Dr. Christian Becker, STAWAG: Stadtwerke als Treiber der E-Mobilität.
Seit fünf Jahren versorgt electrive.net uns und alle anderen E-Mobilisten mit aktuellen, hintergründigen und umfangreichen Informationen. Dazu gratuliere ich herzlich und wünsche Peter Schwierz und seinem Team weiterhin eine glückliche Hand und das richtige Gespür für Themen.
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Einige Energieversorger gehörten zu den ersten in Deutschland, die vor acht Jahren anfingen, sich intensiv mit dem Thema Elektromobilität zu beschäftigen – so auch die STAWAG, Stadtwerke Aachen Aktiengesellschaft. Gefördert durch verschiedene Forschungsprojekte der Bundesregierung, aber auch auf europäischer Ebene, begann die STAWAG früh mit dem Aufbau der nötigen Ladeinfrastruktur. Auch andere Stadtwerke sind auf dem Gebiet frühzeitig aktiv geworden und haben sich beispielsweise zu Verbünden wie der Initiative ladenetz.de zusammengeschlossen. Dennoch wird heutzutage die Ladeinfrastruktur immer wieder als eines der großen Hemmnisse für den Erfolg der Elektromobilität genannt. Wie ist es dazu gekommen? Und was muss sich ändern?
Stadtwerke stehen vor der Herausforderung, einerseits ihrer tradierten Rolle als sicherer und zuverlässiger Stromversorger gerecht zu werden, andererseits sich den rasanten Entwicklungen in der Energiewirtschaft – sowohl auf Seiten von Erzeugung und Verteilung als auch im Vertrieb – möglichst schnell und flexibel anzupassen. Dazu müssen sie ihre alten Stärken, nämlich die unangefochtene Kompetenz als Stromnetzbetreiber sowie das große Vertrauen, das sie als Versorger genießen, ergänzen um neue Kompetenzen, die sie erst in jüngerer Zeit aufgebaut haben und weiter ausbauen müssen. Für Stadtwerke ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur eine hervorragende Chance, ihre Kundenbindung zu erhöhen und ein neues Geschäftsfeld zu erschließen. So hat die STAWAG beispielsweise in Aachen bereits eine gute Ladeinfrastruktur mit 20 Ladestationen und 50 Ladepunkten geschaffen. Darüber hinaus hat sie für ihre Privatkunden ein ganzes Bündel an Services geschnürt – angefangen von Zuschüssen für den Kauf von E-Autos und E-Bikes, über zunächst kostenlose Ladekarten bis hin zu Förderprogrammen für den Bau von Wandladestationen. Selbstverständlich umfasst auch der Fuhrpark des Aachener Stadtwerks knapp 50 E-Autos. Für Gewerbekunden bietet der Aachener Energieversorger weitere Services an, wie z.B. die Unterstützung beim Flottenmanagement und Contractingmodelle für die Realisierung von Ladestationen für das eigene Unternehmen.
Unstrittig ist, dass Informations- und Kommunikationstechnologie eine immer wichtigere Rolle bei dem Ausbau der Elektromobilität spielen. Um Elektromobilisten zu ermöglichen, die Ladeinfrastruktur unterschiedlicher Betreiber zu nutzen, entstanden komplexe IT-Systeme und Zugangsmöglichkeiten – leider bis heute nicht durchweg kompatibel und interoperabel. Energieversorger müssen dafür den längst fälligen und viel beschworenen Wandel zum Energiedienstleister vollziehen. Sie müssen die Elektromobilität als Geschäftsfeld entwickeln und damit die Chancen nutzen, die vor ihnen liegen: Kunden nicht nur zuverlässig mit Strom zu versorgen, sondern ihnen darüber hinaus Mehrwerte zu bieten, sie bei einer zukunftsfähigen Energieversorgung zu unterstützen und ihnen als kompetente Berater zur Seite zu stehen. Ein Angebot für Elektromobilität beschränkt sich somit nicht nur darauf, den Kunden mit einem Fahrstromprodukt überall Zugang zur öffentlichen Ladeinfrastruktur zu ermöglichen. Es muss auch weitere Dienstleistungen aus anderen Sektoren und Branchen integrieren. Hier bietet die Digitalisierung große Potenziale, das Elektrofahrzeug mit Smart Home und dezentraler Energie zu Hause zu verbinden. Im öffentlich zugänglichen Bereich sollte die Ladeinfrastruktur mit der Parkraumwirtschaft (Stichwort: Parkraumüberwachung) und der Automobilwirtschaft (Stichwort: Plug&Play) vernetzt werden, um komfortabel Produkte für den Kunden zu entwickeln. So nutzen Energieversorger die Chancen, die die Elektromobilität ihnen bietet, und werden ihrer Rolle als Treiber der dezentralen Energiewende gerecht.
Über den Autor
Dr. Christian Becker leitet als Vorstand der STAWAG (Stadtwerke Aachen Aktiengesellschaft) einen der innovativsten Regional-Versorger im Land. Das Unternehmen ist früh in die Erneuerbaren Energien eingestiegen und produziert aktuell bereits mehr als 200 Mio Kilowattstunden grünen Strom in eigenen Anlagen. Gemeinsam mit den Stadtwerken Duisburg und Osnabrück hat die STAWAG schon 2010 die smartlab Innovationsgesellschaft aus der Taufe gehoben, die Stadtwerken mit Lösungen wie E-Roaming den Einstieg in die Elektromobilität erleichtern soll.
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