Formel E: Vergne gewinnt Heimrennen für DS Techeetah
Halbzeit in der Formel E nach sechs von zwölf Rennen: Auch wenn das Rennen am Samstag in Sanya, dem „Hawaii Chinas“, nicht den üblichen Unterhaltungswert der bisherigen Saison bot, so waren wieder einige Überraschungen dabei. Dem amtierenden Champion Jean-Éric Vergne gelang sein erster Saisonsieg und das ausgerechnet beim Heimrennen für das chinesische Team DS Techeetah.
Besser hätte man es kaum timen können: „Das befördert uns wieder zurück in den Kampf um die Meisterschaft“, sagte Vergne nach dem Rennen. „Das war der Wendepunkt in unserer Saison.“
Zweiter wurde Formel E-Neuling Oliver Rowland (Nissan e.dams). Das Podium des Sanya E-Prix komplettierte Antonio Felix da Costa (BMW i Andretti Motorsport). Die deutschen Piloten André Lotterer (DS Techeetah, Daniel Abt (Audi Sport Abt Schaeffler) und Pascal Wehrlein (Mahindra Racing) landeten auf den Rängen 4, 5 und 8. Alle drei sicherten sich mit diesen Top 10-Platzierungen jeweils wertvolle Punkte in der Meisterschaft.
Durch die vielen Neuerungen in dieser Formel E-Saison (Gen2 Car, Attack Mode, kein Fahrzeugwechsel mehr zur Rennhälfte) ist auch viel mehr Bewegung drin. Beweise gefällig? Bitteschön: Sechs Rennen, sechs verschiedene Pole Sitter, sechs Sieger von sechs verschiedenen Teams. Nichts ist vorhersehbar und genau das macht den Reiz der Formel E aus.
Your 60 second race highlights from the 2019 FWD Sanya E-Prix! ⚡️#ABBFormulaE pic.twitter.com/PMYqKUkz4n
— Formula E (@FIAFormulaE) March 23, 2019
Zum Start in Sanya dachten viele, dass die äußeren Bedingungen eine entscheidende Rolle spielen werden. Bei 40 Grad Strecken- und 28 Grad Lufttemperatur sowie 86 Prozent Luftfeuchtigkeit wurde den Fahrern und der Technik wieder einiges abverlangt. Beim Stichwort „Energiesparen“ haben meist die erfahrenen Leute einen kleinen Vorteil gegenüber den Neulingen in der vollelektrischen Rennserie.
Für zwei Premieren sorgte Nissan mit der Pole Position der Japaner und dem erstmaligen Sprung aufs Podium durch Formel E-Rookie Oliver Rowland. Der Brite sicherte Nissan im Super Pole-Durchgang den ersten Startplatz. Bei der Super Pole fahren die sechs Zeitbesten aus dem Qualifying noch einmal separat untereinander die ersten sechs Startplätze aus. Sein Teamkollege Sebastien Buemi musste zu Rennbeginn aus der Boxengasse starten, nachdem in der Super Pole-Runde sein Wagen gegen die Wand gerutscht war und er nachträglich noch eine Strafe aufgebrummt bekam. Im Rennen machte der Schweizer dann satte 14 Plätze gut und kam schließlich auf Rang 8 ins Ziel.
Ebenfalls aus der Boxengasse startete HWA-Pilot Gary Paffett wegen Problemen mit der Antriebswelle. Die Affalterbacher erlebten erneut ein rabenschwarzes Wochenende. Obwohl es beim letzten Mal in Hongkong so vielversprechend aussah für das deutsche Team mit der Pole von Stoffel Vandoorne (3 Punkte) und weiteren 4 Punkten für Paffett auf dem 8. Rang am Ende, lief in Sanya kaum etwas zusammen. Bereits in Runde 1 fiel Vandoorne aus, nach einem Zusammenstoß mit dem bis dato Meisterschaftsführenden Sam Bird. Zur Mitte des Rennens musste Paffett wegen erneuten Problemen mit der Antriebswelle das Rennen vorzeitig beenden.
Wie zuletzt in Hongkong mutierte der Lauf in Sanya zu einer Art „Demolition Derby“ mit acht Ausfällen. Beim Start blieb der Geox Dragon-Wagen von Felipe Nasr einfach stehen und kurz darauf kollidierten Vandoorne und Bird miteinander auf der Strecke. Für beide war das Rennen beendet. Dadurch wehte in der ersten Runde bereits die Gelbe Flagge entlang der Strecke (Full Course Yellow), wodurch die verbliebenen Fahrer nicht überholen durften und ihre Wagen auf 50 km/h gedrosselt wurden. Bis zum Rennende 55 Minuten später sollten fünf weitere Pechvögel frühzeitig ihr Cockpit verlassen: Lopez, Paffet, Sims, Piquet Jr. und Di Grassi. Unter gelber Flagge sollte der Lauf auch enden.
Oliver Rowland konnte seinen Vorsprung nicht ausbauen. Von der ersten Runde an führte er den E-Prix, allerdings nie mit mehr als 1,5 Sekunden Vorsprung. Der entscheidende Move des Rennens stammte von Jean-Éric Vergne 21 Minuten vor Ende, als der Franzose zum Ende der Geraden innen am Führenden Oliver Rowland vorbeizog, weil dieser etwas früh vor der Kurve den Fuß vom Gas nahm, um zu rekuperieren. „Ich wollte etwas Energie sparen und dann überraschte mich JEV etwas“, sagte Rowland. „Nach der roten Flagge hatte ich zwar die Möglichkeit zu gewinnen, aber nahm lieber die sicheren Punkte mit. Zum ersten mal auf dem Podium zu stehen ist ein großartiges Gefühl.“
🎬 @Nissanedams racer Oliver Rowland talks about @Nissan's first @FIAFormulaE podium today at the #SanyaEPrix.
–#NissanFormulaE #IntelligentMobility pic.twitter.com/lTOpedBRmu— Nissan NISMO (@NISMO) March 23, 2019
Bereits zum dritten Mal in dieser Saison musste das Rennen zwischendurch mit einer Roten Flagge abgebrochen werden, um ein defektes Fahrzeug von der Strecke zu bergen. „Viele kleine Unterbrechungen disruptierten den Rhythmus“, sagte denn auch Audi-Teamchef Allan McNish. „Wir waren in einer guten Position mit dem Energiemanagement beider Fahrer. Dann kam die Rote Flagge und nahm uns diesen Vorteil.“ Der Neustart veränderte das Geschehen zu einem Vollgas-Rennen. Die Restenergie spielte kaum noch eine Rolle.
In den letzten sieben Minuten fuhren viele Fahrer die Ellenbogen aus. Audi-Pilot Lucas Di Grassi wurde in der vorletzten Runde von Robin Frijns abgeschossen, dem zuvor Sebastien Buemi von hinten ins Heck raste. Daniel Abt musste im beinharten Zweikampf mit André Lotterer nachgeben und letztlich mit Platz 5 vorlieb nehmen. In jedem Saisonrennen holte der Kemptener bereits Punkte für sein Team und ist damit einer der Hauptgründe, warum Audi Sport Abt Schaeffler in der Teamwertung nur noch einen Punkt hinter den beiden Führenden Envision Virgin Racing und Mahindra Racing liegt.
Zum dritten Mal in dieser Saison gelang auch BMW-Fahrer Antonio Felix da Costa der Sprung aufs Podium. Mit dem dritten Platz in China übernahm der Portugiese die Führung in der Fahrerwertung mit 62 Punkten, knapp vor dem Belgier Jerome D’Ambrosio (61 Punkte). „Ich wollte heute mehr, aber so gewinnen wir die Meisterschaft“, sagte ein zufriedener Da Costa nach der Siegerehrung.
http://twitter.com/BMWMotorsport/status/1109389278646280192
In drei Wochen startet die Formel E dann ihre Europa-Tour mit dem E-Prix in Rom. Ende Mai ist auch wieder Station in Berlin. 90 Prozent der Tickets für den Rennsamstag auf dem Flughafen Tempelhof sind bereits vergriffen. Wer also live dabei sein möchte, sollte sich beeilen und unter fiaformulae.com zuschlagen.
0 Kommentare