Plug-in-Urlaub mit dem Stecker-Outlander von Mitsubishi.
Was macht ein Elektroauto-Fahrer, wenn er in den Urlaub will und die Reichweite zum Problem wird? Ganz einfach: Er leiht sich einen anderen Wagen aus. Am besten einen Plug-in-Hybrid. Genau so hat es electrive.net-Chefredakteur Peter Schwierz gemacht.
Sein Reisebericht liefert Erfahrungen mit dem Mitsubishi Plug-in Hybrid Outlander – und der kaum vorhandenen Ladeinfrastruktur an der Ostsee.
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Die Fahrt in den Urlaub ist eines der Killer-Argumente der eMobility-Skeptiker landauf, landab. Dabei schweifen die meisten Menschen keine zweimal im Jahr in die Ferne. Und Autovermietungen gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Was macht man also als Berliner, der mit der Familie für eine Woche an die Ostsee will, aber im Alltag „nur“ noch einen elektrischen Kompakten fährt? Richtig, man leiht sich einen Plug-in-Hybrid aus, um noch einigermaßen im Thema zu bleiben!* (An alle Tesla-Fahrer: Ja schon klar, Ihr kennt das Problem nicht.) Die Wahl fällt auf den Plug-in-Outlander von Mitsubishi, der Kraft seiner Größe die Familie samt Gepäck schultern sollte.
Elektrischer als die Konkurrenz
Und wie erwartet, geht in den Outlander so ziemlich alles rein, was eine Familie im Ferienhaus an der Ostsee so gebrauchen kann. Wirkt ja auch optisch wie ein Raumtransporter. Die Kinder nutzen es gnadenlos aus – und werfen so ziemlich alles an Schaufeln, Eimern und Co. in den Kofferraum, was der heimische Vorrat zu bieten hat. Der (elektromobil längst erfahrene) Nachwuchs staunt denn auch nicht schlecht, als es mit dem Outlander lautlos in Richtung Autobahn geht. Dabei ist positiv zu bemerken, dass sich das erste Plug-in-SUV der Welt (so lautete das Motto von Mitsubishi bei der Markteinführung) irgendwie „elektrischer“ anfühlt als etwa ein Audi A3 e-tron (Fahrbericht hier) oder ein Passat GTE (Fahrbericht hier). Los geht es immer rein elektrisch. Bis zu 120 km/h sind auf diese Weise drin, dann wird aus der theoretischen E-Reichweite von 52 km (realistisch sind´s um die 45) aber nichts.
Ansonsten bleibt eigentlich nur die Wahl zwischen Hybridmodus (Save), um noch E-Reichweite z.B. für den Zielort zu erhalten, oder der Aufladung der Batterie (Battery Charge Mode), die man hierzulande aber so gut wie nicht benutzt. Der Plug-in-Outlander macht’s dem Fahrer also einfach – und setzt auf maximale Elektromobilität. Ausreichend agil ist die Plug-in-Schrankwand (Leergewicht: 1885 Kilo) auch: Vorn arbeiten ein 2-Liter-Benziner mit 89 kW und ein Elektromotor mit 60 kW, im Heck schiebt eine weitere 60 kW starke E-Maschine mit. Die 12 kWh große Batterie ist im Unterboden platziert. So geht es munter und auch mit zugeschaltetem Verbrennungsmotor relativ leise (Mitsubishi hat außergewöhnlich viele Maßnahmen zur Geräuschdämmung vorgenommen) in Richtung Norden. Über den Benzinverbrauch bei schneller Autobahnfahrt darf man freilich nicht nachdenken, aber das liegt in der Natur der Sache eines SUV. Seine elektrischen Stärken spielt der Stecker-Outlander auf der Kurzstrecke aus.
Lautlos durch den Badeort
Am Zielort, dem beschaulichen Ostseebad Boltenhagen an der mecklenburgischen Ostsee-Küste, angekommen, staunen die Passanten nicht schlecht, als wir mit dem riesigen Outlander völlig lautlos auf das Grundstück des Ferienhauses schleichen. Angesprochen werden wir (anders als im BMW i3 in Berlin) zwar nicht, aber man sieht doch klar die Fragezeichen in den Köpfen der anderen Urlauber. Beim Ausladen kommt der erste Aha-Effekt: Der Parkplatz liegt fast 25 Meter vom Haus entfernt. Gut, dass wir geistesgegenwärtig noch eine genauso lange Kabeltrommel gegriffen hatten. Damit wird die Außensteckdose erreichbar. Nach kurzer Suche des entsprechenden Schalters im Haus fließt der Strom für den Outlander. Über mögliche Leitungsverluste wollen wir uns später im Strandkorb nicht den Kopf zerbrechen. Eine Nachfrage im örtlichen Vermietungsbüro zeigt schnell: Auf Elektromobilität ist hier noch niemand eingestellt. Ladesäulen? Fehlanzeige. Ist das Laden an einer Außensteckdose okay? Keine Ahnung. Wir vertiefen das nicht weiter, wollen ja keine schlafenden Hunde wecken. Dank der Kabeltrommel können wir nämlich sämtliche Ausflüge rein elektrisch genießen.
Laden im Hinterland
Nach ein paar Tagen frischer Ostseeluft packt uns dann aber doch die Neugier. Gibt es irgendwo in der Nähe vielleicht schon Ladeinfrastruktur für Elektro-Fahrzeuge? Eine Recherche in den bewährten Apps (in diesem Falle PlugFinder & PlugSurfing) spuckt genau eine Möglichkeit aus – ein Solarcarport der Stadtwerke im rund 20 Kilometer entfernten Grevesmühlen. Das nächste Ausflugsziel steht fest! Auf dem Weg machen wir einige Abstecher ins Hinterland, verlassen auch die Straße und testen den Allradantrieb auf diversen Feldwegen und Wiesen, alles rein elektrisch. Bei einer Gruppe von Radfahrern können wir wieder die Fragezeichen erkennen. Auf dem Hof der Stadtwerke Grevesmühlen werden wir freundlich empfangen, parken unseren Outlander direkt unterm Solardach neben einem VW e-Up aus dem Pool des Regional-Versorgers. Ein freundlicher Mitarbeiter schließt uns den grauen Kasten mit der dahinter versteckten Typ2-Wallbox von Hensel auf. Zehn Schuko-Anschlüsse und zwei CEE-Dosen stehen ebenfalls bereit, die Ladung ist für alle Nutzer kostenfrei.
Uwe Dramm, Prokurist der Stadwerke, kommt dazu und nimmt sich ein paar Minuten Zeit für ein Gespräch. Die Idee zur solaren Ladestation sei den Stadtwerken im Rahmen der Hansa Green Tour 2013 gekommen. Zwischen Hamburg und Rostock sei man nahe der Ostsee-Autobahn 20 ideal gelegen. Die nächsten Alternativen gibt es erst in Rostock und Lübeck. „Sogar ein Tesla aus Norwegen war schon da“, erinnert sich Uwe Dramm. Ansonsten kämen auch einige Tagesgäste. Die Stadtwerker schließen ihren Betriebshof für gestrandete E-Mobilisten übrigens auch nachts auf, ein Anruf genügt. Künftig soll vielleicht noch eine Pufferbatterie den Solarcarport (8,4 kW Peak) ergänzen. An ein Geschäftsmodell sei mit der Elektromobilität aber noch nicht zu denken, gesteht Dramm. Dennoch ist das Engagement der Stadtwerker in der Ladesäulen-Diaspora Nordwestmecklenburgs nur zu loben.
Fazit
Der Plug-in-Urlaub war in allen Bereichen eine spannende Erfahrung. Der Steckdosen-Outlander hat seine Versprechen souverän gehalten, war vor Ort stets geladen. Kabeltrommel ist Trumpf! Die Vermieter der Ostsee-Bäder haben die Elektromobilität freilich noch nicht auf dem Schirm. Wer dort jetzt in Infrastruktur investiert, kann sicher einen Marketing-Effekt in der eMobility-Szene verbuchen. Initiativen wie jene der Stadtwerke Grevesmühlen sind noch die Ausnahme. Doch vielleicht wird sich das mit zunehmendem PHEV- und BEV-Anteil der Gäste ja in den nächsten Jahren ändern. Eine Anekdote noch zum Schluss: Am Tag der Rückfahrt schauen wir für alle Fälle mal bei einer Tankstelle vorbei. Da tönt die Sechsjährige von der Rückbank: „Och nee, das dauert immer so lange. Der Hybrid war doch an der Steckdose!“ Manchmal sorgen die Kleinsten für die größten Momente.
Text und Bilder: Peter Schwierz
*Hinweis: Wir haben den Plug-in-Outlander direkt beim Hersteller ausgeliehen, nicht bei einer Autovermietung. Bei den Verleihern müssen Plug-ins erst noch in die Flotte.
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