Berliner Modell: Neue Pauschaltarife wegen Eichrecht
Die städtische Berliner Ladeinfrastruktur wird ab dem 15. Juli nicht mehr nach Ladezeit abgerechnet, sondern pauschal pro Ladevorgang. Diese Änderung war nötig geworden, um die Vorgaben des Eichrechts zu erfüllen. Entsprechend der Ladeleistung gibt es künftig drei Preisstufen.
Das Berliner Modell verändert sich damit wie erwartet in einem zentralen Punkt: Die Kosten für das Laden werden künftig pauschal pro Ladevorgang – und damit unabhängig von der Anschlusszeit (bisherige Basis) oder der erbrachten Leistung (kWh) abgerechnet. Das Parken ist dann für einen Ladevorgang von bis zu vier Stunden inklusive. Nötig geworden war die Änderung, weil die bestehende Ladeinfrastruktur nicht der Mess- und Eichverordnung für elektrische Einrichtungen entspricht und deshalb neue Ladesäulen nicht mehr in Betrieb genommen werden durften. Darüber hatte der in Berlin ansässige Branchendienst electrive.net Mitte Juni exklusiv berichtet.
Künftig kostet mit einer Ladekarte von NewMotion ein einphasiger AC-Ladevorgang mit 3,7 kW pauschal 4,50 Euro. Für dreiphasiges Laden mit 11 kW werden unabhängig von Anschlusszeit und geladener Strommenge 6 Euro fällig. An Schnellladestationen mit 50 kW (DC) oder 43 kW (AC) werden 9,50 Euro aufgerufen. Diese Lösung stellt die zuständige Eichbehörde offenbar vorerst zufrieden – da bei Pauschalen nicht genau gemessen werden muss. Ursprünglich hatte der Betreiber Allego eine digitale Lösung angestrebt: Nutzer sollten per App die genauen Messdaten direkt nach dem Ende ihres Ladevorgangs einsehen und bestätigen können. Doch das hatten nach Informationen von electrive.net die CarSharing-Betreiber mit Elektro-Fahrzeugen wie Multicity und DriveNow mangels Praxistauglichkeit abgelehnt. Deshalb gibt es nun die Pauschalen.
In der Community der Elektroauto-Fahrer, die zuletzt immer wieder Kritik am komplizierten Berliner Preismodell mit Startgebühr und 15-Minuten-Tarifen geäußert hatten, fallen die Reaktionen gemischt aus: Wer ein Elektroauto mit hoher AC-Ladeleistung und großer Batterie fährt, profitiert und zahlt künftig deutlich weniger. Wer dagegen mit „Schnarchladern“ und kleinen (oder nur halb leeren) Batterien kommt, für den bleibt das Laden unter Umständen teuer. Interessant ist, was nach vier Stunden passiert – nämlich nichts! Auf Nachfrage von electrive.net teilte Betreiber Allego mit, dass der Ladevorgang nicht etwa abgebrochen werde, sondern die Parkraumbewirtschaftung gefordert sei, die Parkzeit anhand der hinterlegten Parkscheibe zu kontrollieren. Mehr als ein Knöllchen wird selten die Folge sein. Die Community fürchtet daher, dass nun elektrische CarSharing-Fahrzeuge noch länger die Ladesäulen blockieren. Ohnehin gilt besagte Höchstparkdauer nur zwischen 8 und 18 Uhr. Wer sein E-Auto also um 19 Uhr anschließt, kann die ganze Nacht laden – und zahlt doch nur die Pauschale. Nachtladen ist also attraktiv, das kurze Zwischenladen beim halbstündigen Einkauf dagegen nicht.
Immerhin – und das ist die gute Nachricht aus Berlin – weiß künftig jeder E-Mobilist an der Ladesäule schon vorher genau, was ihn der Strombezug kosten wird. Der Druck der Eichbehörden bringt also einen deutlichen Vorteil für Verbraucher.
berlin.de (Pressemitteilung zur Tarif-Umstellung)
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