H-Power – Warum die Brennstoffzelle eine sinnvolle Ergänzung der elektrischen Antriebe ist
Für die Hardcore-Fans der Batterie-elektrischen Mobilität ist die Brennstoffzelle zum Feindbild avanciert. Zu teuer, zu ineffizient, zu komplex. Doch können wir bei der weltweiten Antriebswende auf die Wasserstoff-Mobilität ernsthaft verzichten? Wohl kaum, glaubt Christoph M. Schwarzer.
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Dem Batterie-elektrischen Auto steht eine Dekade des Erfolgs bevor. Volkswagen zum Beispiel prognostiziert für das Jahr 2025 einen Marktanteil von 25 Prozent. Übersetzt: Es entstehen Millionen von Akku-Autos. Und das aus gutem Grund: Die Preise für den elektrochemischen Speicher sinken. Konzepte wie die I.D.-Serie nutzen das Raumpotenzial des Batterie-elektrischen Antriebsstrangs. Die Kapazität ist ausreichend, um viele Strecken zu bewältigen. Und die Infrastruktur ist dem Fahrzeughochlauf hoffentlich immer einen Schritt voraus. Die Ära von Lithium und Kupfer löst die von Öl und Blech ab.
So weit, so eindeutig. Die Qualitäten des Fahrens mit Strom – Geschmeidigkeit, lokale Emissionsfreiheit und Kraft – haben sich herumgesprochen. Wer das ausprobiert hat, will oft nichts anderes mehr.
Offen ist die Frage, ob die Kombination aus Elektromotor und Batterie die einzige Vortriebsquelle der Zukunft sein wird. Neben der mittelfristig weiterbestehenden Dominanz von (hybridisierten) Verbrennungsmotoren sprechen viele Argumente dafür, dass die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle eine passende Ergänzung im Portfolio ist.
Weltweit über 100 Millionen neue Autos pro Jahr plus Nutzfahrzeuge
Hierfür ergibt es Sinn, den Blick auf die ganze Welt und alle rollenden Fahrzeuge zu erweitern. Also auf heute rund 100 Millionen neue Pkw pro Jahr plus leichte und schwere Nutzfahrzeuge aller Art. Schließlich denkt die Autoindustrie immer international.
Was für die Brennstoffzelle spricht:
- Der Ressourcenbedarf für Batterien nimmt gigantisch zu. Ein System besteht vorwiegend aus Metallen. Für die Verpackung (Aluminium, Stahl), für die Kabel (Kupfer) und zum kleineren Prozentsatz aus aktivem Material (Lithium, Nickel, Kobalt). Hyundai befürchtet, dass der Preis trotz der erwartbaren Skaleneffekte und des sinkenden Kobaltanteils ab 2020 stagnieren könnte. Falls das tatsächlich passiert, würde weiterhin die Mehrheit der Neufahrzeuge einen Verbrennungsmotor haben. Die Energiewende im Verkehr würde unnötig verzögert werden. Dekarbonisierung und saubere Luft wären ferner als eigentlich möglich.Falls aber – so kennen wir es vom Rohöl – immer neue preisgünstige Fördergebiete und Minen erschlossen werden, droht eine unfassbare Materialschlacht. Kann es richtig sein, jedes Jahr Millionen von Neuwagen mit mehreren hundert oder im Fall von Lkw vielleicht sogar mehreren tausend Kilogramm Batterien auszustatten?Verfolgt man das unternehmerische, industrielle und politische Ziel, sich von fossilen Kraftstoffen unabhängig zu machen, ist die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle die passende elektrische Komplementärlösung zur Batterie.
Der Platinbedarf für den Stack liegt ungefähr auf dem Niveau der Abgasreinigungsanlage eines Diesel-Pkw. Und die Drucktanks bestehen aus Kohlefaser. Die wiederum braucht viel Produktionsenergie – aber hier gilt das Beispiel BMW, wo man für die CFK-Karosserien von i3 und i8 eigens ein Wasserkraftwerk gekauft hat: Langfristig wird die Erzeugung von Strom international billiger und grüner. Bei einer stetig wachsenden Weltbevölkerung müssen materielle Ressourcen dagegen sparsam, in einer Kreislaufwirtschaft und am besten geteilt eingesetzt werden.
Auf den Punkt gebracht, heißt das: Wir müssen uns entscheiden, ob wir die Fahrzeuge, bei denen Batterien nicht die beste Technologie sind, einfach weiter mit dem Verbrennungsmotor (z.B. mit Erdgas) betreiben, oder ob die Brennstoffzelle Teil des vollelektrischen Portfolios werden soll.
- Es ist keineswegs sicher, dass alle Kunden in sämtlichen Nutzungsprofilen bereit sind, sich mit den Abstrichen des Batterie-elektrischen Fahrens abzufinden. Für die Fans dieses Antriebs ist es selbstverständlich geworden, zu laden und zu warten, zu rechnen und zu recherchieren, wo die nächste brauchbare Stromsäule steht.
Diesen Menschen könnte der Gedanke als Sakrileg erscheinen, dass nicht alle anderen auch dazu willens sind. Convenience und Komfort sind ein großer Pluspunkt der Wasserstoff-betriebenen Brennstoffzelle, und in der Logistik sind Batterie-elektrische Nutzfahrzeuge bisher nur im Verteilerverkehr einsetzbar. Tankpause? So kurz wie immer. Nicht nur für Spediteure ist Zeit Geld.Die Logik, nach der die Brennstoffzelle stark ist, wo große Fahrzeuge lange Strecken bewältigen müssen, gilt weiterhin.Beispiel Hyundai Nexo: Dem Vernehmen nach ist der Bestelleingang des Brennstoffzellen-SUVs (Reichweite im WLTP: 666 km) sehr hoch. Der koreanische Hersteller trifft mit diesem Produkt ähnlich wie mit dem Batterie-elektrischen Ioniq den Geschmack der Kunden. Entscheidend beim Nexo dürfte das Grundkonzept sein – eine Art elektrischer Volkswagen Tiguan Allspace, ein praktisches Auto für die Familie ohne Stress an der Ladesäule. Im Vergleich wirken die ungeschlacht designten Angebote von Toyota (Mirai) und Honda (Clarity) kaum attraktiv.
- Sämtliche Komponenten eines spezifisch Brennstoffzellen-elektrischen Antriebsstrangs entwickeln sich ähnliche wie Batterien technisch weiter. Am bekanntesten ist die oben genannte Reduktion des Platinbedarfs. Aber auch der Luftfilter, der Verdichter und die Tanks sind verbesserungsfähig. Und genau wie bei den Akkus ist die Kostendegression gerade erst am Anfang. Hier sind erhebliche Fortschritte absehbar – die Bruttolistenpreise werden rapide sinken, und gleichzeitig steigt die Dauerhaltbarkeit der Bauteile. Übrigens: Während bei Batterien mit der Alterung die Kapazität und damit die Reichweite zurückgehen, wird bei Brennstoffzellen die Spitzenleistung kleiner.
- Kritiker monieren den Wirkungsgrad der Brennstoffzelle. Sie haben Recht: Von einer in Windkraft- oder Solaranlagen produzierten Kilowattstunde Strom kommen nach Umwandlungsverlusten circa 70 Prozent am Rad eines Batterie-elektrischen Autos an. Das rechnet PricewaterhouseCoopers (PwC) vor. Beim Brennstoffzellen-elektrischen Pkw sind es nur 36 Prozent, wenn man die Verdichtung des Wasserstoffs an der Tankstelle und alle anderen Aspekte der Kette mit einbezieht.
Beim Verbrennungsmotor sind es sogar lediglich elf Prozent. Dennoch sind über 98 Prozent aller weltweit produzierten Neufahrzeuge damit ausgerüstet. Das ist ein elementarer Hinweis darauf, dass der Wirkungsgrad zwar von Relevanz ist – ein Vorteil bei der Effizienz ist aber offensichtlich nicht der einzig gültige Verkaufsgrund.
Mitmachen oder dem Wettbewerb das Feld überlassen
Fazit: Während wir in Deutschland noch diskutieren, ob synthetische e-Fuels im Verbrennungsmotor die beste Ergänzung zum Batterie-elektrischen Antrieb sind, handeln die asiatischen Staaten und Hersteller. Japan, Südkorea und China führen Brennstoffzellen-elektrische Fahrzeuge konsequent ein. Das ist nicht ohne wirtschaftliches Risiko, und die Technologie ist keineswegs trivial. Dennoch gibt es Nutzungsprofile und Kundenwünsche, für die die Brennstoffzelle genau das Richtige ist. Als Ersatz für den Verbrennungsmotor und als Zusatz zum Fahren mit Batterie. Aus deutscher Perspektive wäre es unklug, dieses Feld anderen Industrienationen zu überlassen.
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