Daimler stellt Elektro-Lkw Mercedes-Benz eActros vor

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Daimler hat Journalisten bereits heute die angekündigte Elektro-Version des Lkw Actros mit 200 km Reichweite vorgestellt. Erwartet war die Präsentation eigentlich erst zur IAA Nutzfahrzeuge im September. In Kürze startet bereits der Einsatz bei den ersten Kunden. 

Der eActros nutzt den Rahmen des konventionellen Actros als Basis. Doch die Architektur selbst wurde laut Daimler vollständig auf den Elektroantrieb ausgerichtet. So basiert die Antriebsachse auf der Lösung des Zulieferers ZF (Typ: ZF AVE 130), welche u.a. als Niederflur-Portalachse in Hybrid- und Brennstoffzellen-Bussen von Mercedes zum Einsatz kommt. Den eActros gibt es künftig als Zwei- und Dreiachser. Die maximal zulässige Achslast liegt bei 11,5 Tonnen.

Angetrieben wird der Elektro-Lkw von zwei E-Motoren. Diese Dreiphasen-Asynchronmotoren sind flüssigkeitsgekühlt. Ihre Leistung beläuft sich auf jeweils 125 kW, das maximale Drehmoment auf jeweils 485 Nm. Insgesamt versorgen elf Lithium-Ionen-Batteriepakete mit einer Gesamtkapazität von 240 kWh die E-Maschinen mit Strom. Bis zu 200 Kilometer sollen so rein elektrisch möglich sein. Die Batterien speisen jedoch nicht nur den Antrieb, sondern versorgen das komplette Fahrzeug mit Energie. So werden beispielsweise Nebenaggregate wie der Druckluftkompressor der Bremsanlage, die Lenkhelfpumpe für die Servo-Unterstützung der Lenkung, der Kompressor der Fahrerhaus-Klimaanlage und ggf. der Kühlaufbau ebenfalls elektrisch betrieben. Zur Ladeleistung teilt Daimler mit, dass sich die Batterien „bei einer realistischen Stationsleistung von mobilen Ladegeräten im Fuhrpark von 20 bis 80 kW“ innerhalb von drei bis elf Stunden vollständig aufladen lassen. Beim Ladesystem setzt der eActros auf das Combined Charging System (CCS).

Zehn Fahrzeuge in zwei Varianten mit 18 bzw. 25 Tonnen Gesamtgewicht gehen in den nächsten Wochen an Kunden, die die Alltagstauglichkeit und Wirtschaftlichkeit unter realen Bedingungen testen werden. Im Fokus steht der innerstädtische Waren- und Lieferverkehr.

Zunächst werden die Elektro-Lkw für zwölf Monate im Realbetrieb getestet, dann gehen diese für noch einmal zwölf Monate an eine zweite Runde von Kunden. „Unser Ziel ist, die Serien- und Marktreife wirtschaftlich konkurrenzfähiger Elektro-Lkw für den innerstädtischen schweren Verteilerverkehr ab 2021 realisieren zu können“, so Stefan Buchner, Leiter Mercedes-Benz Lkw.

Zu den Kunden aus Deutschland zählen Dachser, Edeka, Hermes, Kraftverkehr Nagel, Ludwig Meyer, pfenning logistics, TBS Rhein-Neckar und Rigterink. In der Schweiz nehmen Camion Transport und Migros den eActros in ihre Flotte auf. Diese Kunden verteilen allesamt Waren im Stadtverkehr – aber in völlig unterschiedlichen Branchen und Kategorien. Aufgrund der verschiedenen Anforderungen tragen die Fahrzeuge unterschiedliche Aufbauten. Je nach Bedarf sind Kühlkoffer, Trockenkoffer, Silo oder Plane im Einsatz.

Ganz aus eigener Tasche stemmt Daimler das Produkt übrigens nicht. Auch die Erprobung finanzieren Daimler und die Kunden nicht selbst. Die Entwicklung und auch die Erprobung des schweren Elektro-Lkw im Verteilerverkehr erfolgt über das Projekt „Concept ELV²“, welches zu verschiedenen Teilen vom Bundesumweltministerium (BMUB) sowie vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) mit insgesamt rund zehn Mio Euro gefördert wird.

Teil des Fördervorhabens ist die Untersuchung komplexer Herausforderungen bei Entwicklung, Aufbau und Betrieb von Elektro-Lkw. Dazu gehört der Einsatz hoher Spannungen (> 400 V), hoher Ströme (bis 1000 A), Batterietechnik (Preis, Gewicht, Haltbarkeit, Lebensdauer, Ladezeit), Reichweite und Energiebedarf, Ladeinfrastruktur und Logistikkonzepte, Sicherheitsanforderungen, Sommer- und Wintertauglichkeit sowie Fragen der Kundenakzeptanz der Trucks.

Die „Kundeninnovationsflotte“ ist mindestens bis Mitte 2020 im Einsatz. Sie soll unter anderem den Energiebedarf nach Einsatzszenarien und die Wirtschaftlichkeit der Elektro-Lkw ermitteln sowie in einer Öko-Bilanzierung die Umweltperformance der Elektro-Lkw mit Diesel-Trucks über den gesamten Lebenszyklus vergleichen. Die Forschungserkenntnisse fließen noch während der Tests in Optimierungen der Fahrzeuge ein, die Ergebnisse werden publiziert und eröffnen potenziellen Nutzern Möglichkeiten zur Optimierung ihrer Routenplanung oder zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle in der Logistik.

Daimler Trucks durchlebt aus Elektrifizierungssicht im Moment eine ereignisreiche Zeit: Der vollelektrische Leicht-Lkw Fuso eCanter wird seit Mitte letzten Jahres in Portugal produziert und seit Kurzem von ersten Kunden unter realen Bedingungen getestet. Im Laufe dieses Jahres will das Unternehmen dann auch den Elektro-Stadtbus Citaro enthüllen. Erster Kunde wird die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH. Eine entsprechende Vereinbarung wurde im November unterzeichnet.

Derweil hat Daimler nun auch die neue Generation des Sprinter vorgestellt. Allerdings kommt dessen elektrische Version erst 2019 auf den Markt. Immerhin lassen sich die Elektro-Grundfahrzeuge laut Mercedes-Benz dann hinsichtlich der Reichweite oder Zuladung dem jeweiligen Einsatzzweck anpassen.
handelsblatt.comstuttgarter-zeitung.de, automobilwoche.de, media.daimler.com

2 Kommentare

zu „Daimler stellt Elektro-Lkw Mercedes-Benz eActros vor“
Foersom
24.02.2018 um 10:20
"... Entwicklung, Aufbau und Betrieb von Elektro-Lkw. Dazu gehört der Einsatz hoher Spannungen (> 400 V) ..."Für LKWs ist 800 V Technik die richtige Wahl, um den Strom zu reduzieren. Es passt auch die CCS Spannung auf HPC 350 kW Ladeinfrastruktur.
Thomas Wagner
28.02.2018 um 08:53
Man sieht, auch Daimler will nicht ganz ohne Elektro-LKW dastehen. Allerdings sieht es ganz danach aus, dass sie mit den beiden 12-monatigen Erprobungsrunden, vor allem Zeit gewinnen wollen.

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