FastCharge-Projekt demonstriert Laden mit bis zu 450 kW
Im Zuge des im Juli 2016 gestarteten Forschungsprojekts FastCharge ist es BMW, Porsche, Allego, Phoenix Contact und Siemens nun gelungen, die Ladeleistung auf beachtliche 450 kW hochzutreiben. Prototypen demonstrierten die Konzerne gestern im bayerischen Jettingen-Scheppach. Wir waren live dabei.
Ende 2017 war das Quintett angetreten, um die „technischen und physikalischen Grenzen aller beim Laden betroffenen Komponenten und Systeme“ zu erforschen und dabei Ladeleistungen von bis zu 450 kW ins Visier zu nehmen. Das Ziel: Laden sollte so schnell und komfortabel werden wie heutiges Tanken. Mit der Einweihung eines prototypischen Ladesystems an der A8 zwischen Ulm und Augsburg hat das Konsortium unter Führung von BMW gestern den Beweis angetreten, dass Ladezeiten von weniger als drei Minuten für die ersten 100 Kilometer Reichweite möglich sind – jedenfalls mit zwei Forschungsfahrzeugen, die für solche Ladeleistungen freilich überhaupt erstmal empfänglich gemacht werden mussten.
Schauen wir uns das Ladesystem näher an: Von Siemens entwickelt, ist es mit einem CCS-Anschluss ausgestattet und explizit dafür entwickelt worden, „die Grenzen der Schnellladefähigkeit von Batterien zu erproben“. Es ist in der Lage, mit Spannungen von bis zu 920 Volt zu arbeiten, was bei aktuellen E-Fahrzeugen freilich noch Zukunftsmusik ist. Wer den Lader dennoch mal ausprobieren will – zumal er an seinem Standort an einem Autohof in Jettingen-Scheppach ab sofort gratis genutzt werden kann – muss sich keine Sorgen machen, dass sein E-Auto überfordert wird: Der Lade-Controller sorgt den Angaben des Konsortiums zufolge für eine automatische Anpassung der abzugebenden Leistung.
Auch können dort mehrere E-Autos simultan geladen werden, wobei zur Fahrzeugseite hin zwei Ladepunkte bereitgestellt werden – einer mit 175 kW und ein weiterer mit bis zu 450 kW. Gepaart mit seinen hohen Stromstärken und Spannungen eigne sich das System für verschiedenste Anwendungen, etwa für Flottenladelösungen oder an Autobahnen, heißt es vor Ort. Der Netzanschluss ist über einen Ladecontainer geregelt, in dem Siemens auch die Leistungselektronik untergebracht hat. Übrigens reicht für die zwei Ladepunkte in Jettingen ein Niederspannungsanschluss aus.
Forschungsträger von Porsche knackt 400-kW-Marke
Um die Zeitersparnis zu verdeutlichen, die durch solch hohe Ladeleistungen erzielt werden kann, haben sowohl BMW als auch Porsche entsprechende Forschungsfahrzeuge aufgebaut. BMW hat dazu einen i3 umgebaut und mit einer Hochvoltbatterie ausgestattet, die es auf 57 kWh Netto-Kapazität bringt. Für einen Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent State of Charge (SOC) werden so nur noch 15 Minuten benötigt – ein Drittel dessen, was die aktuelle i3-Generation auf der Straße vollbringt. Geladen wird dabei mit bis zu 175 kW. Das Forschungsfahrzeug von Porsche, ein umgebauter Panamera ohne Straßenzulassung, bringt es sogar auf eine Netto-Batteriekapazität von ca. 90 kWh. Der Wagen erreicht eine Ladeleistung von anfänglich über 400 kW und ermöglicht damit Ladezeiten von unter 3 Minuten für die ersten 100 km Reichweite, wie es das FastCharge-Konsortium beschreibt. Entsprechend erfolgreiche Ladevorgänge konnte das Team von electrive.net vor Ort dokumentieren. Die Videos dazu werden wir in Kürze veröffentlichen. Akustisch gut zu vernehmen – trotz Motorenlärms der benachbarten Lkw-Tankstelle – war die besonders leistungsstarke Kühlung sowohl der Fahrzeuge als auch des Ladesystems.
Gekühlte HPC-Ladekabel von Phoenix Contact
Die Ladeanschlüsse verstecken sich übrigens prototypisch hinter dem neuen Säulen-Design von Betreiber Allego, das so ebenfalls erstmals realisiert worden ist. Über gekühlte HPC-Ladekabel von Phoenix Contact können die Systeme je nach Fahrzeugmodell sowohl 400-Volt- als auch 800-V-Batteriesysteme aufladen. Als Kühlflüssigkeit kommt dabei ein Wasser-Glykol-Gemisch zum Einsatz. Auch die Fahrzeugsteckdose wird während der Energieübertragung gekühlt. Die Leistung der beiden CCS-Ladepunkte passt sich laut FastCharge-Konsortium automatisch der maximal zulässigen Ladeleistung der ladenden Fahrzeuge an, ist also abwärtskompatibel.
Das Forschungsprojekt FastCharge wird von einem Industriekonsortium unter der Führung der BMW Group betrieben. Darüber hinaus sind die Allego GmbH, die Phoenix Contact E-Mobility GmbH sowie die Porsche AG und die Siemens AG in dem Vorhaben aktiv. FastCharge wird mit 7,8 Mio Euro vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert.
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