Netze BW: Blackout in der E-Mobility-Allee bleibt aus
Wie Elektromobilität das Stromnetz beeinflusst, hat die EnBW-Tochter Netze BW im Projekt „E-Mobility-Allee” in Ostfildern getestet. Die positive Bilanz nach 18 Monaten zeigt, dass die Netzbelastung geringer war als befürchtet – der Blackout blieb aus.
Gerade im Ortsverteilnetz besteht die Befürchtung, dass der Markthochlauf der Elektromobilität das Stromnetz über kurz oder lang in die Knie zwingt. Die größte Sorge ist dabei die Gleichzeitigkeit der Ladevorgänge.
Demnach hatte das Projekt zwei Schwerpunkte: Welche Auswirkungen hat das Ladeverhalten von Elektroauto-Nutzern auf das lokale Stromnetz? Und wie kann ein Netzbetreiber gegensteuern, wenn das Netz an seine Belastungsgrenzen kommt?
„Wir wollen uns nicht allein auf theoretische Berechnungen und Prognosen verlassen, sondern live beobachten und testen. Durch Projekte die E-Mobility Allee und ihre Folgeprojekte sind wir gerüstet, wenn der Hochlauf der Elektromobilität tatsächlich Fahrt aufnimmt“, sagte Martin Konermann, technischer Geschäftsführer der Netze BW. „Alle Seiten – nicht nur die Netze BW selbst, sondern auch die Teilnehmer und wir als Kommune – haben durch die spannende Zusammenarbeit viel dazu gelernt”, unterstrich Ostfilderns Bürgermeisterin Monika Bader die Bedeutung dieses Projekts.
Die EnBW hat es in der Heimat mal drauf angelegt: Die zehn an dem Vorhaben beteiligten Haushalte teilen sich einen Stromkreis. Von der Netze BW sind sie für das Projekt mit fünf VW e-Golf, drei Renault Zoe und zwei BMW i3 sowie gleich vielen Wallboxen ausgestattet worden. Im Wechsel wurde zudem ein Tesla Model S herumgereicht. Ursprünglich für zwölf Monate geplant, war das Projekt wegen des großen Interesses auf eineinhalb Jahre verlängert worden. Die teilnehmenden Haushalte reichten vom Vielfahrer bis zum Gelegenheitsfahrer und von der Familie mit Kindern bis zu Rentnern. Sie würden „ein typisches Wohngebiet mit Eigenheimen wie es häufig in Ballungsräumen vorkommt” repräsentieren. Schon im Januar dieses Jahres zeigte sich, dass die Netzbelastung geringer war als befürchtet.
Während des Zeitverlaufs veränderte sich das Ladeverhalten der Teilnehmer. Nach der Anfangsphase haben die Teilnehmer immer weniger die E-Autos geladen. Dadurch und durch die unterschiedlichen Nutzungsarten und Fahrzeugtypen waren nie mehr als fünf Fahrzeuge gleichzeitig am Netz – und selbst das nur in extrem seltenen Fällen (0,1 Prozent der Zeit). In 70 Prozent der Zeit wurde hingegen überhaupt nicht geladen. Ein weiteres Problem ist die Lastverteilung auf die einzelnen Phasen. Denn ein VW e-Golf lädt mit 7,2 kW über zwei Phasen. ein Renault Zoe nutzt alle drei Phasen und ein BMW i3 schaltet bei rund 75 Prozent Kapazität zwei von drei Phasen ab. Diese unterschiedliche Belastung der Phasen kann zu Unsymmetrien in den Netzen kommen. Aber: „Die oft geäußerte Befürchtung, wonach alle E-Autos nach Feierabend gleichzeitig laden und dadurch das Netz überlasten, scheint nach dieser Erfahrung nicht realistisch zu sein“, folgerte Projektleiterin Selma Lossau.
Bei den Eingriffsmöglichkeiten für den Netzbetreiber zeigte sich, dass vor allem das „intelligente Lademanagement“ großes Potenzial hat. In Kombination mit Batteriespeichern können die Stromnetze so entlastet werden. Denn neben einem Lastmanagement wurden zudem ein stationärer Batteriespeicher mit 19 kWh und ein weiterer freistehender mit 66 kWh eingesetzt. „Es war nicht einfach, den großen Speicher im bestehenden Quartier unterzubringen“, beschreibt Bürgermeisterin Monika Bader das Problem von Ballungsräumen.
Nach Abschluss der E-Mobility-Allee richtet die Netze BW den Blick nun aber auch weitere Konstellationen. Unter anderem werden im Raum Ludwigsburg ab November die Bewohner einer großen Wohnanlage mit 45 Elektroautos und 60 Ladepunkten ausgestattet, um auch hier das Verhalten und die Auswirkungen auf das Stromnetz kennenzulernen („E-Mobility-Carré“). Auch in einem ländlich geprägten Raum wird es ein Testfeld geben („E-Mobility-Chaussee“).
Mit der Belchenstraße wurde gezielt ein typisches Wohngebiet mit Eigenheimen im Ballungsraum ausgesucht. Dahinter steht die Annahme, dass die Elektromobilität in solchen Gebieten am schnellsten Fuß fassen wird und damit dort auch zuerst Herausforderungen für das Stromnetz entstehen. An dem Projekt beteiligt sich neben der EnBW-Tochter Netze BW die Stadt Ostfildern. Wissenschaftlich begleitet wird das Vorhaben von mehreren Hochschulinstituten.
stuttgarter-nachrichten.de, netze-bw.de
2 Kommentare