Innovationen es wert sind, ausprobiert und genutzt zu werden!
Die Elektromobilität rollt an. In Norwegen, in Holland, in Japan, in Kalifornien. Und bald auch in Deutschland – ob nun als BEV, PHEV oder FCEV. Deshalb: Macht weiter! Dann können wir bei electrive.net auch wieder das machen, was wir am besten können – Ihnen kurze Dreizeiler servieren, statt qualvoller Langtexte wie diesen hier.
Mit den besten Grüßen,
Peter Schwierz
Chefredakteur electrive.net
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