Folgen der E-Mobilität für Beschäftigung in Deutschland

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Die Elektrifizierung des Antriebs kann zu einem deutlich geringeren Bedarf an Personal im Automobilbau führen, vor allem bei Zulieferern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Fraunhofer IAO, die am Montagabend von Gewerkschaftsbossen der Autoindustrie in Frankfurt vorgestellt wurde – verbunden mit dem Ruf nach einer Batteriezellproduktion in Deutschland.

Bis 2030 könnte jeder zweite Arbeitsplatz in der Antriebstechnik von Pkw direkt oder indirekt von der Elektromobilität betroffen sein. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Wirkungen der Fahrzeugelektrifizierung auf die Beschäftigung am Standort Deutschland (ELAB)“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. Die wissenschaftliche Arbeit wurde von IG Metall, den Autoherstellern BMW, VW und Daimler sowie den Zulieferern Bosch, ZF, Schaeffler, Mahle und dem VDA in Auftrag gegeben. Danach werden in Deutschland durch Elektrifizierung und steigende Produktivität rund 75.000 Arbeitsplätze in der Antriebstechnik wegfallen. Dabei hat das Fraunhofer IAO schon jene rund 25.000 neuen Stellen eingerechnet, die für Komponenten wie Batterien oder Leistungselektronik entstehen werden. Die Automobilindustrie, rechnen die Autoren vor, beschäftigt in Deutschland rund 840.000 Arbeitskräfte, darunter rund ca. 210.000 in der Herstellung von Antriebssträngen.

„Je nach Betrieb und Region können die Folgen beträchtlich sein. Zum Beispiel dann, wenn kleinere Unternehmen Umsatzeinbußen bei Komponenten für Verbrennungsmotoren nicht ausgleichen können oder wenn es in strukturschwachen Regionen kaum Beschäftigungsalternativen gibt“, erklärt Professor Dr. Oliver Riedel, Institutsdirektor am Fraunhofer IAO. „Grund zur Angstmacherei böten die Ergebnisse nicht“, sagte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. „Die Herausforderung ist groß, aber zu bewältigen“, so Hofmann weiter.

Gleichzeitig warnt der Gewerkschafter: „Die Zelle ist der Kolben von morgen. Wenn uns die Zelltechnologie wegfällt, haben wir auf Dauer einen Innovationsnachteil.“ Angesichts der Studie fordert Hofmann, dass Politik und Unternehmen den Wandel zur E-Mobilität z.B. mit einer „massiven Qualitätsoffensive“ flankieren müssten. Die Autoindustrie müsse zudem in Deutschland Batteriezellenfabriken bauen, um das Feld nicht alleine den asiatischen Zulieferern zu überlassen. Die Botschaft: Die Transformation hin zur Elektromobilität kann gelingen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Die Forscher vom Fraunhofer IAO haben die Beschäftigungswirkung der Elektromobilität für die Studie in drei Szenarien durchgespielt. Im Zentrum steht ein Szenario, in dem bis 2030 ein Viertel der Fahrzeuge rein elektrisch angetrieben wird, weitere 15 Prozent sind Plug-in-Hybride und die Mehrheit von 60 Prozent hat noch einen effizienten Otto- oder Dieselmotor an Bord. Ein besonderes Gewicht fällt den Plug-in-Hybriden zu: Weil sie beide Antriebsarten verbinden, haben sie sowohl klima- wie beschäftigungspolitisch positive Folgen. Vorausgesetzt ist in allen Szenarien, dass die Komponenten für Hybrid- und reine Elektrofahrzeuge weitgehend auch in Deutschland hergestellt werden. Weshalb Peter Kammerer vom BMW-Betriebsrat fordert, möglichst viele Teile der künftigen E-Autos vor Ort zu produzieren. Dazu gehören gerade auch die Batteriezellen.

Die Studie beruht auf Daten aus der Fertigung der beteiligten Unternehmen. Der dort analysierte Anteil der Beschäftigung repräsentiert mehr als die Hälfte der Wertschöpfungsketten in der Antriebstechnik in Deutschland. Wenn Gewerkschafter Hofmann im Rahmen der Studie von der Politik eine „zielgerichtete Industrie- und Beschäftigungspolitik“ fordert, meint er nichts anderes als Fördermittel, etwa für die Batterieproduktion. Mit anderen Worten: Die gut verdienende Automobilindustrie versucht, den Wandel zur Elektromobilität vom Steuerzahler abfedern zu lassen. Das kann man so machen. Doch wenn IG-Metall-Chef Hofmann schwadroniert, dass kleine Zulieferer „die Gelackmeierten des Klimaschutzes“ werden könnten, dann macht er es sich zu einfach – und spielt Klimaschutz und Beschäftigung gegeneinander aus. Zielführend ist das nicht.
handelsblatt.com, welt.de, fraunhofer.de

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