PSA und Fiat Chrysler Automobiles einigen sich auf Fusion
PSA und Fiat Chrysler haben sich auf einen Zusammenschluss verständigt. Die Details sind aber noch offen, eine Vereinbarung soll in den kommenden Wochen erarbeitet werden. Offen ist auch, was das für die Elektromobilität in dem neuen Konzern bedeutet.
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Wie beide Fahrzeughersteller mitteilen, ist ein Gemeinschaftsunternehmen mit Sitz in den Niederlanden geplant, das von PSA und Fiat Chrysler zu je 50 Prozent gehalten wird. CEO soll PSA-Chef Carlos Tavares werden, dem Verwaltungsrat soll der heutige FCA-Verwaltungsratsvorsitzende John Elkann vorsitzen – Elkann ist ein Enkel des langjährigen Fiat-Bosses Giovanni Agnelli.
Damit entstünde der am Absatz gemessen weltweit viertgrößte Automobilhersteller nach Volkswagen, Toyota und Renault-Nissan. Angestrebt werden ein Absatz von 8,7 Millionen Fahrzeugen pro Jahr, ein Gesamtumsatz von 170 Milliarden Euro und ein operatives Ergebnis von mehr als elf Milliarden Euro.
„Diese Konvergenz bietet allen Beteiligten einen erheblichen Mehrwert und eröffnet dem zusammengeschlossenen Unternehmen eine glänzende Zukunft“, sagt Tavares. „Ich bin zufrieden mit der Arbeit, die Mike [Manley, FCA-Chef, Anm. d. Red.] bereits geleistet hat, und freue mich sehr, mit ihm zusammen ein großartiges Unternehmen aufzubauen.“ Manley ergänzt: „Wir haben eine lange Geschichte erfolgreicher Zusammenarbeit mit der PSA-Gruppe und ich bin überzeugt, dass wir es zusammen mit unseren großartigen Mitarbeitern schaffen können ein globales Mobilitätsunternehmen von Weltklasse schaffen.“
Die Gründe für die Fusion sind die Kosten und damit verbunden die langfristige Wettbewerbsfähigkeit. Laut der Mitteilung der beiden Konzerne ließen sich mit der Fusion Synergien von 3,7 Milliarden Euro pro Jahr umsetzen, ohne dabei ein Werk zu schließen – allerdings werde das fusionierte Unternehmen 80 Prozent dieser Synergien erst in seinem fünften Jahr erzielen. Bis dahin fallen eher Kosten an: Den Einmalbetrag beziffern die Konzerne auf 2,8 Milliarden Euro. Klar ist: Auch in wichtigen Zukunftsfeldern wollen sich PSA und Fiat Chrysler künftig die hohen Kosten für neue Technologien wie Elektroautos und autonomes Fahren teilen.
Was mit dem 50:50-Gemeinschaftsunternehmen als „Fusion unter Gleichen“ angepriesen wird, ist aber ein Zusammenschluss zweier sehr unterschiedlicher Firmen. Für Fiat Chrysler ist das Geschäft in Europa in den vergangenen Jahren (abgesehen von kleineren Achtungserfolgen von Jeep) zunehmend schwerer geworden – dafür laufen die Verkäufe in Nordamerika mit Jeep und Dodge sehr gut, auch in China sind Chrysler und Jeep bekannte Marken. PSA hingegen ist nicht in Nordamerika aktiv, in China waren alle Versuche bislang nicht erfolgreich, dafür läuft es in Europa wieder rund und die Margen steigen stetig. Aus dieser Sicht würde ein Zusammenschluss global Sinn ergeben – in der Entwicklung und im Einkauf Synergien heben, ohne auf denselben Märkten in direkter Konkurrenz zu stehen.
PSA und FCA rollen ihre eigenen E-Plattformen aus
Offen ist aber, wie die beiden Konzerne das bei der Elektromobilität bewerkstelligen wollen. PSA bringt 2020 die kürzlich vorgestellten Peugeot e-208, den Opel Corsa-e und das Schwerstermodell DS 3 Crossback E-TENSE auf Basis der eigens entwickelten e-CMP auf den Markt. Mit der EMP2-Plattform sind bei größeren Modellen Plug-in-Hybride möglich, etwa im DS 7 oder Opel Grandland X. Bei FCA stehen 2020 ebenfalls einige Modellpremieren an, etwa der Jeep Renegade und Compass als PHEV, auf dem Genfer Autosalon soll im Frühjahr der neue elektrische Fiat 500 vorgestellt werden.
Kürzlich hatte Roberto di Stefano, Elektro-Chef von FCA, noch erklärt, man habe keine „Verspätung“. „Wir haben unsere Strategie eben nicht an die große Glocke gehängt“, sagte di Stefano. „Und jetzt sind wir zeitgleich mit unseren Mitbewerbern.“ Gerade von dem elektrischen Fiat 500, dessen genaue Bezeichnung FCA noch nicht verrät, verspricht sich der Konzern viel. Der Haken: Es soll nicht nur ein umgebauter Fiat 500 werden, sondern auf einer komplett neuen E-Plattform für kleinere Fahrzeuge aufbauen.
Soll heißen: Sowohl FCA als auch PSA mit der e-CMP rollen gerade ihre neuen E-Plattformen (oder im Falle von PSA eine Multi-Energy-Plattform für mehrere Antriebstechnologien) aus, die für viel Geld entwickelt wurden. Eine der Plattformen kurz nach dem Start wieder zu stoppen (und die Werke auf die andere Plattform umzurüsten), ist betriebswirtschaftlich ein Desaster. Der parallele Betrieb zweier ähnlicher Plattformen, ergibt auch wenig Sinn – wo man doch eigentlich schnell Synergien schaffen wollte. Nur einer von vielen Punkten, den die Verantwortlichen der beiden Konzerne bis zur finalen Vereinbarung klären müssen.
Die Fusion wird übrigens auch Auswirkungen auf den Zulieferer-Markt haben. PSA erklärte bereits, seine Anteile von 46 Prozent an Faurecia vor der Fusion abgeben zu wollen, wohl an die PSA-Aktionäre. FCA wird wohl dasselbe mit seinen Anteilen an Comau tun.
Update 18.12.2019: Nach der Ankündigung von Fusionsgesprächen Ende Oktober haben PSA und Fiat Chrysler Automobiles nun eine verbindliche Zusammenschlussvereinbarung unterzeichnet. Durch die Fusion, die noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Wettbewerbsbehörden steht und voraussichtlich in 12 bis 15 Monaten abgeschlossen sein soll, wird der gemessen am Absatz viertgrößte und gemessen am Umsatz drittgrößte globale Automobilhersteller entstehen.
Dabei wiederholten beide Unternehmen das Ziel, wonach mit der Fusion Spareffekte von 3,7 Milliarden Euro erzielt werden sollen, ohne eine Fabrik zu schließen. Bisher haben sich die Arbeitnehmervertreter hinter die Fusion gestellt, doch das könnte sich noch ändern: Laut einer Analyse der Schweizer Großbank UBS seien im Gemeinschaftsunternehmen neun der 28 europäischen Werke überflüssig, in Lateinamerika zwei von fünf. Alleine im italienischen FCA-Werk Melfi, wo bald der Jeep Renegade PHEV gebaut werden soll, war zuletzt mehr als die Hälfte der 7.300 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Andere Experten sprechen von rund 10.000 Mitarbeitern, die zu viel an Bord seien. Der fusionierte Konzern käme auf 410.000 Mitarbeiter weltweit.
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