Protean stellt Antriebskonzept mit 360-Grad-Lenkung vor

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Der Radnabenmotoren-Spezialist Protean Electric stellt mit Protean360+ ein neues E-Antriebskonzept vor. Die Antriebseinheit soll insbesondere Elektro-Shuttles für urbane Mobilität eine außergewöhnliche Manövrierbarkeit verleihen. Dennoch bleiben einige Fragen offen.

Das britische Unternehmen beschreibt die Antriebe auch als „corner module“: Das System kombiniert Antriebsstrang, Lenkung und Aufhängung in einer einzelnen Komponente. So können die selben Module an allen vier Ecken des Fahrzeugs verbaut werden – Unterschiede zwischen Vorder- und Hinterachse gibt es in diesem Fall nicht mehr.

Das jetzt vorgestellte Modul ist laut Protean das erste seiner Art für den Einsatz in Nutzfahrzeugen. Der Antrieb ist weniger für private Fahrzeuge entwickelt, sondern eher für People Carrier, also autonome Kleinbusse in urbanen Mobilitätssystemen. Ein Vorteil dieses Antriebs: Da die gesamte Antriebstechnik in den Rädern sitzt, ist der Einstieg für Passagiere theoretisch von vorne, hinten und der Seite möglich.

Wie sehr der Antrieb auf solche Fahrzeugkonzepte hinentwickelt wurde, zeigen weitere Details: Alle vier Räder können um 360 Grad gedreht werden, womit die Fahrzeuge auch quer zur eigentlichen Fahrtrichtung fahren können – etwa in enge Lücken zum Ein- und Ausstieg. Dort ermöglicht eine pneumatische Höhenverstellung den Passagieren den stufenlosen Zugang von der Bordsteinkante ins Fahrzeug.

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Das neu entwickelte Querlenker-Konzept führt zu einer sehr kompakten Aufhängung und ist zum Patent angemeldet. Die kompakte Bauweise ermöglicht einen komplett ebenen Innenboden im Fahrzeug. Bei den People Carriern ist das wichtig, um etwa Rollstuhlfahrern den Zugang zu ermöglichen. Nutzt man die Technologie für ein Fracht-Modul zum Warentransport, kann der Laderaum optimal ausgenutzt werden.

Die Technologie eignet sich unter anderem für modulare Transporter wie den Rinspeed Snap, Schaeffler Mover oder Mercedes Vision Urbanetic. Diese fahrbaren Plattformen können mit unterschiedlichsten Modulen ausgerüstet werden und so über den Tag verteilt in einem urbanen Mobilitätsumfeld mehrere Aufgaben wahrnehmen – in den Stoßzeiten Pendler transportieren, tagsüber Pakete ausliefern und nachts für die Müllabfuhr eingesetzt werden.

„Transportdienstleistungen sind in der urbanen Mobilität im Aufwind und es bedarf einer neuen Klasse von innerstädtischen Transportfahrzeugen“, sagt KY Chan, CEO von Protean Electric. „Ob Privat oder Sharing, für Passagiere oder Güter, von Menschenhand bedient oder autonom – diese neuen Transporter müssen mit neuer Technologie ausgestattet sein, um ihren Zweck optimal zu erfüllen.“ Aus diesem Gedanken sei das Konzept der „corner modules“ entstanden.

In einer Mitteilung, die electrive.net vorliegt, stellt Protean zwar die diversen Technologien vor, wie etwa die 360-Grad-Lenkung möglich wird, ohne die Kabel zu verdrehen oder auch, wie die neue Querlenker-Geometrie die gewünschten kinematischen Effekte erzielt. Wie das Unternehmen das große Problem von Radnabenmotoren, die hohen ungefederten Massen, angegangen ist, wird daraus aber nicht klar.

Radnabenmotoren an sich sind keine neue Erfindung, haben sich in Großserien-Elektroautos aber bislang nicht durchgesetzt. Da die Motoren im Rad sitzen, werden die ungefederten Massen deutlich größer. Das mindert bei höheren Geschwindigkeiten den Federungskomfort enorm. In einem Shuttle-Fahrzeug fällt das zwar nicht so sehr ins Gewicht, auf größeren Ausfallstraßen oder Stadtautobahnen können aber auch solche Fahrzeuge theoretisch bis zu 100 km/h schnell werden.

Protean deutet hier nur eine Lösung an: Das Design des ProteanDrive Motors sei auf hohes Drehmoment und niedrige Geschwindigkeit ausgerichtet. Wie langsam das ist, beziffert das Unternehmen nicht. An den reinen Leistungsdaten des Motors wird es nicht liegen: Jeder ProteanDrive Pd18 (passend für 18-Zoll-Räder) leistet 80 kW und entfaltet bis zu 1.250 Newtonmeter Drehmoment.

Protean Electric wurde 2008 gegründet und hält nach eigenen Angaben über 160 Patente rund um Elektromotoren. Im Juni 2019 wurde bekannt, dass die Saab-Nachfolgefirma NEVS (National Electric Vehicle Sweden) Protean übernommen hat, um dessen elektrische Antriebstechnologie in künftigen Elektroautos einzusetzen. Protean Electric wird weiterhin als unabhängiges Unternehmen geführt. Über NEVS gehört Protean damit zu dem chinesischen Immobilienkonzern Evergrande, der in den vergangenen Monaten stark in die Elektromobilität investiert hat.
Quelle: Info per E-Mail

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