Peugeot e-208: Gutes Auto, schwierige Bedingungen
Das Interesse am Peugeot e-208 ist hoch, höher als die Franzosen selbst kalkuliert haben. Eine erste Testfahrt einige Monate vor Auslieferungsbeginn zeigt, worauf sich die Kunden freuen können – aber auch, wo es noch hakt.
Ja, Peugeot war offenbar selbst davon überrascht, wie gut der e-208 ankommt. Rund ein Viertel der Vorbestellungen für den neuen Peugeot 208 entfällt laut Markenchef Jean-Philippe Imparato bislang auf die Elektro-Version e-208. Gerechnet hatte Peugeot lediglich mit zehn Prozent.
Peugeot will sich zwar offiziell noch nicht dazu äußern, ob die hohe Nachfrage der Elektro-Version an den Early Adoptern liegt und nach der Premiere etwas abflacht oder ob sie dauerhaft so hoch bleiben wird. Während der Fahrpräsentation des 208 konnten wir eine Runde mit dem e-208 drehen – mit vielversprechenden Erfahrungen.
Das liegt auch am Design des Kleinwagens: Er ist nur anhand weniger Details von seinen Verbrenner-Brüdern zu unterscheiden – selbst der technisch überflüssige Kühlergrill bleibt erhalten, wenn auch mit einer anderen, Elektro-spezifischen Optik. Eine komplett geschlossene Kühlermaske wie etwa bei den E-Modellen von Hyundai und Kia gibt es beim Franzosen nicht.
Erst für das Modell entscheiden, dann für den Antrieb
Eine von vielen bewussten Entscheidungen, wie Peugeot seine Philosophie erklärt: Der Kunde solle sich zuerst für das Modell und erst dann für den passenden Antrieb entscheiden. Das Marketing will also in erster Linie 208-Interessenten für den Elektroantrieb begeistern und nicht unbedingt Kunden, die ein Elektroauto wollen – egal welcher Marke, Hauptsache Eigenschaften und Preis stimmen. Dabei stützt sich Peugeot auf eine eigens durchgeführte Umfrage.
Folglich entspricht auch der Innenraum des e-208 praktisch jenem aus den Verbrenner-Modellen. Diese sind durchgehend modern gezeichnet, unterscheiden sich aber in der einfacheren Active-Ausstattung und den teureren Optionen Allure und GT deutlich. Während die günstigere Variante ein Cockpit mit klassischen Rundinstrumenten erhält, haben die beiden höheren Ausstattungen ein 10-Zoll-Display mit 3D-Effekten als digitales Kombiinstrument. Materialien und Verarbeitungsqualität wirken aber in allen Varianten für den Fahrzeugpreis angemessen.
Kunden müssen sich aber bewusst sein, dass Peugeot beim e-208 auch auf das sogenannte i-Cockpit setzt – also jene Lenkrad-Anordnung, die in inzwischen allen Modellen zu finden ist. Das kleine Lenkrad sitzt dabei extrem tief, sodass der Fahrer nicht durch das Lenkrad auf das Kombiinstrument schaut, sondern darüber hinweg. Das funktioniert nach kurzer Eingewöhnung tadellos – allerdings kann es je nach Körpergröße etwas schwieriger werden, eine bequeme Sitzposition zu finden. Kann, muss aber nicht.
Hat man einmal hinter dem Steuer Platz genommen, fallen in dem Testwagen (GT-Ausstattung) die verspielten Anzeigen des digitalen Kombiinstruments auf – je nach Geschmack zu verspielt. Es gibt aber auch einen „Minimal“-Modus, in dem die Designer auf den 3D-Effekt verzichtet haben. Wer aber etwa die Verbrauchsdaten, die Navi-Karte oder die Infos zum Abstands-Radar nutzen will, kommt um die dreidimensionalen Animationen nicht herum. Insgesamt fällt aber das gute Ausstattungsniveau auf, im e-208 gibt es fast alle Assistenzsysteme, die Peugeot auch im großen 508 anbietet – ja, der GT ist die teuerste Ausstattung, aber der 208 ist immer noch ein Kleinwagen.
Straffes Fahrwerk
Wer sich für den GT interessiert (laut Peugeot Deutschland sind das beim e-208 immerhin 20 Prozent aller Kunden) muss sich aber auch bewusst sein, dass der GT ein anderes Fahrwerk hat. Die Spur ist zwei Zentimeter breiter als bei den anderen Ausstattungen, die Dämpfer sind etwas härter. Das sorgt zwar für ein sportlicheres Fahrverhalten in Kurven, aber auch für einen schlechteren Federungskomfort bei einem bereits in der Basis eher straff abgestimmten Auto.
Unabhängig von dem GT-Fahrwerk lässt sich der e-208 mit dem 100 kW starken E-Motor von Vitesco recht flott bewegen. Allerdings ist dann auch die WLTP-Normreichweite von 340 Kilometern noch unrealistischer als ohnehin schon. Einen Realverbrauch können wir nach der Testfahrt allerdings noch nicht nennen, dazu war die Strecke leider zu kurz. Je nach Fahrweise und Fahrprofil erscheinen zwischen 250 und 290 Kilometer bei warmen Umgebungstemperaturen möglich.
Dabei hilft auch der Wagen selbst, denn mit jedem Start wählt der e-208 den Normal-Modus – nicht nur dank zweier Rekuperations-Modi. Die volle Leistung von 100 kW (und die damit verbundenen 8,1 Sekunden auf 100 km/h) steht nur im Sport-Modus zur Verfügung. Im Normal-Modus reduziert Peugeot die Leistung auf 80 kW, im Eco-Modus sogar auf 60 kW – hier wird dann auch die Leistung der Klimaanlage (Wärmepumpe ist serienmäßig) reduziert. Dank des Drehmoments des Elektromotors fällt die Leistungsreduzierung im Eco-Modus bei niedrigeren Geschwindigkeiten kaum auf. Beim Beschleunigen über 80 km/h sind die Unterschiede zwischen den Fahrmodi deutlicher spürbar.
Ist die Batterie mit ihren 46 kWh Netto-Kapazität (acht Jahre oder 160.000 Kilometer Garantie) leer, kann der e-208 mit bis zu 80 kW DC in 30 Minuten auf 80 Prozent SoC geladen werden. An einer öffentlichen AC-Ladesäule oder Wallbox mit 11 kW dauert der Ladevorgang auf 100 Prozent etwas über fünf Stunden, an einer Haushaltssteckdose mit 1,8 kW jedoch über 24 Stunden. Eine Option auf 22-kW-Laden mit Wechselstrom bietet Peugeot nicht an. Während in anderen Ländern der e-208 ein einphasiges AC-Ladegerät (maximal 7,4 kW) erhält, wird er in Deutschland immer mit einem 11-kW-Dreiphasen-Lader ausgeliefert – auch wenn es sich bei den ersten Vorführfahrzeugen bei Händlern noch um die französischen Modelle mit einphasigem Onboard-Lader handeln kann.
Kein Frunk, keine Anhängerkupplung
Wie etwa schon beim Hyundai Kona Elektro, Kia e-Niro und sogar beim Mercedes EQC zeigen sich an der ein oder anderen Stelle aber doch Nachteile, wenn ein Elektroauto auf einer gemeinsamen Plattform mit Verbrenner-Modellen steht. Ein gesondertes Fach für das Ladekabel gibt es etwa nicht: Unter der Motorhaube verdeckt nur eine große schwarze Plastikabdeckung den Blick in den ansonsten recht leeren Motorraum, ein „Frunk“ fehlt aber. So muss das Ladekabel in den Kofferraum, wo es entweder quer rumliegt oder jedes Mal in einer Tasche verstaut werden muss. Peugeot will beim e-208 optional einen doppelten Ladeboden anbieten, wie electrive.net am Rande der Veranstaltung erfahren hat. Damit stört das Ladekabel zwar weniger, aber das Ladevolumen sinkt – und bei beladenem Kofferraum wird es so deutlich komplizierter, wenn man an das Ladekabel im unteren Fach muss.
Anders als Hyundai/Kia hat sich PSA dazu entschieden, die Ladebuchse einfach anstelle des Tankstutzens einzubauen. Während die koreanischen Modelle an der Front geladen werden können, befindet sich die CCS-Buchse beim e-208 (und auch Corsa-e) auf der Fahrerseite über dem Hinterrad – an öffentlichen AC-Ladesäulen nicht die beste Position, wenn man auf der dem Verkehr zugewandten Seite mit dem Ladekabel hantieren muss.
Ab Werk wird der e-208 lediglich mit einem Mode-2-Ladekabel für die Haushaltssteckdose ausgeliefert, ein Mode-3-Ladekabel soll optional erhältlich sein. Ähnlich wie Opel beim Corsa-e wird Peugeot auch ein „Universal-Ladekabel“ anbieten, das als mobile Ladestation die Funktionen des Mode-2- und Mode-3-Kabel vereint. Mit verschiedenen Adaptern lässt sich dieses Kabel an verschiedenen Steckdosen oder Ladesäulen anschließen – dabei handelt es sich um einen neu gebrandeten JuiceBooster der Schweizer Firma Juice Technologies. Einen Preis nannte eine Sprecherin am Rande der Fahrvorstellung noch nicht, auch in der offiziellen Preisliste tauchen das Mode-3-Kabel und das Universal-Ladekabel noch nicht auf.
Peugeot geht übrigens davon aus, dass 90 Prozent der Kunden zuhause laden werden. Laut der eigenen Marktforschung würden derzeit quasi nur die Interessenten ein Elektroauto kaufen, die auch zuhause laden können. Die „Laternenparker“ ohne festen Stellplatz mit Lademöglichkeit stehen zunächst also nicht im Fokus – ob die Prognose zutrifft, wird sich zeigen.
A propos Marktforschung: Eine Anhängerkupplung wird beim e-208 nicht angeboten. PSA begründet das damit, dass weniger als zwei Prozent aller Kunden im B-Segment überhaupt eine Anhängerkupplung nutzen würden. Ob eine Nachrüst-Lösung zumindest für Fahrradträger zugelassen wird, ist derzeit noch offen.
Bei den Nutzungskosten gleich teuer wie ein Benziner
Bereits seit dem Sommer ist bekannt, dass der e-208 mindestens 30.450 Euro kosten wird und damit 550 Euro mehr als der Corsa-e. Rund 40 Prozent aller e-208-Kunden werden sich laut Peugeot für diese Einstiegsvariante entscheiden, 25 Prozent für den 32.200 Euro teuren Allure und wie erwähnt 20 Prozent für den GT (36.600 Euro). Die restlichen 15 Prozent entfallen auf „GT Line“, ein 2.100 Euro teures Zusatzpaket für die Allure-Ausstattung.
Der Preis von mindestens 30.450 Euro wirkt hoch für einen Kleinwagen, auch angesichts des Einstiegspreises von 15.490 Euro für den 75-PS-Benziner – und selbst im Vergleich zu dem mindestens 23.500 Euro teuren 130-PS-Benziner. Peugeot selber macht jedoch eine andere Rechnung auf: die Gesamtnutzungskosten.
Bei den TCU (Total Cost of Usage) liegen der Verbrenner und die Elektrovariante in der Active-Ausstattung pro Monat gleichauf, die Kosten verteilen sich nur anders. Die Leasingrate für den Verbrenner (49 Monate, 40.000 Kilometer) veranschlagen die Franzosen mit 188 Euro, Benzin und Wartung mit 76 Euro pro Monat. Beim e-208 liegt die Leasingrate in dem Rechenbeispiel bei 238 Euro, Energie und Wartung kosten 29 Euro. Macht – trotz des höheren Anschaffungspreises bzw. Leasingrate – in beiden Fällen genau 267 Euro pro Monat. Allerdings handelt es sich hierbei um ein Rechenbeispiel – genaue Leasingangebote sollen vor der Auslieferung kommuniziert werden.
Während die Verbrenner-Varianten bereits im November zu den Kunden kommen, werden die ersten e-208 im Februar 2020 ausgeliefert. Wie am Rande der Fahrveranstaltung zu hören war, ist mit dem hohen E-Anteil bei den Vorbestellern das Kontingent für den deutschen Markt für 2020 schon beinahe vergeben. Peugeot Deutschland will mit dem neuen 208 die Absatzzahlen des Vorgängers nach eigenen Angaben übertreffen. Im besten Jahr waren das rund 20.000 Einheiten – bei zehn Prozent Elektroanteil entspräche das 2.000 e-208 pro Jahr in Deutschland.
Wenn die Lieferzeiten nicht wie bei Hyundai und Kia in die Höhe schnellen sollen, muss Peugeot-Markenchef Imparato wohl doch den E-Anteil in der Produktion erhöhen. Im Fall der Fälle könnte Peugeot die Produktion des e-208 laut dem Markenchef auf bis zu 20 Prozent erhöhen. Wir bei electrive.net werden die Lage beobachten!
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