Lieferprobleme bei E-Autos eher Regel als Ausnahme
Die Lieferprobleme bei Elektroautos sind offenbar deutlich umfangreicher als bisher angenommen und keineswegs wie vor einigen Wochen berichtet auf Smart und VW beschränkt. Laut einer aktuellen Umfrage betreffen sie auch etliche weitere Importeure.
Laut der „Automobilwoche“ müssen sich etwa Käufer eines Hyundai Ioniq Elektro derzeit bis zu ein Jahr lang gedulden. Auf den Nissan Leaf wartet man der Umfrage zufolge jetzt rund zehn Monate, auf den Peugeot iOn sechs bis sieben Monate. Beim Kia Soul EV seien es ebenfalls rund ein halbes Jahr, beim Renault Zoe immerhin nur vier Monate.
Am kürzesten müssen mit zwei bis drei Monaten die Käufer eines BMW i3 warten. Beim elektrischen Smart würden derzeit bestellte Fahrzeuge erst Ende des Jahres oder Anfang des nächsten ausgeliefert. Wer aktuell einen e-Golf bestellt, müsse bis Oktober warten, Käufer eines VW e-up! müssten sich derweil fünf bis sechs Monate gedulden.
Auch Großkunden wie der Softwarekonzern SAP seien betroffen. Bis zum Jahr 2020 will SAP ein Fünftel der Flotte auf E-Fahrzeuge umstellen. Bisher sind rund sechs Prozent der Flotte reine Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride. Das Unternehmen schafft zudem Anreize zur Anschaffung, um die Flotte rasch auszubauen. So baut SAP u.a. die Ladeinfrastruktur auf, übt gezielte Kommunikation aus oder gibt Mitarbeitern einen Bonus, der den Mehrpreis der Batterie ausgleicht. Bei reinen E-Autos sind das schon mal bis zu 10.000 Euro, für Plug-in-Hybride gibt es etwas weniger. Doch für die Umstellung auf 50 oder sogar 100 Prozent gilt es derzeit noch einige Hürden zu überwinden, wie Marcus Wagner in einem Interview sagte: „Es gibt tolle Produktankündigungen ab 2019 oder 2020. Aber wenn Sie jetzt im Februar 2018 einen Vollstromer kaufen wollen, dann bekommen Sie fast keinen. Entweder wurden die Modelle zurückgezogen oder sie sind ausverkauft. Das war vergangenes Jahr noch nicht so.“
Ironischerweise wird den Autoherstellern ihr eigener E-Auto-Erfolg zum Verhängnis. Viele haben mit zu geringen Stückzahlen geplant und jetzt Schwierigkeiten damit, die Produktion ad-hoc auszuweiten. Auch etliche deutsche Autobauer haben sich mächtig verkalkuliert: „Wir könnten heute schon deutlich mehr e-Golf oder e-up! verkaufen als wir derzeit in der Lage sind“, gab etwa VW-Markenchef Herbert Diess im Januar ohne Umschweife zu. Immerhin: Ab März soll die Produktion in der Gläsernen Manufaktur in Dresden durch die Einführung einer zweiten Schicht merklich an Fahrt gewinnen.
Die jüngst veröffentlichte Statistik des ZSW zeigt, dass die Elektro-Nachfrage beträchtlich ist: 2017 sind weltweit 1,2 Millionen Pkw mit Ladeanschluss zugelassen worden. Ein neuer Rekord: 2016 belief sich die globale Anzahl von Neuzulassungen noch auf gut 770.000 E-Pkw, 2015 gar nur auf 560.000. Im Ländervergleich ist Deutschland im vergangenen Jahr mit 54.490 E-Autos bei den Neuzulassungen auf den fünften Platz hinter China, die USA, Norwegen und Japan vorgefahren. Wer weiß, wie hoch die Zahl ausgefallen wäre, hätten sämtliche Bestellungen zeitnah abgearbeitet werden können. Es zeigt sich erneut: Die Elektromobilität hat kein Nachfrage-, sondern ein Angebotsproblem.
automobilwoche.de (Bezahlschranke)
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