Schleswig-Holstein bestellt 55 Akku-Züge bei Stadler

Der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein hat den Schienenfahrzeuge-Hersteller Stadler mit der Lieferung von 55 Akku-Triebzügen des Typs Stadler Flirt Akku beauftragt. Diese sollen ab Dezember 2022 Diesel-Züge ersetzen.

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Die neuen Züge sollen auf den Strecken Kiel-Lübeck-Lüneburg, Bad Oldesloe-Neumünster-Heide-Büsum, Kiel-Husum, Husum-Bad St. Peter Ording, Kiel-Rendsburg und Kiel-Eckernförde-Flensburg bestehende Züge mit Dieseltriebwagen ersetzen. In Norddeutschland sind noch überdurchschnittlich viele Diesel-Züge unterwegs, da in Schleswig-Holstein gerade einmal 29 Prozent des Streckennetzes elektrifiziert sind. Abseits der Hauptstrecken von Lübeck, Kiel und Flensburg nach Hamburg gibt es kaum Oberleitungen.

Die Akkus ermöglichen eine Reichweite von bis zu 150 Kilometern und sind auf dem Dach montiert. Auf den Hauptstrecken werden sie an vorhandenen Oberleitungen geladen, vor allem in Kiel, Neumünster, Flensburg, Lübeck, Lüneburg sowie auf der Strecke Osterrönfeld – Jübek. Zudem sollen an einigen Stellen zusätzliche Ladevorrichtungen gebaut und bestehende Oberleitungen verlängert werden.

Der Flirt Akku wurde von Stadler erst im Oktober 2018 vorgestellt. Der Akku-Zug ist von Anfang an auf nicht- oder teilelektrifizierte Strecken ausgelegt. Im rein Batterie-elektrischen Fahrbetrieb liegt die Höchstgeschwindigkeit bei 140 km/h, was auf längeren Abschnitten natürlich zulasten der Reichweite geht. Für den Auftrag ist der deutsche Ableger Stadler Pankow mit Sitz in Berlin zuständig. Die Stadler Rail AG kommt aus der Schweiz.

Eine Besonderheit dieses Auftrags ist, dass künftig der Hersteller mehr als 30 Jahre lang für die Instandhaltung der Triebwagen verantwortlich sein wird. Stadler will dafür in Rendsburg und Neumünster Werkstätten errichten. Die Vergabeentscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Den unterlegenen Bietern bleiben noch zehn Tage Zeit, um ein Nachprüfverfahren für diese Entscheidung anzustrengen.

Eine Klage von Alstom als Entwickler von Zügen mit Wasserstoffantrieb gegen die Vergabekriterien wurde bereits vom Oberlandesgericht Schleswig abgewiesen. Alstom betreibt seit Herbst 2018 eine Wasserstoff-Bahn zwischen Buxtehude, Bremerhaven und Cuxhaven. Im Falle einer Niederlage vor Gericht hätte das Land die Vergabekriterien ändern müssen. Alstom selbst hatte gar kein Angebot abgegeben, da das Land von den Anbietern nicht nur die reine Zugtechnik erwartete, sondern auch die Ladeinfrastruktur.

Update 09.04.2020: Inzwischen sind jetzt die nächsten Schritte auf dem Weg zur Betriebsaufnahme ab Ende 2022 erfolgt. Die Paribus Holding wird die Beschaffung der Batterietriebzüge finanzieren und für 30 Jahre an die vom Land auszuwählenden Eisenbahnverkehrsunternehmen vermieten. Dazu nimmt Paribus eine vom Land gewährte Kapitaldienstgarantie in Anspruch und kann so eine günstige Finanzierung sicherstellen. Um eventuellen Anfangsschwierigkeiten zu begegnen, soll Stadler ab November 2022 zunächst eine Vorserie von fünf Triebzügen ausliefern. Die restlichen Triebzüge sollen dann ab Mai 2023 bis Mitte 2024 sukzessive in Betrieb genommen werden.

„Mit unseren 55 Batterie-elektrischen Zügen bringen wir als erstes Bundesland emissionsfreie Züge an den Start und gehen so einen großen Schritt Richtung Verkehrswende“, sagt Landesverkehrsminister Bernd Buchholz. „Ich bin froh, dass wir diese Züge nun auch noch zu attraktiven Konditionen mit dem Fahrzeugbereitsteller Paribus finanzieren können.“

Update 16.04.2021: Die Energiespeicherung der 55 vom Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein bestellten Akku-Triebzüge wird auf Technologie von ABB basieren. Wie der Schweizer Konzern nun mitteilte, habe man einen entsprechenden Auftrag von Stadler erhalten. Dieser umfasst Traktionsumrichter und bordseitige Energiespeichersysteme auf Basis von Lithium-Ionen-Batterien. Finanzielle Details der Aufträge wurden nicht bekannt gegeben.

Die Batteriemodule werden von ABB in Baden in der Schweiz hergestellt und im ABB-Werk für Antriebstechnik im deutschen Minden in Energiespeichersysteme integriert. „Unsere Energiespeichersysteme und unser Portfolio von hocheffizienten Traktionsumrichtern ergänzen sich perfekt“, sagt Edgar Keller, Leiter der ABB-Division Traction. „Wir bündeln unsere langjährige Erfahrung im Batteriebereich mit umfassendem Know-how über Antriebstechnik, um innovative Lösungen für unsere Kunden zu entwickeln.“

Neben dem Auftrag für die Batterie-Züge in Schleswig-Holstein wird ABB nach eigenen Angaben auch Traktionsumrichter nach Berlin liefern. Diese sollen in mehr als 600 U-Bahn-Wagen der BVG installiert werden.
schleswig-holstein.dekn-online.destadlerrail.comln-online.de (Alstom), newstix.de (Update I), abb.com (Update II)

13 Kommentare

zu „Schleswig-Holstein bestellt 55 Akku-Züge bei Stadler“
Michael
22.06.2019 um 23:45
Auch auf der Schiene könnte eine Oberleitung wie sie gerade auf Autobahnen gebaut werden die Batterie während der Fahrt laden und die Reichweite erhöhen.
frie
24.10.2022 um 19:05
So ist es ja auch in dem Artikel geschrieben. Der Akku soll in den ohnehin elektrifizierten Bereichen (und nach Erfordernis weiteren, neuen, kleinen Abschnitten) über vorhandene Oberleitungen geladen werden. Auf der Strecke Lübeck - Kiel, die in gut einem Monat mit diesen Zügen bedient werden soll, sind die Abschnitte Lübeck - Bad Schwartau elektrifiziert, und am anderen Ende innerhalb des Kieler Stadtbereichs. Nicht sehr üppig, vielleicht 10km von insgesamt rd. 80-85 Schienenkilometern. Allerdings haben die Züge in beiden Bahnhöfen üblicherweise auch jeweils 15-30 Minuten Aufenthalt, und das scheint ja dann wohl zu funktionieren. Wenn nicht kann ich in 2-3 Monaten berichten, ich Pendel auf einem Teil dieser Strecke täglich ;)
Ole
28.06.2022 um 22:26
Gerade die Idee, mit Akku zu fahren hat den Charme, dass in einem relativ verkehrsschwachen Gebiet keine aufwendigen Oberleitungen gebaut werden müssen.
Robert
24.06.2019 um 07:09
das ist doch Unsinn wenn ich eine Oberleitung habe kann ich die energie doch dann direkt in die E-Motoren leiten ohne umweg über die Batterie. die Batterie ist nur sinnvoll für Strecken ohne Oberleitung wie im Artikel angegeben.
Bartholomäus Steiner
24.06.2019 um 13:42
Das finde ich sehr sinnvoll, denn meiner Einschätzung nach, braucht man eigentlich nur beim ersten Anfahren vom Bahnhof weg am meisten Leistung. Das können Oberleitungen welche nur am Banhhof sind, übernehmen. Dann hat der Zug Schwung und benötigt nurnoch zum Geschwindigkeit erhalten Leistung aus dem Akku.
Marco Meier
14.04.2020 um 21:14
Leistung = Geschwindigkeit x Zugkraft... die meiste Leistung wird also nicht beim Bahnhof benötigt, sondern wenn der Zug (zumeist ausserhalb des Bahnhofs) auf die maximale Geschwindigkeit beschleunigen kann. In der Nähe des Bahnhofs ist die Geschwindigkeit oftmals stark begrenzt.
Bartholomäus Steiner
30.06.2020 um 00:51
Ich weiß, was Sie meinen, aber was definieren Sie mit "außerhalb des Bahnhofs"? Ich habe es nämlich so gemeint, dass die Oberleitungen nicht nur am Bahnhof sind und direkt nach dem Ende des Bahnsteigs abrupt aufhören, sondern, dass diese so weit hinaus weiter gehen, bis keine Beschleunigungsleistung mehr benötigt wird. Also man baut die Oberleitungen noch ein paar hundert Meter weiter. P.S.: Erst jetzt sehe ich Ihre Antwort. Ist ja doof, dass man keine Benachrichtigung bekommt, wir geben doch eh unsere Mailadresse ein.
Manfred Stummer
14.04.2020 um 07:39
Auf einer gleichbleibenden Strecke von A nach B würde ich trotzdem ein Oberleitungsnetz aufbauen. Technisch leicht durchführbar und gut für sicherlich 100 Jahre. Höchste Energieeffizienz ist außerdem garantiert.
Kai
14.04.2020 um 10:36
Die Energieeffizienz des Fahrzeugs ist natürlich ohne Zwischenspeicher besser. Die Energieeffizienz des Speichers bei dem vorgesehenen Betrieb über die Laufzeit wird aber nicht so schlecht sein, dass sich der Aufbau und die Unterhaltung der Oberleitung über die ganze Strecke als effizient erweisen würde.
Marco Meier
14.04.2020 um 21:11
Batterien lohnen sich bei kürzeren, nicht-elektrifizerten Strecken, welche nicht allzu stark frequentiert sind. Mit steigender Frequenz kommt man dem Break-Even näher, das sich der Bau einer Oberleitung lohnt (vom finanziellen und vom ökologischen Standpunkt her).Bei längeren, schwach frequentierten Stecken kann ein wasserstoffelektrischer Antrieb anstelle des batterieelektrischen Antriebs sinnvoller sein.
Franz-J. Rüther
17.05.2021 um 02:09
Es gibt noch keine Elektrolyseure im Industriemaßstab. Damit stammt der Wasserstoff aus Erdgas. Bei dem Dampfreformingverfahren werden pro kg Wasserstoff auch 10 kg CO2 emittiert! Mit der Strommenge, die grüner Wasserstoff für 100 km benötigen wird, können Batteriezüge bereits 350 km bis 400 km weit fahren. Oder umgerechnet brauchen Wasserstoffantriebe 3,5 bis 4 Windräder statt einem Windrad für den Batteriezug. Weiter hatte Alsthom wegen seines Wasserstoffzuges gegen die Vergabekriterien (Züge liefern + Züge über 30 Jahre instand halten + Ladeinfrastruktur im gesamten Bundesland errichten) vor dem OVG geklagt - und verloren. Alsthom hatte folglich kein Angebot abgegeben!
mike
15.04.2020 um 10:54
ich glaub bei schwach frequentierten Strecken lohnt sich eine Eisenbahn nie. E-LKW und Oberleitungs-Bahn sollten vernünftig kombiniert werden.
Robert Merz
04.11.2020 um 18:38
E-Lkw ist ... Blödsinn!

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