Weltpremiere: 800-Volt-Ladepark von Porsche in Berlin
Porsche eröffnet heute eine neue Niederlassung in Berlin. Dort hat der Sportwagen-Hersteller den weltweit ersten öffentlichen Schnellladepark mit seiner flüssigkeitsgekühlten 800-Volt-Technologie installiert. Wir waren bei der Vorstellung dabei – und liefern Ihnen exklusiv alle Details.
Die Vision von Porsche-Deutschland-Chef Jens Puttfarcken ist klar: „Wenn 2019 der Mission E auf den Markt rollt, sollen sich die Käufer mit dem ersten Serien-Elektroauto mit 800-Volt-Technik sorglos durch Deutschland bewegen können.“ Deshalb geht Porsche schon zwei Jahre vor der Markteinführung in Vorleistung – und eröffnet heute eine nagelneue Niederlassung in Berlin-Adlershof – inklusive des ersten öffentlichen Schnellladeparks mit der von Porsche Engineering entwickelten 800-Volt-Technologie. Im Süden der Hauptstadt stehen damit nun die ersten beiden Ladepunkte mit jeweils 350 kW Ladeleistung zur Verfügung. Sie decken ein Spannungslevel von 180 bis 950 Volt ab und bieten per Combined Charging System (CCS) abwärtskompatibel auch niedrigere Ladeleistungen, etwa 50, 80 oder 150 kW an.
Der Ladepark ist für zwei weitere Hochleistungsladepunkte vorgerüstet und wird von zwei AC-Stationen für die Plug-in-Hybrid-Modelle der Volkswagen-Tochter ergänzt. Das futuristische Design der High Power Charger von Porsche Engineering bezeichnen die Experten bei der Präsentation vor Ort als „seriennah“. Michael Kiefer, Leiter Hochvolt-Systeme bei der Porsche-Tochter, macht aber klar: An der Optik wird nichts mehr geändert. Denn das System durchläuft bereits die Zertifizierung. In Berlin-Adlershof, dem dritten Porsche-Zentrum in Berlin, steht damit wohl die leistungsstärkste Ladeinfrastruktur der Republik. In den öffentlichen Betrieb geht die Anlage allerdings erst im Herbst. Die Nutzung wird während der Öffnungszeiten möglich sein und ist vorerst kostenlos, bis auch das Backend fertig ist.
Im High Power Charging auf 800-Volt-Basis sieht Michael Kiefer die Zukunft des Ladens. Weil Porsche-Fahrer schnelle Autos fahren und keine Kompromisse machen, müsse dieser Anspruch auch für die Stromversorgung gelten. „Wir brauchen eine Ladeinfrastruktur, die sehr potent ist“, sagt Kiefer. Zwei Jahre lang hat er mit 70 Leuten an der Lösung des folgenden Problems gearbeitet: DC-Ladeströme von mehreren hundert Ampere stellen für die Ladekabel eine extreme Belastung dar, weil sie stark erwärmen. Allerdings kann der Leitungsquerschnitt nicht beliebig wachsen, weil die Kabel aufgrund der Steifigkeit irgendwann nicht mehr handhabbar wären. Deshalb werden die Ladekabel – und generell der gesamte Ladepark – mit einer Flüssigkeit, einem Glycol/Wasser-Gemisch, gekühlt. Und bei Bedarf auch geheizt, wenn etwa bei Minusgraden sonst die Kabel versteifen. „Diese Anlage soll den Serienhochlauf der Elektromobilität bei Porsche einläuten“, sagt Kiefer. Künftig sollen dort auch Testläufe mit anderen E-Fahrzeugen (BMW i3 und VW e-Golf) sowie Prototypen des Mission E gefahren werden. Eine zweite öffentliche Anlage entsteht derzeit am US-Hauptsitz des Sportwagenherstellers in Atlanta.
Smarte Ladepunkte und neuartiger Trafo
Die futuristischen Ladepunkte mit jeweils einem CCS-Stecker beinhalten neben Display und Kartenleser einen Wärmetauscher und die Ladesteuerung. DC-Zähler für die genaue Messung der Stromabgabe sollen folgen. Das sechs bis sieben Kilo leichte Kabel ist insgesamt 6,5 Meter lang und so weit oben aufgehängt, dass es nicht auf dem Boden schleift. Der Hohlraum für das Kühlmittel ist in der Ummantelung des Kabels deutlich zu spüren. Das Stecker-Design ist besonders griffig und hochwertig. Die Kühlung reicht bis an die Anfänge der Kontakte heran.
Eigens entwickelt wurde auch die Trafostation, die im Falle der neuen Niederlassung in Adlershof ans Mittelspannungsnetz angeschlossen ist. Wo bei normalen Trafos alle Abgänge an einer Wicklung hängen, hat Porsche die Anlage so ausgelegt, dass jeder HPC-Ladepunkt seine eigene Wicklung hat. „Damit stellen wir sicher, dass jeder Ladepunkt stets die volle Leistung von bis zu 350 kW liefert“, erklärt Michael Kiefer. Dabei erreicht die Anlage seinen Angaben zufolge eine Gesamteffizienz von beachtlichen 97 Prozent. Vor dem dunklen Trafo sind die sogenannten Flexboxen mit Leistungselektronik und Kühlung platziert.
Laut Porsche-Deutschland-Chef Jens Puttfarcken wird derzeit geprüft, wie alle Porsche-Niederlassungen im Lande mit solchen 800-Volt-Ladeparks ausgerüstet werden können. Die Standard-Konfiguration wird wohl aus zwei HPC-Ladepunkten bestehen. Wo kein Anschluss an das Mittelspannungsnetz möglich (oder bezahlbar) ist, soll ein Pufferspeicher die Leistungsspitzen abfedern und die vollen 350 kW sicherstellen. Eines will Porsche, das versichern alle Beteiligten vor Ort, nicht machen – Kompromisse. „Power-Sharing wie beim Supercharger von Tesla gibt es bei uns nicht“, sagt Hochvolt-Experte Michael Kiefer. Und der Stolz auf den ganzheitlichen Ansatz ist ihm dabei durchaus anzusehen. Porsche hängt die Messlatte – das wird bei der Weltpremiere klar – auf jeden Fall ziemlich hoch.
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