TOGG: Erstes türkisches E-Auto soll 2022 debütieren
In der Türkei wurden jetzt Prototypen der ersten Elektroautos präsentiert, die im Land produziert werden sollen. Bei den vorgestellten Fahrzeugen der Marke TOGG (kurz für: Türkiye’nin Otomobili Girişim Grubu) handelt es sich um ein SUV und eine Limousine.
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Die Produktion des E-SUV, das mit zwei Batterie-Optionen für 300 bzw. 500 Kilometer Reichweite angeboten wird, soll 2022 in einem Werk in Bursa beginnen. Geplant sind jährlich bis zu 175.000 Fahrzeuge. Die modulare Plattform soll vollständig von TOGG-Ingenieuren entwickelt worden sein und in Puncto Länge und Breite für verschiedene Fahrzeugklassen angepasst werden können.
Bei den weiteren technischen Daten drückt sich TOGG in der Mitteilung unklar aus. So soll es zwei Antriebsvarianten geben, eine mit einem 147 kW starken E-Motor im Heck und eine Allrad-Version (294 kW) mit zweitem Motor an der Vorderachse. Offen ist, ob die Antriebe jeweils an eine der beiden Batterie-Optionen gebunden ist oder ob sie frei kombinierbar sind. Die 147-kW-Version soll in 7,6 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen können, das Allrad-Modell in 4,8 Sekunden. TOGG gibt aber nicht an, ob es sich um die Werte für das C-Segment-SUV handelt oder die Limousine – wahrscheinlicher ist aber das SUV, da dieses zuerst auf den Markt kommen soll.
Werte zur Ladeleistung und Batteriekapazität nennt das Unternehmen nicht, die Ladezeit auf 80 Prozent soll aber bei „weniger als 30 Minuten“ liegen. Es soll ein „State of the Art“-Batteriemanagement geben, zudem wird der Hochvolt-Speicher über eine Flüssigkeitskühlung verfügen. Auf die Batterie gibt TOGG eine Garantie von acht Jahren, eine maximale Laufleistung wird in der Mitteilung nicht genannt.
Zudem soll das erste türkische E-Auto über „Level 2+“-Autonomie verfügen, autonomes Fahren nach Level 3 soll per Over-the-Air-Update nachgerüstet werden können. Beim Design habe sich TOGG von der türkischen Kultur und insbesondere der in Anatolien wichtigen Tulpe inspirieren lassen.
Hinter TOGG (sinngemäß übersetzt als „Türkische Automobil Initiativ Gruppe) stehen fünf große Industrienunternehmen: Anadolu Group, BMC, Kok Group, Turkcell und die Zorlu Holding. CEO des 2018 gegründeten Unternehmens ist der frühere Bosch-Geschäftsführer Gürcan Karakas, COO ist Sergio Rocha, der früher für GM Korea gearbeitet hat.
In dem kommenden 13 Jahren will TOGG mehr als drei Milliarden Euro investieren, unter anderem in das Werk, wo 4.000 Arbeitsplätze entstehen sollen. Die türkische Regierung will unter anderem Steuernachlässe gewähren und hat den Kauf von 30.000 Fahrzeugen bis 2035 zugesagt. Die Türkei ist bereits heute ein wichtiger Auto-Exporteur mit Werken von Ford, Fiat Chrysler, Renault, Toyota und Hyundai. Einen eigenen Autobauer hat das Land trotz staatlicher Bemühungen in den 1960er Jahre nicht etablieren können. Das E-Auto-Projekt, das die wachsende Wirtschaftskraft des Landes zeigen soll, gilt als Wunsch-Projekt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Update 20.07.2020: In der Türkei ist nun der Bau des ersten Automobilwerks eines türkischen Herstellers gestartet. Das Werk von TOGG soll innerhalb von 18 Monaten fertiggestellt werden und über Kapazitäten für bis zu 175.000 Fahrzeuge jährlich verfügen. Während der Zeremonie sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, es sei ein „historischer Schritt“, das erste inländische Auto des Landes zu produzieren. Nähere Informationen zu den Fahrzeugen und dem Werk wurden jedoch nicht genannt. Einzig die geplante Zahl der Mitarbeiter in dem Werk wurde bekannt, dort sollen 4.323 Menschen beschäftigt werden.
Update 11.08.2020: Deutschland wird der erste Exportmarkt für das im Januar vorgestellte E-SUV von TOGG aus türkischer Produktion. Hierzulande sollen die Fahrzeuge ab 2022, also parallel zum geplanten Marktstart in der Türkei, verkauft werden Später will das Unternehmen auch Frankreich und Italien bedienen. „Unser Team ist bereit für den globalen Wettbewerb“, soll TOGG-CEO Gürcan Karakas bei einer Online-Pressekonferenz gesagt haben.
Bis zum Verkaufsstart 2022 wird zumindest in Deutschland die Förderung im derzeitigen Umfang ausgelaufen sein: Die „Innovationsprämie“ ist in der aktuellen Fassung bis zum 31.12.2021 befristet. Wie TOGG sein E-SUV einpreisen wird, haben die Türken noch nicht bekannt gegeben. Laut Karakas soll der Preis „wettbewerbsfähig“ sein.
Derweil wurden auch weitere Details zu der Lieferkette bekannt. So soll laut Karakas die Batterie in der Türkei gefertigt werden. „Wir haben vereinbart, ein globales Unternehmen mit Know-how in der Batterieproduktion in die Türkei zu bringen“, so der CEO. Namen und die genauen Umfänge der Batterieproduktion nannte Karakas aber nicht – also ob es sich um eine Zellfertigung oder lediglich die Montage von Batteriemodulen und -packs handelt.
Insgesamt gibt sich Karakas sehr selbstbewusst. „Wir suchen keine Lieferanten – weltberühmte Hersteller und Lieferanten bewerben sich um eine Zusammenarbeit mit uns“, sagt der CEO bei der Pressekonferenz. Man habe „den größten Teil des Lieferantenauswahlprozesses“ abgeschlossen – 78 Prozent kämen aus der Türkei, 22 Prozent aus Europa und Asien.
Dabei plant Karakas offenbar bereits über die Fertigung der eigenen Fahrzeuge hinaus und denkt über eine Art Auftragsfertigung nach. „Wir können die Herstellung mehrerer Produkte, einschließlich Batterien, für andere Unternehmen übernehmen“, sagt Karakas. Man sei in der Lage, Teile und Produkte der global bekannten Marken herzustellen und zu beschaffen.
spiegel.de, handelsblatt.com, togg.com.tr (Mitteilung als PDF), dailysabah.com (Update I), handelsblatt.com, hurriyet.de (beide Update II)
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