Münchner E-Taxi-Tag: Tankst du noch oder lädst du schon?

Der Hybridantrieb ist im Taxigewerbe längst etabliert, doch beim Umstieg auf rein elektrische Taxis ist die Branche bisher äußerst zurückhaltend. Woran genau hakt es noch und was macht Hoffnung, dass Elektrotaxis bald zu einer echten Alternative werden? Ein Stimmungsbericht vom E-Taxi-Tag in München.

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Eigentlich ist das Taxigewerbe mit den hohen Laufleistungen der eingesetzten Fahrzeuge prädestiniert für E-Autos und deren Vorteile vor allem bei den Betriebskosten. Auch die Politik müsste ein hohes Interesse daran haben, dass möglichst viele Taxis rein elektrisch fahren: Die Probleme der Städte mit durch den Verkehr verursachten lokalen Emissionen sind hinreichend bekannt. Die Branche ermöglicht darüber hinaus einen weiteren nicht zu unterschätzenden Vorteil, wenn es darum geht, die E-Mobilität insgesamt voranzubringen: Taxifahrer sind Multiplikatoren. Wo könnten eMobility-Skeptiker besser von den Vorzügen des elektrischen Fahrens überzeugt werden, als bei den täglich rund 1,2 Millionen Taxitouren alleine in Deutschland?

Wer die Elektromobilität voranbringen will, tut also gut daran, das Taxigewerbe in seine Pläne einzubeziehen. Zumal dieses den Wandel auch selbst fordert. „Wir wollen unseren Dienstleistungen mit einer möglichst umweltfreundlichen Fahrzeugflotte erbringen. Unser Ziel ist das emissionsfreie Taxi“, sagte vor einigen Monaten Michael Müller, der Präsident des deutschen Taxi- und Mietwagenverbandes BZP.

Spärliches Modellangebot

Der Status quo sieht anders aus: Das bisher ohnehin dürftige Angebot an Elektro-Modellen, die für das Taxigewerbe geeignet sind, wird durch eichrechtliche Vorgaben weiter eingeschränkt. Hinzu kommt die vielerorts noch mangelhaft ausgebaute Ladeinfrastruktur. „Für den Durchbruch der E-Mobilität fordern wir die Kommunen auf, in Kooperation mit lokalen oder überörtlichen Energieanbietern eine flächendeckende und ausreichende Ladeinfrastruktur bereitzustellen. Hierbei ist ein gesondert dem gewerblichen Verkehr vorbehaltenes Netz sicherzustellen“, fordert deshalb BZP-Chef Michael Müller. Sein Appell ist verständlich: Taxis sind vor allem in Großstädten häufig fast rund um die Uhr im Einsatz. Da helfen öffentliche AC-Ladesäulen mit geringer Ladeleistung kaum – zumal die Säulen nach wie vor oft zugeparkt werden.

Vor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass beispielsweise das im September 2017 von der Stadt München gestartete Förderprogramm für E-Taxis bisher ein Flop ist: Nach Informationen von electrive.net wurden bisher nur einige wenige Anträge eingereicht. Was also macht Hoffnung, dass sich die Rahmenbedingungen für E-Taxis rasch verbessern und diese bald zu einer echten Alternative für das Gewerbe werden?

Beim E-Taxi-Tag, der von der Fachzeitschrift Taxi Times und dem ADAC Südbayern am 27. Februar in München veranstaltet wurde und unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dieter Reiter stand, konnten interessierte Unternehmer sich davon überzeugen, dass das Angebot an taxitauglichen Elektro-Modellen langsam aber stetig wächst. Inzwischen wird über den Oldenburger Umrüster Intax, der im Auftrag von Importeuren diverse Modelle mit Taxi- und Mietwagenpaketen ausstattet, nicht mehr nur der Nissan Leaf mit Taxipaket angeboten, sondern auch der Hyundai Ioniq, der Kia Soul EV, der Toyota Mirai und seit kurzem auch das Tesla Model S. Über den Importeur Fenecon ist zudem das in vielen Städten der Welt bereits als Taxi eingesetzte Elektro-Modell e6 des chinesischen Herstellers BYD auch in Deutschland erhältlich. So setzt beispielsweise das Regensburger Taxiunternehmen Hetznegger seit letztem Sommer ein BYD e6 als Taxi ein.

Im Bereich der Großraumtaxis kann der Nissan e-NV200 wiederum über Intax mit den nötigen Taxi-Umrüstungen ausgestattet werden. Intax bietet darüber hinaus für den Renault Master ein Taxipaket an, der wie berichtet nun auch mit Elektroantrieb in den Startlöchern steht. Daneben gibt es auch Lösungen von Firmen, die in Eigenregie potenzielle Großraumtaxis elektrifizieren. Auf dem Münchner Taxitag präsentiert wurde etwa ein Elektro-Umbau des VW T6 Caravelle von ABT Sportsline, der auch Taxiunternehmern angeboten werden soll.

Opel Vivaro als E-Taxi

Die Firma I SEE Electric Trucks stellte zudem in einem Vortrag den von ihr angebotenen Umbau des Opel Vivaro als Elektro-Taxi vor, der ab April dieses Jahres in drei Varianten (Vivaro Combi, Vivaro Combi+ und Vivaro Tour) über das Opel-Händlernetz bestellbar sein und ab August ausgeliefert werden soll. Angeboten wird der E-Vivaro mit drei Akku-Paketen (43, 63 und 76 kWh), was in der Praxis für Reichweiten von 150 bis 270 Kilometer reichen soll. Geladen werden kann der E-Transporter optional auch per DC. Zuletzt hatte das Offenbarer Start-up emobile-Transporter einen serienreifen Prototypen eines elektrifizierten Opel Vivaro gezeigt, welcher auch mit einem 63 kWh großen Akku ausgestattet ist. Ebenfalls geplant ist eine Elektro-Version des Opel Movano, die auch als Rollstuhl-taugliches E-Taxi angeboten werden soll. Ab wann, ist noch unklar.

Im Bereich der taxitauglichen Modelle mit E-Antrieb tut sich derzeit also einiges. Das zweite Gebiet, in dem aus Sicht der Taxiunternehmer deutlich mehr als bisher passieren muss – das wurde auf der Veranstaltung sehr deutlich – ist die Ladeinfrastruktur. Und aus Sicht des Taxigewerbes sind nur Schnellladesäulen eine wirklich praktikable Lösung. Doch da sieht es zumindest in München bisher äußerst dürftig aus. Die Stadtwerke haben zwar inzwischen etwas mehr als 150 AC-Ladesäulen aufgestellt, aber nur einen einzigen Schnelllader.

18 Schnelladesäulen für München

Immerhin erfuhren wir auf dem E-Taxi-Tag, dass der Bund vor kurzem Fördermittel für 18 Multicharger (CCS, CHAdeMO und Typ 2) in München bewilligt hat. Die Standorte stehen bereits fest und wurden mit Blick auf die Anforderungen des Taxigewerbes ausgewählt. Wann genau die 18 Multicharger errichtet werden, ist aber noch unbekannt, da es offenbar noch Unklarheiten bezüglich der eichrechtskonformen Zähler gibt.

Bei der Podiumsdiskussion im Rahmen des Münchner E-Taxi-Tags wurde dann noch einmal sehr deutlich, wo der eMobility-Schuh aus Sicht des Gewerbes noch drückt. Neben der mangelhaften Ladeinfrastruktur ist dies immer noch das Modellangebot, das vielen Taxiunternehmern für ihre Einsatzzwecke bisher noch nicht vielfältig genug ist (z.B. zu geringes Ladevolumen) bzw. noch nicht die gewünschten Reichweiten im Realbetrieb bietet – zumindest, solange es noch nicht ausreichend Schnellladesäulen gibt. Es sind also die gleichen Sorgen, die auch andere potenzielle E-Auto-Käufer umtreiben, wobei das Thema „Reichweitenangst“, so unser Eindruck, im Taxigewerbe ganz besonders stark ausgeprägt zu sein scheint. Da hilft es wenig, dass das Münchner IKT-Projekt VEM (Virtuelle Elektromobilität im Taxi- und Gewerbeverkehr München) herausgefunden hatte, dass lediglich zwei Prozent der Taxifahrten wegen mangelnder Reichweite nicht durchgeführt werden können, wie Florian Bachmann, Chef des am Projekt beteiligten Taxiverbands München, in seinem Vortrag ausführte.

Erhitzte Gemüter

Etwas hitzig wurde die Podiumsdiskussion, als Florian Hempel von Nissan anmerkte, dass er die Erfahrung gemacht habe, dass andere Unternehmen wie etwa CleverShuttle und Uber Elektroautos gegenüber deutlich aufgeschlossener seien als das Taxigewerbe. Solche Kritik hören Taxler nicht gerne. Hinter diesen Firmen stehen ja schließlich auch finanzkräftige Investoren, entgegnete ein Teilnehmer der Diskussionsrunde. Ein anderer bemerkte, dass die Strukturen auch deshalb nicht zu vergleichen seien, da über die Hälfte der Taxifirmen von Einzelunternehmern geführt werden. Konkurrenten wie die genannten Firmen sind für das Taxigewerbe bekanntermaßen ohnehin ein rotes Tuch.

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An der Elektrifizierung wird über kurz oder lang aber auch das Taxigewerbe nicht vorbeikommen – zumal mitten in die Veranstaltung die Nachricht platzte, dass das Bundesverwaltungsgericht nun doch den Weg für Diesel-Fahrverbote frei gemacht hat. Wo, wann und in welcher Form diese tatsächlich kommen werden, ist freilich bislang noch völlig unklar, doch spätestens nach dem Urteil sollte auch dem letzten klar werden, was die Stunde geschlagen hat: Die Tage dieselnder Taxis sind gezählt.

2 Kommentare

zu „Münchner E-Taxi-Tag: Tankst du noch oder lädst du schon?“
Arne
23.05.2018 um 11:56
Sehr interessant.
Sven Bucher
21.11.2019 um 10:09
Ich finde, dass man die Variante für Großraumtaxis gut nutzbar machen könnte. Man sollte auch im Transportgeschäft bei Taxis auf die E-Mobilität setzen. Wie Sie bereits anführen, ist dies bereits in vollem Gange. Vielen Dank fürs Teilen!

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