Autohaus Sangl: 1.000 Elektroautos aus Landsberg am Lech
1.000 ausgelieferte Elektroautos in einem Handelsbetrieb – diese Marke hat jetzt ein kleiner Hyundai-Händler aus Landsberg am Lech erreicht. Wie hat das Autohaus Sangl das geschafft?
Ein Kona Elektro in „Dark Knight“-Grau für die Firma Nelhiebel Elektrotechnik in München – das war an diesem Freitag die 1.000 Auslieferung eines Elektroautos im Autohaus Sangl. Diese enorme Zahl hat aber nicht lange Bestand: Nelhiebel nahm auch noch die Nummer 1.001 und 1.002 mit – der auf Ladeinfrastruktur spezialisierte Elektroinstallateur hatte gleich drei Kona Elektro für seine bereits aus einigen Kona bestehende rein elektrisch angetriebene Firmenflotte geordert. Zudem wurde noch ein Ioniq Elektro an einen Privatkunden ausgeliefert.
Der Weg zu 1.003 Elektroautos begann offiziell 2016 mit einem Ioniq Elektro. Inoffiziell aber schon im Jahr 2011: Das Autohaus Sangl führt neben Hyundai auch Kia und Mitsubishi. Damals kam das erste Exemplar des i-MiEV auf den Hof des Autohauses. „Nach den ersten paar Metern war ich begeistert“, sagt Jürgen Sangl, einer der drei geschäftsführenden Brüder des Autohauses, im Gespräch mit electrive.net. „Mir war klar, dass das die Zukunft ist. Ich habe seitdem darauf gehofft, dass massenkompatible E-Autos kommen – vor allem von Mitsubishi, denn sie waren ja früh mit dabei.“
Gut verkauft hat sich der eigenwillig designte Kleinwagen nicht, auch wegen der geringen Reichweite und des hohen Preises von über 30.000 Euro. Die Hoffnung nach Elektroautos in größeren Stückzahlen erfüllte sich erst 2016, aber nicht bei Mitsubishi, sondern bei Hyundai mit dem Ioniq Elektro. Und Sangl griff sofort zu. „Noch vor der Markteinführung habe ich bei Hyundai mehrere Autos bestellt“, sagt der Händler. „Nachdem andere Händler die für sie vorgesehenen Fahrzeuge nicht wollten, habe ich die verfügbaren Autos ebenfalls bestellt.“
Viele Händler glaubten noch nicht so recht an den Erfolg der Elektroautos, die im Zuge von Dieselgate losgetretene Debatte um Schadstoffemissionen und Fahrverbote hin oder her. Sangl hingegen wollte sein Wissen über die Technik und Hintergründe vertiefen, meldete sich im Forum „GoingElectric“ an und diskutierte viel mit anderen über Themen, die (angehende) Elektroautofahrer beschäftigten. So kam auch der Kontakt mit einigen Käufern zustande, die sonst wohl nicht bei einem Autohaus in Landsberg bestellt hätten.
Wichtig aber auch: die Lieferfähigkeit. Da Jürgen Sangl angesichts der ersten Verkaufserfolge weiterhin viele Elektroautos bestellte, sobald diese irgendwo verfügbar waren, konnte das Autohaus den Kunden kürzere Lieferzeiten bieten als andere Händler. „Das war natürlich auch ein gewisses Risiko, dass ich so viele Autos bestellt habe“, sagt Sangl. Auch die Brüder hätten angesichts der Summen immer wieder schlucken müssen.
Ein Risiko, dass sich ausgezahlt hat – und dass eben wenige Händler eingegangen sind. „Unter unseren deutschlandweiten Kunden sind auch viele dabei, die sonst wahrscheinlich aufgegeben und gar kein Elektroauto gekauft hätten“, sagt Sangl. „Hätte ein Händler in Hamburg das selbe Engagement gezeigt, hätte auch er das Auto verkaufen können.“
Unter den Händler-Kollegen erhält das Landsberger Autohaus mit ihren Elektroautos ganz unterschiedliches Feedback. „Vielen ist es einfach egal, die interessieren sich nach wie vor nicht für Elektroautos“, so Sangl. „Andere zögern noch, finden es aber gut, was wir machen.“ Bei einigen wenigen sei aber auch Neid und Missgunst dabei.
Der Druck der Hersteller auf den Handel steigt
Insgesamt sieht Sangl unter den Händlern noch einen großen Nachholbedarf. „Der Verkäufer muss überzeugen. Es gehört zum Handwerkszeug des Verkäufers, sich über die übliche Schulung hinaus mit dem Produkt auseinanderzusetzen“, so Sangl. Was bei einem neuen Automatikgetriebe noch funktioniere, scheitere aber beim Elektroauto – auch wegen der eigenen Einstellung. „Das ist ein wenig wie in der Schule: Der Lehrer kann viel erzählen, aber wenn der Schüler es nicht annimmt, wird er es nicht umsetzen.“
Viel Zeit bleibt den Handelsbetrieben angesichts der angekündigten Elektro-Offensiven und der drohenden CO2-Strafen nicht mehr, in der Elektromobilität fit zu werden. Die Hersteller und Importeure erhöhen dann den Druck auf den Handel, wenn sie ihre E-Absatzziele gefährdet sehen – ansonsten drohen Strafzahlungen der EU.
Mit den steigenden Stückzahlen und der besseren Verfügbarkeit wird sich laut Sangl ein weiteres Problem abmildern. „Im Handel ist die Motivation für Produkte mit langen Lieferzeiten oft nicht sehr hoch“, sagt der Händler. „Da wird sich viel tun, wenn die Produkte quasi ab Hof lieferbar sind.“
Und auch die Kunden werden sich dann ändern. „Bisher waren die Elektro-Kunden überdurchschnittlich gut informiert und teilweise wahre Elektro-Fans“, sagt Sangl. „Diese Kunden müssen wir nicht mehr überzeugen, sondern nur noch im Detail fachlich beraten. Die große Aufgabe wird es dann, Kunden zu überzeugen, die zwischen verschiedenen Antriebsarten schwanken.“
Dass Sangl einen Benziner oder Diesel ausliefert, kommt übrigens immer seltener vor. „Bei Hyundai erwarten wir dieses Jahr einen Rekord mit etwa 600 Neuwagen“, sagt Sangl. 500 davon sind reine Elektroautos. Macht eine Elektro-Quote von über 80 Prozent. Und da sage noch einer, dass sich Elektroautos nicht verkaufen.
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