Die 0,5 Prozent-Regelung für Elektro- und Hybridautos

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Die geplante Besserstellung elektrifizierter Dienstwagen mit privater Nutzung wirft ihre Schatten voraus. Im besten Fall beflügelt die 0,5 Prozent-Regelung den Verkauf entsprechender E-Fahrzeuge. Doch wann tritt die Neuregelung in Kraft? Und wie wird sie sich im Detail auswirken? Hier ist unser Überblick.

* * *

Die Auswahl ist zu klein. Würde es mehr Batterie-elektrische Autos und Plug-in-Hybride geben, wären die Verkaufszahlen höher. Diese These als Erklärung für den in absoluten Zahlen weiterhin geringen Absatz von Autos mit Ladestecker stimmt – die Lieferfristen und Wartelisten sind ein Beleg dafür. Aber es gibt ein weiteres Hemmnis, und das beseitigt die Bundesregierung gerade:

Der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung eines Dienstwagens wird eigentlich pauschal mit 1 Prozent des Bruttolistenpreises pro Monat besteuert. Ab Januar sinkt dieser Satz für BEVs, PHEVs und FCEVs auf 0,5 Prozent. Diese Maßnahme des Gesetzgebers ist bedeutsamer als der so genannte Umweltbonus. Wenn die Neuregelung wie geplant kommt, wird sie ein entscheidendes Bottleneck beseitigen und einen Nachfrageschub auslösen.

Beispiel Volkswagen Passat: Laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) wurden im September 84 Prozent auf gewerbliche Halter zugelassen. Und beim Topseller Golf waren es 72 Prozent. Diese Pkw gehen an Firmen mit großen Fuhrparks, aber auch an Selbstständige in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Für alle gilt: Wenn der Geschäftswagen privat genutzt wird, muss das versteuert werden, egal ob Angestellter oder Freiberufler. Hierzu kann wahlweise ein aufwändiges Fahrtenbuch geführt werden. Fast alle Berechtigten wählen lieber die 1-Prozentpauschale: Für einen Passat Variant TDI in mittlerer Ausstattung und mit Automatikgetriebe verlangt Volkswagen 37.475 Euro. Der Nutzer muss also im Monat Steuern für 375 Euro zahlen. Dazu addieren sich 0,03 Prozent pro Kilometer des einmaligen Anfahrtswegs zur Arbeit. Bei 30 Kilometern Strecke kommen also weitere 0,9 Prozent dazu – es müssen also im Rechenbeispiel Steuern für 712 Euro entrichtet werden.

Privat nutzen, wenig zahlen

Für den Plug-in-Hybrid Passat Variant GTE waren zu Beginn (2015) mindestens 45.250 Euro fällig; mithin erheblich mehr als beim TDI. Wer jemals mit Dienstwagenberechtigten gesprochen hat, weiß wie wichtig die entsprechende monatliche Rate ist. Niemand will mehr zahlen als nötig.

Das Ergebnis: Menschen, die sich nicht für Elektromobilität interessieren, machen einen weiten Bogen um einen Dienstwagen mit Ladestecker. Angesichts der vielen Neuzulassungen auf Firmen wurde damit bisher eine Chance vertan.

Ein Problem, das der Gesetzgeber erkannt hat und nun Abhilfe schafft: Die Pauschale schmilzt von 1 auf 0,5 Prozent ab. Das BEV, PHEV oder FCEV bietet so in den meisten Fällen einen Steuervorteil gegenüber einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor: Das Elektroauto müsste doppelt so viel kosten wie ein vergleichbarer konventioneller Pkw, um genauso viel Steuerlast zu verursachen. Und das ist selten der Fall.

Die Bundesregierung hat diese Neuregelung in einem großen Steuerpaket mit insgesamt 30 Änderungen gesammelt. Die Termine nach aktuellem Stand: Nach den üblichen Runden zwischen Bundestag und Bundesrat (das Gesetzespaket ist zustimmungspflichtig) hat der Finanzausschuss gestern in einer Anhörung diverse Sachverständige zu Wort kommen lassen. Am 9. November soll die abschließende Sitzung im Bundestag (2./3. Lesung) stattfinden und danach das Gesetz vom Bundesrat gebilligt werden.

Es gibt einen politischen Konsens, und darum wird mit dem Inkrafttreten zum Januar 2019 gerechnet.

Grüne kritisieren falsche Anreize und „Spritschlucker“

Selbst die Grünen halten diese indirekte steuerliche Förderung für richtig. Stephan Kühn, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, möchte dennoch einen Schritt weitergehen: „Wenn saubere Dienstwagen bessergestellt werden sollen, muss das auch für Diensträder, Pedelecs und bei Jobtickets gelten. Nur dann gibt es eine echte Wahlfreiheit für Arbeitnehmer anstatt Vorteile, die nur für Autofahrer gelten.“ Kritisch sieht Kühn allerdings, dass auch Plug-in-Hybride wie etwa der Mercedes-Benz E 300 de – übrigens mit Dieselmotor – begünstigt werden: „Dass die Bundesregierung Hybridautos mit schlechter Ökobilanz auf eine Stufe mit reinen Batterieautos stellt, setzt falsche Anreize. Die Bundesregierung muss die Reform nutzen, um Spritschlucker künftig stärker zu besteuern und auf diesem Weg die klimafreundlichen Alternativen attraktiver zu machen.“

Dass es eine generelle Fehlentwicklung hin zu leistungsstarken, schweren und großen Autos gibt, ist leider offensichtlich. Hier ist die deutsche Bundesregierung jedoch handlungsunwillig.

Zurück zum Volkswagen Passat Variant, dem gefühlten Inbegriff des Dienstwagens. Der neue GTE als Alternative zum TDI wird im Januar erstmals der Presse präsentiert; die offizielle Premiere ist auf dem Genfer Autosalon am 7. März. Der Branchendienst electrive.net rechnet mit einer elektrischen Reichweite von rund 70 Kilometern im alten Messzyklus NEFZ, sodass mindestens 50 km nach dem strengeren WLTP-Verfahren bleiben. Also genug für den möglicherweise ebenfalls verbleibenden BAFA-Fördertopf.

Aufpreis für Autos mit Verbrennungsmotor

PHEVs sind der erste Profiteur der geplanten 0,5 Prozent-Regelung. Es wäre jedoch ein Irrtum zu glauben, dass diese Steuersenkung nicht auch BEVs zu Gute kommen würden. Und wieder muss Volkswagen beispielhaft herhalten: 2019 erscheinen der Golf VIII und zum Jahresende der kompakte ID. Hier findet eine Umkehrung in der finanziellen Betrachtung statt; viele Entscheider werden sich fragen, ob sie wirklich einen TSI oder TDI brauchen, wenn sie dafür einen Aufpreis an das Finanzamt zahlen müssen. Die 0,5-Prozentregelung ändert nichts an den weiterhin zu hohen Listenpreisen von BEVs, PHEVs und FCEVs. Es wird aber ein elementares Hindernis aus dem Weg geräumt. Im besten Fall ist es ein bisschen wie bei dem Korken, der aus der Sektflasche knallt.

15 Kommentare

zu „Die 0,5 Prozent-Regelung für Elektro- und Hybridautos“
Raimund
16.10.2018 um 16:37
Der Ausschuss tagte schon gestern. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/kw42-pa-finanzen-onlinehandel/572528
Peter Schwierz
16.10.2018 um 21:05
Vielen Dank für den Hinweis, wir haben die Passage um die Anhörung ergänzt!
Jakob
16.10.2018 um 20:22
Auf die Idee seine Firmenflotte mit Tesla Model 3 auszustatten ist hier offenbar keiner gekommen?
Dominik
19.10.2018 um 12:03
Dafür müssten aber ja zunächst mal ausreichend viele Exemplare in Deutschland oder sagen wir mal Europa lieferbar sein...
Peter Schwierz
16.10.2018 um 21:04
Das geben die Dienstwagenvorgaben der meisten deutschen Firmen tatsächlich nicht her. ;)
Tobias
17.10.2018 um 08:14
Nahezu alle Angestellten werden PHEVs als Dienstwagen bestellen, weil die monatliche persönliche finanzielle Belastung deutlich geringer wird.Ich sehe dabei folgende Punkte kritisch: 1) Lademöglichkeiten: sehr viele haben nicht die Möglichkeit zu Hause zu laden (außer Hausbesitzer; Stichwort Gemeinschaftseigentum Tiefgarage); in den meisten Firmen gibt es derzeit (und mit Sicherheit auch 2019) keine Möglichkeit die Fahrzeuge zu laden => ein hoher Prozentsatz der PHEVs wird nur mit Benzin betrieben 2) Motivation zum elektr. Laden: warum soll ein Angestellter auf eigene Kosten zu Hause das Fahrzeug laden, wenn der Arbeitgeber das Benzin bezahlt? => wird niemand tun 3) PHEVs sind gegenüber vergleichbaren Verbrennern deutlich schwerer (zus. Batterie + Elektronik) Falls aufgrund der beiden oben genannten Punkte sehr viele Dienstfahrzeuge "ungeladen" und nur mit Benzin betrieben werden, fällt die Gesamt-CO2-Bilanz deutlich schlechter aus!Wie wurden diese Punkte im Gesetzpaket berücksichtigt? Oder werden hier falsche Anreize gesetzt, weil das Ganze nicht zu Ende gedacht wurde?
Andrew
26.11.2018 um 08:29
Dass man immer wieder die Fehler in anderen Ländern wie Niederlanden wiederholen muss. Dort war der Mitsu Outlander dann ein Bestseller (PHEV) obwohl die Fahrer gar nicht laden konnten. Nicht zuhause und nicht in der Firma. Benzin Mehrverbrauch war die Folge. Anmeldung einer Ladestation bei der BNA wäre zumindest als Voraussetzung gut gewesen.
Bernd Hagemann
18.10.2018 um 18:20
Wie wahr, wie wahr! Der Schuss dürfte in Punkto Emissionsreduzierung ebenfalls wieder nach hinten losgehen. Anscheinend haben auch nach dem ganzen Beschiss weder Autohersteller noch Bundesregierung realisiert, dass man eine reale Emission nicht mit einer Zyklusemission reduzieren kann, insbesondere bei den derzeitigen und geplanten PHEVS, bei denen nicht danach gefragt wird, wie sie betrieben (bzw. ob und mit welchem Strom sie geladen) werden. In 3-5 Jahren wird man dies wieder feststellen, wir haben dann eine PHEV-Krise und üble Stinker, die nach einer Umweltprämie schreien. Nichts gelernt!! Immerhin dürfte mit der geplanten Maßnahme der Ausbau der Ladeinfrastruktur, insbesondere bei nachhaltig denkenden Arbeitgebern deutlich gefördert werden.
Nicklas
18.10.2018 um 09:55
Naja, ich habe zuhause auch keine Ladesation in der Nähe und komme trotzdem zurecht. Geladen wird natürlich an öffentlichen Säulen, beim Arbeitgeber oder beim Kunden (viele in meiner Branche haben bereits eine Wallbox). Momentan muss man ab und zu auch mal 100 Meter laufen, weil die Ladesäule nicht direkt am Zielort ist, aber das bringt einen auch nicht um (solange man nicht viel zu schleppen hat).Was viele Automobilhersteller aber komplett vernachlässigen ist die AC-Ladeleistung. 3,7 kW reichen nicht beim Plug-In Hybrid und schon garnicht beim BEV. Ich stand oft genug eine Stunde beim Kunden und habe dann eben nur 3,7 kWh nachgeladen, das sind vielleicht 25 km Reichweite. Das reichte dann natürlich nicht für den Heimweg, sodass zwischendurch doch noch schnellgeladen werden musste. Bei 11 bis 22 kW wären viele Schnelladevorgänge garnicht notwendig gewesen. 11 kW sollten es fahrzeugseitig also mindestens sein.Trotzdem: Mehr Fahrzeuge mit Stecker bedeuten einen stetig wachsenden Markt, womit sich für Ladesäulenbetreiber immer mehr ein Businesscase ergeben dürfte. Das beflügelt dann natürlich auch den Ausbau. Ich finde die 0,5% Regelung ist daher ein richtiger Schritt.Um zuhause geladenen Strom vom Arbeitgeber abzurechnen, kann man übrigens heute schon auf einige Lösungen zurückgreifen (z. B. von Polarstern). Der Arbeitgeber kann sogar die Wallbox stellen.
Frank
17.10.2018 um 09:30
Weiss jemand, ob diese Regelung auch fuer schon existierende geschaeftliche Leasingvertraege Anwendung findet ? Oder gilt das nur fuer Neuvertraege ab 2019 ?
Christian
18.10.2018 um 00:32
Meines Erachtens nur für Neuverträge ab 2019 (und nur bis einschließlich 2021). Ab 2022 gilt dann wieder was anderes nämlich die Reduktion des Anschaffungspreises um die Batteriepreise je kWh Batteriekapazität, wie jetzt schon. Weiterhin abschmelzend in der Höhe der Abziehung je kWh. Siehe http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/044/1904455.pdf
Devid
17.10.2018 um 12:48
Handelt es sich bei dem Steuervorteil wirklich um die Reduktion auf 0,5% des Listenpreises? Oder wird nicht vielmehr der Bruttolistenpreis als Bemessungsgrundlage in der Hälfte angesetzt, was dann auch Auswirkungen auf die Versteuerung der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hätte (0,03%).
Christian
18.10.2018 um 00:29
Ich verstehe den Gesetzesentwurf so, dass tatsächlich die Anschaffungskosten für das 1% halbiert werden. Ob das dann auch für die 0,03% je Entfernungskilometer gilt, erschließt sich mir nicht. Im Gesetztesentwurf findet sich hierzu auch keine Änderung. Siehe http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/044/1904455.pdf
Michael
19.10.2018 um 10:16
Hallo Der Bisherige Entwurf sieht vor, dass die Halbierung auch für die Entfernungspauschale gilt (§ 8 Abs. 2 EStG verweist auf den "Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG" und damit auf den neuen, "halbierten" Listenpreis)Welche Regelung letztlich nun wirklich kommt ist aber noch unklar.
Steffen
06.02.2019 um 15:57
Vielleicht kann mich mal jemand aufklären: Ich werde mir im Oktober 2020 den Superb Plugin Hybrid über meine Firma leasen, damit also zunächst (?) nur das halbe Prozent versteuern müssen, da zum richtigen Zeitpunkt geleast. Jetzt habe ich aber nirgendwo in Erfahrung bringen können, ob dieser reduzierte Satz gilt, bis ich das Auto nach 4 oder 5 Jahren Leasing wieder abgeben muss, oder nur für die Zeit bis Ende 2021?

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