Mehr von allem – damit der Durchbruch gelingt.
Machen wir uns nichts vor: Die Ursache für die niedrigen Bestandszahlen bei allem, was elektrisch fährt, ist das Produkt selbst. Es muss besser werden. Konkurrenzfähiger. Und das wird es auch. Das Rezept zum Erfolg lautet: Mehr von allem (außer beim Preis). Einen inspirierenden und greifbaren Ausblick auf die Möglichkeit zum Durchbruch bietet der gerade auf der CES in Las Vegas präsentierte Volkswagen BUDD-e. Er hat das Mehr, das dem Käufer gefallen könnte. Ein Trendreport für die Elektromobilität.
Mehr Batteriekapazität
Mit 92,4 Kilowattstunden Nennkapazität übertrifft der Volkswagen BUDD-e die Topversion des Tesla Model S. Wolfsburg spricht darum von einem Erstwagen. Jenseits der reinen Commuterfahrzeuge wie einem Smart electric drive oder einem Renault Twizy zeigt der modulare Elektrifizierungsbaukasten MEB, wohin die Reise geht: Nicht zu Batterien, die mit Rücksicht auf die Kosten einen beschränkten Nutzwert in Kauf nehmen. Hin zu besseren elektrochemischen Speichern, die billiger werden – und trotzdem mehr einstecken können.
Mehr Ladeleistung und mehr Spannung
Der BUDD-e, so sagt es Volkswagen, kann in 30 Minuten zu 80 Prozent geladen sein. Das funktioniert an den 150 Kilowatt leistenden Säulen, die zurzeit vorbereitet werden. Perspektivisch soll „bis Ende des Jahrzehnts“ eine Verkürzung auf 15 Minuten möglich sein. Übersetzt: Vielleicht sind die Serienfahrzeuge des MEB bereits auf 800 Volt Spannung und bis zu 350 Kilowatt Ladeleistung ausgelegt. Vorbildlich. Und zu Hause wird optional kabellos geladen. Mühelos und automatisiert.
Mehr Wasserstoff
Parallel zum Fortschritt bei der Zelltechnik werden Brennstoffzellen-Fahrzeuge häufiger und günstiger werden. Hier sind nicht nur die asiatischen Hersteller wie Honda, Hyundai und Toyota aktiv. Auch BMW und Mercedes mit dem GLC werden Produkte anbieten. Und der Volkswagen-Konzern? Es geht das Gerücht, dass auf der NAIAS in Detroit in wenigen Tagen ein Audi stehen wird, der h-tron heißt. Alle Konzepte haben eins gemeinsam: Der Verbrennungsmotor wird zurückgedrängt, was zu…
…mehr sauberer Luft…
…in Stadt und Land führt. Um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen, muss zumindest Chancengleichheit zwischen den Antrieben herrschen. Also zwischen TDI, TSI und BUDD-e. Hier ist die Politik gefragt. Okay, es liegt doch nicht nur am Produkt, wenn die Absatzzahlen nicht ausreichend steigen. Vielleicht ist es dabei gar nicht nötig, massive Förderungen für Strom und Wasserstoff auf den Weg zu bringen. Wahrscheinlich reicht es, die unzeitgemäßen Privilegien zum Beispiel beim Dieselkraftstoff zu beschneiden.
Mehr Vielfalt
Der Volkswagen BUDD-e beeindruckt mit raumökonomischen Zahlen: Bei 4,60 Meter Außenlänge hat er mit 3,15 Meter über 23 Zentimeter mehr Radstand als ein Sharan und ein Plus von 15 Zentimetern zwischen den Achsen gegenüber einem Multivan T6. Und das trotz Allradantrieb, Allradlenkung und 225 kW mechanischer Systemleistung. Auf diesem ebenen Boden ist eine Unzahl von Varianten denkbar. Personenwagen, Handwerkertransporter, Surfbusse mit allem, was man sich vorstellen kann.
Mehr Fahrzeuge
Elementar für den Erfolg der Elektromobilität ist ein Mehr an Produkten. Die derzeitig geringe Bandbreite ist eine Beleidigung für die Autoindustrie, von der ansonsten jede noch so unwahrscheinliche Nische bedient wird. Jedenfalls mit Verbrennungsmotor. So, wie Konkurrenz das Geschäft belebt, würgt der aktuelle Mangel den Markt ab. Genau darum ist es umso schöner zu sehen, wie auf den US-Messen in Las Vegas (CES) und Detroit (NAIAS) die Vielfalt wächst. Volkswagen BUDD-e, Chevy Bolt (auf Deutsch übersetzt: Opel Blitz?!), Faraday und Hyundai IONIQ kommen. Und im Frühjahr dürfen wir uns auf den Prototypen des Tesla Model 3 freuen.
Mehr Stückzahl
Mit dem ersten Teaser für den BUDD-e im Dezember sagte Volkswagen den Beginn einer „Ära der erschwinglichen Langstrecken-Elektromobilität“ voraus. Sie greift wieder, die alte Top-Down-Strategie. Tesla Motors hat oben angefangen, mit steigenden Produktionsziffern stellen sich Stück für Stück Skaleneffekte ein, also die Verbilligung über die Massenfertigung. Was Bezahlbarkeit beim elektrischen Bulli bedeutet, sagen die Wolfsburger noch nicht. Einen Hinweis gibt der Blick auf einen ordentlich ausgestatteten Sharan TDI. Der kostet rund 50.000 Euro.
Fazit
2016 wird ein gutes Jahr für die Elektromobilität. Genau das Mehr, das zum Durchbruch führen kann, wird jetzt auf den Weg gebracht. Ja, einiges davon ist leider erst Ankündigung und noch nicht Verkaufsraum. Für Volkswagen BUDD-e und Tesla Model 3 brauchen wir etwas Geduld. Aber das ist egal. Die Energiewende im Auto passiert. Langsam, unumkehrbar.
Vorläufige Daten zum Volkswagen BUDD-e:
- Ab 2019
- 533 Kilometer Reichweite im NEFZ
- 92,4 Kilowattstunden Batteriekapazität
- Vordere E-Maschine 100 kW Leistung und 200 Nm Drehmoment
- Hintere E-Maschine 125 kW und 290 Nm
- Mechanische Systemleistung 225 kW
- 0-100 km/h: ca. 7 Sekunden, Spitze 180 km/h
- 4,60 m lang / 1,84 m hoch / 1,94 breit
- Radstand 3,15 m (VW T6: 3 m)
- Wendekreis 11,5 Meter
- Allradantrieb, Allradlenkung
- AC-Ladung sowohl mit Kabel als auch induktiv möglich
- DC-Ladung mit mindestens 150 kW, evtl. bis 350 kW
9 Kommentare