Startschuss für industrielle Zellfertigung vor Jahresende

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Eine Entscheidung über den Aufbau einer industriellen Batteriezellenproduktion in Deutschland wird laut Bundeswirtschaftsministerium noch in diesem Jahr fallen. Gespräche zwischen der Bundesregierung und Unternehmen laufen demnach bereits.

Das geht einem Bericht von „Energate“ zufolge aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion zurück. „Die Bundesregierung erwartet, dass sich noch in diesem Jahr im Rahmen der Initiativen zur Batterieforschung und Batteriezellproduktion eine industrielle Lösung im Rahmen eines Konsortiums bilden wird“, heißt es im Statement des Ministeriums wortwörtlich. Anschließend werde das Konsortium einen Zeitplan zur Realisierung einer Batteriezellenfertigung in Deutschland vorlegen. Also geht es nicht mehr um das Ob, sondern um das Wann und Wo.

Professor Günther Schuh, federführend bei der Kreation des StreetScooters und des e.GO, gehört zu den potenziellen Investoren und einflussreichen Schmieden eines Konsortiums. Im Interview mit „Tagesspiegel Background“ bestätigt und präzisiert er die Pläne für eine Batteriezellenfabrik in NRW. Die Chancen der Region stünden gut, was die Kompetenz und die notwendigen Partner vor Ort angehe, so Schuh. „Wenn jetzt noch die Politik durch eine gewisse Förderung unsere Standort- und Größennachteile gegenüber den etablierten asiatischen Herstellern ausgleichen würde, könnten wir eine erfolgversprechende Fertigung auf die Beine stellen.” Im Gegensatz zu Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Co., die bekanntlich Arbeitsplätze in den Braunkohleregionen schaffen wollten, um dort den Strukturwandel zu stemmen, spricht sich Schuh für bereits vorhandene Industriestandorte aus: „Das geht schneller und verursacht weniger Kosten. Mein Favorit sind die Ford-Werke in Köln-Niehl. Da steht schon die ganze Infrastruktur.“ Den Standort kennt der Aachener Professor auch deshalb so gut, weil dort bekanntlich der StreetScooter XL vom Band läuft. Es sei ein „Riesenareal“. In einem Bericht des „Handelsblatts“ war vor wenigen Tagen zudem die Rede von Euskirchen als möglichen Standort.

Auf die Frage, mit welchen Batteriekapazitäten er plane, spricht Schuh von jährlich 1 GWh in der ersten Ausbaustufe. Es gelte, im kleinen Maßstab zu üben, um anfangs weniger Material zu verschwenden. Außerdem gibt er zu bedenken, dass eine größere Fabrik auch größere Anfangsinvestitionen bedeuteten. Dagegen müsse das Konsortium bei 1 GWh 150 bis 170 Mio Euro stemmen – „das halte ich für realistisch“, so Schuh.

Was den Zeitplan angeht, befindet der E-Auto-Experte, dass es Ende dieses Jahres mit der Ausrüstung der Hallen losgehen könne, ehe in den darauffolgenden zwei Jahren Anlagen aufgebaut und Genehmigungen eingeholt würden. „Und nochmal zwei Jahre sind nötig, bis die Fabrik mit wenig Ausschuss produziert“, führt er aus. „Also hätten wir 2024 unsere Kapazität von einer Gigawattstunde erreicht. Daran sieht man, wie dringend es ist, bald zu entscheiden. Selbst Tesla und Panasonic haben rund zwei Jahre gebraucht, um die Fertigung einer bereits bekannten Zelle stabil zu bekommen.”

Aus dem Nähkästchen plaudert Schuh mit Blick auf die künftige Zusammensetzung des Konsortiums: VW sei demnach bisher nicht an Bord, es gebe aber Gespräche, da VW mit Ford über eine Elektromobilitäts-Kooperation verhandele. Ford sei wiederum weiterhin dafür, die Zellfertigung nach Köln zu holen. Fest dabei sind laut dem Aachener außerdem die BMZ Group, die das Batteriezell-Konsortium TerraE übernommen hat, sowie StreetScooter und e.GO Mobile. Diese Konstellation – inklusive einer möglichen Einbindung von Bosch als Lieferant von Fertigungstechnik – wurde bereits in besagtem Artikel im „Handelsblatts“ genannt. Es gebe weitere Partner, äußert Schuh, die dürfe er aber noch nicht publik machen.

Interessant auch: Als Abnehmer für die künftigen Zellen nennt er BMZ-Kunden, Ford, StreetScooter und e.GO – aber jeder werde nur 20 bis 30 Prozent seines jeweiligen Bedarfs aus der gemeinsamen Fabrik beziehen. „Man sollte sich nie von einer Fabrik alleine abhängig machen“, lautet das Credo.

Bewusst sind sich die Partner schließlich, dass sie die Lithium-Ionen-Technik von heute weiterentwickeln muss, um 2024 konkurrenzfähige Zellen zu bauen. Schuh lässt durchblicken, dass man da schon heute dran sei – Stichwort Trockenbeschichtung der Anode und Kathode. Dieses neue Verfahren führe u.a. dazu, dass weniger Energie gebraucht werde. „Wenn alles gut geht, können die Prozesskosten um fast 25 Prozent sinken. Aber die Prozesskosten betragen nur 28 Prozent der gesamten Herstellkosten. Das macht also sieben Prozent der Herstellkosten“, rechnet Schuh vor. Auf Festkörperbatterien will er derweil nicht setzen: „Sie haben eine hohe Leistungsdichte, aber wir ahnen jetzt schon, dass sie nicht schnellladefähig sind. Was soll ich dann damit für eine mobile Anwendung?“ Als Hauptbatterie könne er sie sich nicht vorstellen, wohl aber als Hybrid-Batterie: „zum Beispiel zwei Drittel Lithium-Ionen, ein Drittel Festkörper“.
energate-messenger.de, tagesspiegel.de

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