Flüsterleise auf der Spree – Solarschiff im Fahrbericht

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Was macht ein digitaler Fachverlag, dessen wichtigstes Produkt ein Branchendienst für Elektromobilität ist, eigentlich bei seinem Sommerfest? Wenn also alle festen und freien Mitarbeiter in Berlin zusammen kommen und sich naturgemäß „so elektrisch wie möglich“ bewegen wollen? Für Peter Schwierz lag die Lösung auf der Hand: Eine mehrstündige Bootsfahrt auf der Spree sollte es sein. Und da kam die SunCat III der Reederei Riedel gerade recht: Das Elektro-Boot mit seinem Solardach bietet alles, was eine Sommersause braucht. Hier – passend zur Jahreszeit – ein Fahrbericht der entspannten Art.

Es ist kurz vor 18 Uhr, als sich das Team von Rabbit Publishing, dem Verlag hinter dem Branchendienst electrive.net, an einem lauen Sommerabend auf der Jannowitzbrücke trifft. Gerade als die per Bahn aus der Ferne angereisten Kollegen herzlich begrüßt werden, schwimmt unter uns nahezu lautlos „unser“ Charterboot zum nahegelegenen Anleger am Märkischen Ufer. Sonnenstrahlen fallen auf die Solarmodule auf dem Dach der SunCat III, wie das Fahrgastschiff heißt. Ein paar Minuten müssen wir uns noch gedulden, da ein konventionelles Schiff gerade noch am Kai liegt. Die Vorfreude steigt.

Unser Ausflugsdampfer für die Sommersause der Firma heute. Elektrisch, versteht sich. ;)

Ein von Peter Schwierz (@peterschwierz) gepostetes Video am

Keine fünf Minuten später macht die SunCat am Anleger fest und die dreiköpfige Crew bittet uns an Bord. Hier ist schon alles vorbereitet: Teller mit Snacks sind auf dem Solarboot verteilt. Und Andreas, unser Steward für diesen Abend, fragt die Getränkewünsche ab. Schon sitzen alle Fahrgäste mit einem kühlen Drink in der Hand auf den bequemen weißen Lounge-Möbeln im Außenbereich und beobachten die Schleusung durch die Mühlendamm-Schleuse. Wir haben uns überlegt, zunächst auf der Spree gen Westen zu fahren. Vorbei also an Reichstag, Hauptbahnhof und Kanzleramt bis rüber nach Moabit.

SunCat-im-Wasser

Bei bestem Wetter genießen wir die Fahrt. Es ist nicht zu heiß, auch nicht zu kalt – es ist perfekt. Und das Fehlen eines brummenden Dieselaggregats tut sein Übriges. Das bestätigt auch „unser“ Matrose: „Es ist so entspannt, auf diesem Schiff zu arbeiten. Einfach, weil kein Motor dröhnt“, sagt Andreas, der den Kapitän beim Manövrieren auf dem dicht befahrenen City-Teil der Spree unterstützt. Und tatsächlich: Nur ein sanftes Säuseln am Heck der SunCat erinnert daran, dass sich unter der Wasseroberfläche noch irgendwas tut, genauer zwei drehbare 8kW Kräutler Saildrive/Ruderpropeller. Gebaut wurde die SunCat mit Platz für 49 Passagiere übrigens vom Berliner Unternehmen SolarWaterWorld. Bewirtschaftet wird sie von der Reederei Riedel.

SunCat-vor-Fernsehturm

Nach einer Stunde Fahrt in westlicher Richtung wendet die SunCat und wir treten die Rückfahrt zur Schleuse an, um anschließend das gleiche Spiel in östlicher Richtung anzugehen. Die beste Zeit, um Leon ein bisschen über die Schulter zu schauen. Er ist mit seinem 22 Lenzen der Jüngste an Bord – und zugleich auch der jüngste Schiffsführer auf der Spree. Respekt! Das elektrische Fahrgastschiff fordert dem Jung-Kapitän sein ganzes Können ab. Anspruchsvoller als ein konventioneller Touristen-Dampfer sei die SunCat, was aber weniger an ihrem alternativen Antrieb als vielmehr an ihrer Bauweise liege. Der Katamaran-Rumpf sei naturgemäß strömungsanfälliger, was in engen Spree-Abschnitten zu vorausschauendem Fahren zwinge. Das gelte natürlich auch für den E-Antrieb: Bis zu acht Stunden schafft die SunCat. „Ständig Vollgas geht aber nicht“, sagt Leon. Erfahrene Elektromobilisten wissen sofort, was er meint. Da haben Solarschiff und Elektroauto so ihre Gemeinsamkeiten. Zwischen 8 und 10 km/h fährt die SunCat normalerweise, in der Spitze sind 11,7 drin. Dann schnellt der Verbauch der beiden E-Maschinen aber auf 200 Ampere hoch. Doch mit leeren Akkus liegen geblieben ist Solar-Kapitän Leon noch nie. Die Batterien sind jeweils Backbord und Steuerbord in den Schwimmern verbaut. Jeder Batteriecontainer ist fest mit dem Rumpf verbunden und mit einer Lüftung ausgestattet. Bestens verpackt und gegen Wasser abgeschirmt bleibt uns ein Blick auf die Energiespeicher leider verwehrt. Derweil drängelt hinter uns schon wieder ein Dieselboot, das schneller fahren will als es die SunCat vermag. Erinnerungen an das Feeling mit einem Elektroauto auf der Autobahn werden wach…

SunCat-mit-Leon

Während die Sonne nun langsam ihren Weg zum Horizont nimmt, erfahren wir hautnah den Unterschied zwischen den konventionellen Fahrtgastschiffen und „unserer“ SunCat. Bei der zweiten Schleusung müssen wir direkt hinter zwei langen Dampfern ausharren. Vor uns dröhnen die Dieselmotoren – und blasen uns ihre Abgase weitgehend ungefiltert um die verwöhnten Nasen. Nach der Schleuse ist also erstmal Durchatmen angesagt. Und wir genießen auf der weiteren Fahrt in Richtung Osten den Blick auf das pulsierende Leben zwischen Michaelbrücke und East Side Gallery. Clubs und Bars reihen sich am Ufer aneinander. Dann naht mit der Fahrt durch die Oberbaumbrücke der Höhepunkt der elektromobilen Charterfahrt. Hier, wo die Spree nun deutlich breiter ist, dürfen wir nun auch den Bug der SunCat bevölkern. Und genießen von dort den Blick auf das Badeschiff, die alte Hoppetosse und den Molecule Man, jenes Monumentalkunstwerk, das im Mai 1999 vom amerikanischen Bildhauer Jonathan Borofsky in die Spree gestellt worden ist.

SunCat-in-Abendsonne

Anschließend geht es wieder zurück in Richtung Märkisches Ufer. Steward Andreas reicht die letzten Drinks, chillige Beats drängen aus der Musikanlage der SunCat. Und die Crew? Scheint die letzten Meter ebenfalls zu genießen, wobei sie auch noch eine Stunde zur Rummelsburger Bucht vor sich hat, wo die SunCat ihren Heimathafen hat. Und wo übrigens eine Ladestation auf das Elektro-Schiff wartet. Auf dem Dach sind zwar Solon-Solarmodule mit einer Gesamtleistung von bis zu 6 kW montiert. Doch ganz allein mit der Kraft der Sonne geht’s vor allem abends (noch) nicht. Für Steward Andreas ist aber klar: Elektromobilität auf dem Wasser wird zunehmen. Und irgendwann wird er auch auf ein Elektroauto umsteigen, wenn es „Reichweiten und Ladezeiten hergeben“, wie er sagt. Da müssen die Fahrgäste vom Branchendienst für Elektromobilität natürlich schmunzeln und gehen – beseelt von vier elektrisierenden Stunden – wieder von Bord. Nach kurzer Drehung verabschiedet sich die SunCat wie sie gekommen war – flüsterleise auf der inzwischen nahezu dunklen Spree.

Text und Bilder: Peter Schwierz

Weiterführende Links:

Alles über die SunCat von SolarWaterWorld >>

Infos zur Solar-Yacht von der Reederei Riedel >>

 

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