Die Deutschland-Batterie
Zu teuer. Das Argument gegen die Produktion von Batteriezellen in Deutschland ist bekannt. Konkret: Die Kosten für Strom und Löhne sind zu hoch, heißt es. Und das Aus von Li-Tec, dem Joint-Venture von Daimler und dem Chemiekonzern Evonik in Sachsen, scheint ein Beweis für die These zu sein, nach der eine konkurrenzfähige Fertigung hier schlicht unmöglich ist. Billig geht nur in Asien?
Stimmt nicht, sagt TerraE. „Ende 2019“, so verspricht es CEO Holger Gritzka gegenüber electrive.net, läuft die erste Batteriezelle vom Band. „Die Standortsuche soll in den nächsten drei Monaten geklärt sein.“
Gritzka bestätigt die vergleichsweise hohen Kosten für Energie und Arbeitskräfte in Deutschland, aber „diese Nachteile gleichen wir über einen besonders niedrigen Verbrauch und eine bessere Automatisierung wieder aus.“ Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau verkauft viele Geräte nach Asien, wo die meisten Batteriezellen gebaut werden. Und diese spezialisierten Unternehmen können natürlich ihre effizientesten Anlagen auch zwischen Flensburg und Füssen installieren. Produktivität in Zahlen: 70 bis 80 Mitarbeiter werden pro Gigawattstunde (GWh) und Jahr benötigt.
Zu Beginn plant TerraE mit rund 1,5 GWh. Diese Kapazität wird in Form von Rundzellen für stationäre Stromspeicher, Power Tools oder Flurförderzeuge zum Einsatz kommen. Ab 2022 liefert TerraE, so vermuten es Branchenkenner, prismatische Zellen oder Zellen im Pouchformat direkt an die Autohersteller. Bis 2028 soll der Ausstoß auf 34 GWh hochgefahren sein. Germany’s Gigafactory.
Bessere Prozesstechnologien als die Asiaten
Holger Gritzka, CEO von TerraE, bringt es auf den Punkt: „Wir haben die gleichen Skaleneffekte wie die Asiaten und bessere Prozesstechnologien.“ Die Kostensenkung über die Massenproduktion ist ein wichtiges Ziel jeder Batteriefertigung. Die Zellchemie entwickelt sich evolutionär. Eine Verbesserung hier, eine Modifikation da; am Grundprinzip der Lithium-Ionenzelle ändert sich nichts. Zwar rechnen Fachleute langfristig mit einer Abkehr von Flüssig-Elektrolyten zu Gunsten von Solid State-Batterien. Die Konzentration im Jetzt liegt jedoch auf immer schneller laufenden Bändern. Außerdem versuchen alle Hersteller, die Integrationsverluste zu reduzieren, also das Verhältnis von Verpackung zu aktivem Material zu verbessern.
Was für den Erfolg von TerraE spricht, ist auch die wirtschaftlich-industrielle Kraft hinter dem Unternehmen. Die Gründungsgesellschafter der TerraE Holding GmbH sind Holger Gritzka, bisher Head of Battery Technologies bei ThyssenKrupp, Dr. Ulrich Ehmes, zuvor CEO der Schweizer Batteriefirma Leclanché sowie die BMZ Holding GmbH.
BMZ ist ein großer Systemanbieter mit Batterielösungen für alle Bereiche der Industrie und im Automotive-Bereich als Entwickler für StreetScooter bekannt. Das kommuniziert BMZ zwar nicht direkt – schließlich stammt der Antriebsstrang des StreetScooters auf den ersten Blick von Bosch –, aber man verkündet auf der eigenen Homepage, die „größte, deutsche, elektrisch betriebene Fahrzeugflotte“ mit Lithium-Ionen-Batterien ausgestattet zu haben. Das Foto dazu zeigt eine lange Reihe von StreetScootern.
Allianz aus Wissenschaft, Industrie und Politik
Die Initiative zu TerraE wiederum geht unter anderem auf „KLiB“ zurück, ein Netzwerk aus 45 Unternehmen und Instituten mit wirklich allen, die in diesem Bereich Relevanz haben: Von wissenschaftlichen Einrichtungen wie Fraunhofer oder dem MEET in Münster, der chemischen Industrie mit BASF, dem Recyclingspezialisten Umicore über Anlagenprofis wie Kuka und Auto-OEMs wie BMW sind etliche große Namen vertreten.
Ein Teil des Fertigungskonzepts stammt aus Ergebnissen, die im Rahmen des Projekts „Giga-LIB“ entwickelt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurden. Es ist darüber hinaus üblich, dass auch die Standortvergabe an viele lokale Faktoren gebunden ist: An die Infrastruktur, an besondere Stromverträge und an landesgebundene Vergünstigungen und Zuschüsse.
Wir tippen auf einen Standort in einem Bundesland, in dem bereits einige mit Autoherstellern assoziierte Unternehmen angesiedelt sind und der nicht in Süddeutschland liegt. Warten wir ab, wo Deutschlands erste Gigafactory entsteht.
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