Stuttgart: Gericht entscheidet für saubere Luft – und gegen dreckige Diesel
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat den mit Spannung erwarteten Prozess in Stuttgart gewonnen. Das Verwaltungsgericht erwartet „schnellstmögliche“ Maßnahmen für eine bessere Luftreinhaltung. Damit ist der Weg für Diesel-Fahrverbote in der Stuttgarter Innenstadt frei!
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Die von der Landesregierung Baden-Württembergs geplante Nachrüstung älterer Diesel-Fahrzeuge per Software-Update reicht den zuständigen Richtern nicht aus. Die Grenzwerte für Stickoxide müssten in Stuttgart schnellstmöglich eingehalten werden – zur Not eben auch mit Diesel-Fahrverboten. Diese könnten ab dem 01. Januar 2018 gelten. Das deutliche Urteil ist richtungsweisend für die deutsche Automobilindustrie. Diese hatte zuletzt versucht, mit freiwilligen Software-Updates für Euro-5 und Euro-6 Fahrzeuge die Richter milde zu stimmen. Das ging gründlich schief. „Das Verkehrsverbot verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil der Gesundheitsschutz höher zu gewichten ist als das Recht auf Eigentum und die allgemeine Handlungsfreiheit der vom Verbot betroffenen Kraftfahrzeugeigentümer“, sagte der zuständige Richter Wolfgang Kern.
Womöglich ist das letzte Wort allerdings nicht nicht gesprochen. Ob und wann es tatsächlich zu Fahrverboten für viele Dieselmodelle kommt und wie diese aussehen könnten, ist offen. Das Land Baden-Württemberg muss seinen Luftreinhalteplan nun überarbeiten. Das Verwaltungsgericht argumentiert, dass Fahrverbote das wirksamste Mittel seien, um die zu hohe Belastung mit Stickstoffdioxid zu reduzieren. Womöglich kommt das Verfahren im Zuge einer sogenannten Sprungrevision vor das Bundesverwaltungsgericht. Damit könnte eine höchstrichterliche Entscheidung herbeigeführt werden, an der sich dann auch andere Städte wie München und Berlin, die ebenfalls von der DUH beklagt werden, orientieren könnten. Das Urteil in Stuttgart, so viel steht fest, wird den Diesel-Gipfel, der nächste Woche (2. August) in Berlin stattfinden wird, ordentlich durcheinander wirbeln. Vielleicht sollten Politik und Automobilindustrie lieber den nächsten eMobility-Gipfel anstreben.
Unterdessen drohen den Managern der Dieselauto-Hersteller möglicherweise auch persönlich strafrechtliche Konsequenzen: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat nach eigenen Angaben heute bei den Staatsanwaltschaften der Städte Berlin, Stuttgart, München und Hamburg Strafanzeigen wegen des Verdachts der vorsätzlichen Luftverunreinigung durch Stickoxid-Emissionen aus Diesel-Fahrzeugen eingereicht. Die Strafanzeigen richten sich laut BUND „gegen die verantwortlichen Vorstände und leitenden Mitarbeiter von Volkswagen, Porsche, Audi, Daimler und gegebenenfalls auch BMW“. Der Umweltverband sieht den Tatbestand der „Freisetzung von Schadstoffen unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten“ erfüllt. Sollte er Recht bekommen, müssten die Verantwortlichen der Autokonzerne für die luftverunreinigenden Manipulationen von Diesel-Pkw „mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe“ rechnen, schreibt der BUND in einer Pressemitteilung.
handelsblatt.com, welt.de, spiegel.de, stuttgarter-zeitung.de, focus.de; bund.net (Strafanzeigen)
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