Benteler und FEV koopiereren mit Evergrande
Der chinesische Immobilienkonzern Evergrande holt sich für seine ambitionierten Elektroauto-Pläne weitere Kompetenz aus Deutschland an Bord. Der Paderborner Zulieferer Benteler und der Entwicklungsdienstleister FEV aus Aachen gehören jetzt zu den Partnern.
Nachdem kürzlich bereits ein Joint Venture mit dem deutschen Antriebsspezialisten Hofer Powertrain angekündigt wurde, kooperiert der E-Auto-Ableger von Evergrande nun auch mit Benteler und der FEV Group und verschafft sich damit Zugriff auf eine Elektroauto-Plattform. Zwei chinesische Medienberichte wurden von NEVS, einer Tochter von Evergrande, auf Instagram bestätigt.
Den Berichten zufolge wurde mit dem Kooperationsvertrag das „geistige Eigentum ihrer Weltklasse-3.0-Chassis-Architektur“ an Evergrande übertragen. Gegenüber electrive.net erklärte Benteler, dass man eine Lizenz der aktuellen Version des „Electric Drive System 2.0“ verkauft habe – also jenes Systems, das Benteler erst in diesem April auf der Shanghai Auto Show vorgestellt hatte. „Evergrande hat damit die Rechte und die Daten, um ein Benteler Electric Drive System zu bauen und weiter zu entwickeln“, so das Unternehmen. Dabei werde Benteler seinen Kunden unterstützen. Bei der „new energy auto chassis architecture 3.0“, von der die chinesischen Medien schreiben, handle es sich um eine geplante, aber noch nicht umgesetzte Weiterentwicklung auf Basis des „Electric Drive System 2.0“.
Bei der Premiere im April beschrieb Benteler das System als „ein Beispiel für die gesamte Ingenieur- und Metallverarbeitungskompetenz des Unternehmens“. Diese reiche von Komponenten und Modulen für Chassis, Karosserie sowie Motor- und Abgasanwendungen bis hin zu modularen Systemlösungen im Bereich der Elektromobilität.
In der 3.0-Architektur sollen laut den chinesischen Medien der Antriebsstrang, die Aufhängung, das Steuerungssystem und das Bremssystem integriert und durch das modulare Design besonders variabel sein. Da es sich bei der angeblichen Übertragung des geistigen Eigentums lediglich um eine Lizenz handelt, bleibt das Geschäft mit der „Electric Drive System 2.0“ von Benteler für Drittkunden unberührt. „Wir werden das Benteler Electric Drive System stets weiterentwickeln und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit weiteren Kunden“, so das Unternehmen.
Klar ist aber der Schub, den sich Evergrande für sein Elektroauto-Projekt erhofft: Mit der neuen Plattform solle der Forschungs- und Entwicklungszyklus um mehr als drei Jahre verkürzt werden, teilte das Unternehmen mit. Offen ist noch die Rolle der FEV Group: Der Entwicklungsdienstleister ist in mehr als 40 Ländern aktiv und ist ursprünglich mit der Entwicklung von Verbrennungsmotoren groß geworden. In den vergangenen Jahren hatte sich die FEV aber auch zunehmend mit neuen Antriebstechnologien beschäftigt und ihre Kompetenzen (u.a. mit Übernahmen) auf die Gesamtfahrzeugentwicklung und auch den Karosseriebau erweitert.
Evergrande nimmt derzeit viel Geld für Kooperationen und Übernahmen in die Hand, um mit der Produktion der ersten Modelle so schnell wie möglich beginnen zu können: Im Januar ist Evergrande Health als neuer Haupteigentümer bei NEVS eingestiegen und hat auch 20 Prozent der Anteile des schwedischen Sportwagenherstellers Koenigsegg übernommen. „Evergrande strebt an, innerhalb von drei bis fünf Jahren die größte und stärkste Elektrofahrzeug-Gruppe der Welt zu werden“, wurde Firmenchef Hui Ka Yan im März zitiert.
Geplant sind eine Produktionsstätte für nicht weniger als eine Million E-Autos jährlich und zwei weitere Werke für die Produktion von Batterien mit einer Gesamtkapazität von 50 GWh pro Jahr. In die drei Werke investiert Evergrande umgerechnet rund 23 Milliarden Dollar.
Anfang Juni übernahm NEVS zudem Protean Electric, einen britischen Spezialisten für Radnabenmotoren. Diese sollen in den künftigen Elektroautos von NEVS und Evergrande eingesetzt werden. Zudem hat der Konzern das chinesisch-japanische Joint Venture Shanghai Cenat New Energy Co übernommen, um Batteriezellen zu entwickeln. Dazu kommt die im Juli verkündete Kooperation mit Hofer Powetrain, um Elektromotoren zu entwickeln.
Eine konkrete Ankündigung für ein erstes Modell steht allerdings immer noch aus. Im Juli hatte zwar NEVS mit der Produktion seines ersten Elektroautos begonnen – dabei handelt es sich aber immer noch um ein Auto auf Basis des Saab 9-3. NEVS (National Electric Vehicle Sweden) hatte schließlich nach der Saab-Insolvenz die Rechte übernommen. Seit Evergrande die Macht hat, wurde das alte Auto reaktiviert, überarbeitet und jetzt als NEVS 9-3 vermarktet.
gasgoo.com, yicaiglobal.com
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