Kaufprämie in Polen: Hoher Zuschuss für günstige E-Autos
Im August 2019 fuhren 6.672 elektrische Fahrzeuge auf polnischen Straßen, mit einem Anteil von gerade mal 0,2 Prozent ist Polen Schlusslicht in Mittelosteuropa. Dennoch oder gerade deswegen hat sich die polnische Regierung bei der E-Mobilität ehrgeizige Ziele gesetzt. Doch das neue Förderprogramm ist umstritten, wie Aleksandra Fedorska berichtet.
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Geht es nach den Politikern in Warschau, sollen bis 2030 mehr als 600.000 E-Autos in dem Land unterwegs sein. Die Ausgangslage in Polen und anderen mittelosteuropäischen Ländern ist sehr überschaubar. So kommt in der Slowakei lediglich ein Elektroauto auf 300 Autos mit Verbrennungsmotor, in Polen eines auf 500 Verbrenner. Zum Vergleich: In Deutschland hat jeder 50. Neuwagen einen elektrischen Antrieb.
Experten aus der Region verweisen darauf, dass es in der Vergangenheit kaum Förderprogramme gab, mit denen der Kauf eines elektrisch angetriebenen Fahrzeugs unterstützt würde. Statistiken des europäischen Autoherstellerverbandes (ACEA) zeigen aber, dass es mindestens zwei Ausnahmen gibt, die jedoch in ihren Resultaten kaum gegensätzlicher sein könnten. Slowenien wird ab Dezember die Kaufprämie für E-Autos auf bis zu 8.000 Euro anheben – von bereits üppigen 7.500 Euro. In der Folge hat es das Land mit 0,9 Prozent zur höchsten E-Auto-Quote in der Region gebracht. Das gegensätzliche Beispiel ist Rumänien: Das Land fördert E-Fahrzeuge mit bis zu 10.000 Euro, erreicht aber trotz dieser Kaufprämie mit einem Neuzulassungsanteil von 0,5 Prozent gerade einmal den Durchschnittswert in Mittelosteuropa.
In Polen gab es keinen Zuschuss vom Staat – bis jetzt. Am 19. November ist ein großzügiges Förderprogramm in Kraft getreten – zweifelsohne hofft die polnische Regierung dabei eher auf slowenische denn rumänische Ergebnisse. Die maximale Kaufprämie pro Auto wurde dabei auf 37.500 Zloty (8.600 Euro) festgelegt. Damit gehört Polen auf einen Schlag zu den großzügigsten Förderern der E-Mobilität in Europa. Doch es gibt einige Einschränkungen: Gefördert werden nur Batterie-elektrische Autos, deren Kaufpreis nicht über 125.000 Zloty (29.000 Euro) liegt. Ist ein Auto teurer, erhält es gar keine Förderung – eine gestaffelte Kaufprämie wie neuerdings in Deutschland gibt es nicht. Zudem wichtig: Unternehmen, Plug-in-Hybride und E-Busse sind von der Förderung ausgeschlossen.
Selbst Kompaktwagen sind zu teuer
Die Maßnahme könnte wirken, denn in Polen halten sich laut Umfragen viele Käufer aus finanziellen Gründen zurück. Deshalb setzt der Gesetzgeber besonders auf die Förderung von günstigen Fahrzeugen der Kategorie M1. Der Preis eines Opel Corsa-e liegt in Polen bei knapp 125.000 Zloty (29.000 Euro) und der Renault Zoe kostet rund 120.000 Zloty (28.000 Euro). Mit der Förderung sinken die Preise für diese Fahrzeuge deutlich. Doch es sind nur Kleinwagen, selbst ein Kompaktauto wie der Nissan Leaf oder künftig ein VW ID.3 sind teurer.
Selbst mit dem Zuschuss ist der reine Kaufpreis für viele Kunden immer noch zu hoch. Umso wichtiger für den Absatz sind in diesem Zusammenhang die Finanzierungsdienstleistungen. „Die Finanzprodukte spielen daher eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Elektromobilität in Polen. Finanzierungsmöglichkeiten mit geringen Raten ermöglichen es nahezu jedem, seine Träume von einem Elektroauto zu verwirklichen“, sagt Mikołaj Woźniak von Volkswagen Leasing Polska. Das Unternehmen bietet aktuell mit dem Skoda Citigo e iV das günstigste E-Auto auf dem polnischen Markt an. Der Kaufpreis liegt bei umgerechnet 18.800 Euro.
Kritiker des Förderprogramms verweisen darauf, dass kein anderer Staat die staatliche Förderung an einen so niedrigen Kaufpreis geknüpft hat. „Wir sind sehr enttäuscht, weil sie die Modelle von Autos, die von diesem Programm abgedeckt werden, stark einschränken“, sagte etwa Dorota Pajączkowska von Nissan. „Wir glauben, dass nur die kleinsten und am wenigsten funktionalen Modelle in diesem Bereich erfasst sind. In Anbetracht dieser Einschränkung sollte auch berücksichtigt werden, dass in Folge dieses Programms in Polen verkaufte Elektroautos in Bezug auf Sicherheitspakete möglicherweise weniger gut ausgestattet werden.“ Der Leaf kostet in Polen 157.000 Zloty (36.500 Euro) und wird somit von dem Förderprogramm nicht profitieren.
Profitieren vor allem Zweitwagen statt Familienautos?
Auch nach der Einschätzung von Tomasz Tonder von der VW Gruppe Polska wird das polnische Förderprogramm kaum dazu dienen, die E-Mobilität in dem Land auszubauen. „Erforderlich ist eine Unterstützung für größere Autos, die als Familienauto dienen könnten“, so Tonder. Diese würden aber zwischen 160.000 und 200.000 Zloty kosten. „Wenn nur kleine Stadtautos unterstützt werden, profitieren Personen, die ein zweites Auto kaufen möchten. Weniger wohlhabende Leute haben normalerweise aber nur ein Familienauto.“
Befürworter des polnischen Förderprogramms für die Elektromobilität verweisen darauf, dass die Preise für E-Autos bereits in der Vergangenheit stark gesunken sind und weiterhin immer kostengünstiger werden. Das dürfte in ihrer Logik mittelfristig dazu führen, dass auch Fahrzeuge der Kompaktklasse gefördert werden könnten.
Nicht unerheblich bei der Formulierung des aktuellen Förderprogramms sind die eigenen Pläne der polnischen Regierung für die heimische Herstellung von elektrischen Fahrzeugen. Das Unternehmen ElectroMobility Poland, das vier polnischen Energieunternehmen gehört, plant bereits 2023, die ersten polnischen E-Autos zu bauen.
Über die Autorin
Aleksandra Fedorska ist polnisch-deutsche Politologin und Publizistin. Sie arbeitet als Korrespondentin für polnische und deutsche Medien in den Fachbereichen Energiepolitik und E-Mobilität. Fedorska lebt und arbeitet im schleswig-holsteinischen Jagel und in der polnischen Stadt Poznań.
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