Gedanken zur CES: Die Elektro-Shuttle kommen – nur wann?
Das Auto der Zukunft ist eine Knutschkugel. Dieser Eindruck hat sich nach einem Besuch der Technikmesse CES in Las Vegas verfestigt. Den kleinen Shuttlebussen wird einmal die Stadt gehören, da waren sich die meisten Aussteller einig. Der Elektroantrieb ist dabei eine Selbstverständlichkeit.
Wer die Messen dieser Welt vor allem durch die Brille der Elektromobilität betrachtet, der konnte beim Spaziergang durch die Ausstellung in Las Vegas zunächst etwas enttäuscht sein. Ladestationen begegnete man nur sporadisch, etwa bei Chargepoint und EVBox. Auch mit dem E-Antrieb mochte niemand protzen. Erst auf den zweiten Blick wurde deutlich: Hier ist ja fast alles elektrisch! Die meisten Mobilitätskonzepte, die auf der CES zu sehen waren, hatten nämlich zwei Dinge gemeinsam – eine Batterie im Fahrzeugboden und Elektrotraktion in Radnähe.
Die gute Nachricht lautet also: Der elektrische Antrieb wird so etwas wie Commodity – Standardware also, die niemand mehr infrage stellt. So ähnlich hatte es schon Byton-CEO Carsten Breitfeld vor einiger Zeit in einem Interview mit electrive.net bezeichnet. Der elektrische wird sich als einzig sinnvoller Antrieb in den Städten durchsetzen, da waren sich die Experten auch bei unseren Gesprächen in Las Vegas einig. Den Unterschied machten die Aussteller deshalb beim digitalen Innenleben der Fahrzeuge sowie bei der Größe der verbauten Displays.
Besonders viel Aufsehen erregte denn auch das australische Startup AEV Robotics. Es zeigte in Las Vegas ein flexibles Konzept für autonome Elektrofahrzeuge auf einer flachen Basiskonstruktion. Auf diesem Skateboard lassen sich sogar mehrere Aufbauten – sogenannte Pods – montieren, etwa für Taxis oder Lieferwagen. Ähnlich ging es auch Rinspeed an: Die Schweizer Ideenschmiede für die Mobilität der Zukunft stellte seine neue Studie namens microSnap vor. Der Mini-Transporter für die letzte Meile basiert ebenfalls auf einem Skateboard-Chassis und kann mit verschiedenen Aufbauten (Pods) für den Personen- wie auch den Gütertransport versehen werden. „Der Rinspeed microSnap ist ein revolutionäres Mobilitätssystem, bei dem Skateboard und Pod getrennt werden“, sagte Erfinder Frank Rinderknecht im Gespräch mit electrive.net und macht auch das Ziel dieser Trennung klar: die maximale Auslastung des Trägerfahrzeugs mit der teuren Batterie. Denn wenn das Chassis tagsüber die Pendler zur Arbeit gebracht hat, muss es nachts nicht sinnlos herumstehen, sondern verteilt beispielsweise Warenlieferungen zwischen Logistikhubs und Läden. Auf diese Weise könnten beim Flottenbetreiber die Kosten sinken.
In die gleiche Kerbe schlägt auch Mercedes-Benz: Die Vans-Sparte des Stuttgarter Premium-Herstellers hat deshalb auf der CES ihr bereits bekanntes Mobilitätskonzept Vision Urbanetic demonstriert. Es basiert ebenfalls auf einem autonom fahrenden, elektrisch betriebenen Chassis, das unterschiedliche Wechselaufbauten für die Personen- oder die Güterbeförderung aufnehmen kann. In Las Vegas wurde die Idee an einem Abend auch gleich mal praktisch vorgeführt, wie Tom Grünweg berichtet. Der Massentransport in kleinen elektrischen Roboter-Bussen wurde auf der CES insofern als Trend in voller Ausprägung sichtbar. Kein Wunder, das auch die Automobilzulieferer ZF, Continental und Bosch mit entsprechenden Lösungen auf der Elektronikmesse vorstellig geworden sind, wie der Autor selbst erleben konnte.
Unklar ist natürlich noch, wie schnell sich diese Fahrzeuggattung in den Städten dieser Welt durchsetzen wird. Viele Experten sind sich immerhin einig, dass es so kommen wird. „Da kommt eine Generation von Fortbewegungsmittel auf uns zu, die zu einer neuen Art von individueller Mobilität führen wird“, ließ sich Mobilitätsexperte Wolfgang Bernhart von der Unternehmensberatung Roland Berger zitieren. Die Transportlösung MOIA von Volkswagen sei dafür das beste Beispiel, auch wenn hier noch ein Fahrer benötigt werde.
Immerhin konnte man die Änderung des Mobilitätsverhaltens in Las Vegas auch jenseits der CES beobachten. Mit Schließung der Messehallen wurde die Schlange jener Menschen, die auf einen Uber- oder Lyft-Fahrer wartete, immer länger. Auch vor den Hotels und Casinos war dieses Phänomen allgegenwärtig zu beobachten. Dass die Menschen künftig zu fünft oder sechst in ein autonom fahrendes Strom-Shuttle steigen, erscheint daher ausgesprochen realistisch.
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