„Nationale Wasserstoffstrategie“: Mehr Förderung für H2-Autos, Bund will „Vorreiterrolle“
Das Bundeswirtschaftsministerium hat Medienberichten zufolge seine „Nationale Wasserstoffstrategie“ vorgelegt, mit der sich die Regierung eine Vorreiterrolle für Deutschland sichern will. Noch sind aber einige Punkte offen.
Die 21 Seiten lange Strategie, über die das das „Handelsblatt“ und der „Spiegel“ berichten, ist dem Bericht zufolge am Mittwochabend in die Ressortabstimmung mit den anderen beteiligten Ministerien gegangen. Ob der Entwurf auch in dieser Form beschlossen wird, ist also noch offen.
Das Dokument umfasst 31 Maßnahmen (bzw. ohne Beschluss noch eher vorgeschlagene Maßnahmen), von denen einige auch den Verkehr betreffen. In der Maßnahme 5 heißt es unter anderem, dass eine „ambitionierte Quote für erneuerbare Energien im Verkehr […] Anreize für Wasserstoff oder dessen Folgeprodukte als Kraftstoffalternativen im Verkehr schaffen“ werde. Das Ministerium schlägt hier konkret 20 Prozent vor.
In einer weiteren Maßnahme sollen die bestehenden Förderungen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) verlängert werden. Konkret werden bis 2023 dabei 2,1 Milliarden Euro Kaufzuschüsse für Pkw, 900 Millionen Euro für Nutzfahrzeuge und 600 Millionen Euro für Busse aufgelistet. Auch das „HyLand“-Förderprojekt zum Aufbau regionaler Wasserstoffprojekte soll fortgesetzt werden.
Für den „koordinierten Aufbau einer bedarfsgerechten Tankinfrastruktur“ sollen 3,4 Milliarden Euro als Zuschüsse für Tank- und Ladeinfrastruktur eingesetzt werden. 1,1 Milliarden Euro sind für „Entwicklung und Förderung für strombasierte Kraftstoffe und fortschrittliche Biokraftstoffe (u.a. Erzeugungsanlagen)“ vorgesehen.
Zudem sollen etwa der Aufbau einer „wettbewerbsfähigen Zulieferindustrie“ und Null-Emissions-Fahrzeuge im kommunalen Verkehr unterstützt werden – konkrete Förder-Ideen zu der geplanten Unterstützung werden hier aber nicht genannt. Deutlicher wird es etwa bei der Lkw-Maut: Diese soll eine CO2-Differenzierung „zugunsten klimaschonender Antriebe im Rahmen der Eurovignetten-Richtlinie“ erhalten. Zudem will sich die Regierung für die „internationale Harmonisierung von Betankungsstandards einsetzen und sich auch aktiv an der Überarbeitung der Typgenehmigung für Wasserstofffahrzeuge beteiligen.
Kommen wir zum Wasserstoff an sich: Direkt zu Beginn des Papiers heißt es, dass „CO2-freier Wasserstoff“ eine zentrale Rolle bei der „Vollendung der Energiewende“ zukomme. In einer Fußnote wird auch erklärt, was die Bundesregierung unter CO2-freiem Wasserstoff versteht: Darunter fällt nämlich nicht nur „grüner“ Wasserstoff aus Elektrolyseanlagen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Es werden auch Energieträger dazugezählt, die „im engeren Sinne nur CO2-neutral sind“. Also auch „blauer“ Wasserstoff (konventionell aus Erdgas hergestellt, jedoch gekoppelt mit Carbon-Capture-and-Storage (CCS) und „türkiser“ Wasserstoff (mit Pyrolyse aus Erdgas hergestellt und dauerhafter Lagerung oder Bindung des Kohlenstoffs).
Aus diesem Grund werden in den anderen Maßnahmen auch Änderungen für die Bereiche Erzeugung, Industrie, Infrastruktur, Wärme und Forschung formuliert. Ein wichtiger Punkt: Die Produktion von „grünem“ Wasserstoff mit Hilfe von erneuerbaren Energien soll durch eine „faire Ausgestaltung der staatlich induzierten Preisbestandteile“ erleichtert werden. Konkrete Maßnahmen, wie etwa die von Unternehmen geforderte Befreiung von der EEG-Umlage, enthält die Wasserstoffstrategie aber nicht. Nur: „Der Änderungsbedarf des regulatorischen Rahmens zur Schaffung der dafür notwendigen Voraussetzungen wird geprüft.“ Zunächst soll es zwei Modellprojekte geben.
Das Ministerium von Peter Altmaier geht in der Strategie davon aus, dass nicht Deutschland allein in der Lage ist, den benötigten Bedarf herzustellen. „Deutschland wird einen Großteil des künftigen Bedarfs an CO2-freiem, bzw. CO2-neutralem Wasserstoff importieren müssen“, heißt es in dem Dokument. Dazu wolle man „Energiepartnerschaften“ mit Erzeugerländern eingehen – insbesondere mit Staaten in Afrika.
Autobranche ist beim Thema Wasserstoff gespalten
Um die Versorgung der Verbraucher, etwa der Wasserstoff-Tankstellen für Pkw und Nutzfahrzeuge, zu verbessern, ist auch geplant, einen Teil der bestehenden Gasinfrastruktur für Wasserstoff zu nutzen. Zudem sollen reine Wasserstoff-Netze entstehen. Helfen soll bei der Umsetzung auch ein „Nationaler Wasserstoffrat“, der noch im ersten Quartal gegründet werden soll. Laut dem „Handelsblatt“ soll der Rat „Vorschläge und Handlungsempfehlungen bei der Umsetzung der Wasserstoffstrategie“ geben.
Bei der Wasserstoff-Mobilität ist die Autobranche gespalten. Aktuell treiben vor allem Toyota und Hyundai die Technologie voran, die beiden asiatischen Autobauer sind auch die einzigen mit entsprechenden Serienmodellen im Angebot. Honda hat noch eine Kleinserie des Clarity Fuel Cell, bei Daimler gibt es den Mercedes GLC F-Cell in einem speziellen Leasingprogramm für ausgewählte Kunden und Partner. BMW will in den kommenden Jahren auch eine Kleinserie von Brennstoffzellenautos auf X5-Basis bringen. Als Zulieferer setzt Bosch stark auf die Brennstoffzelle und hat kürzlich erste Aufträge für Nutzfahrzeuge und auch Autos erhalten.
Aus dem VW-Konzern sind (trotz der Brennstoffzellen-Entwicklung bei Audi) wohl vorerst keine entsprechenden Großserien-Modelle zu erwarten. VW-Chef Herbert Diess gilt als großer Freund der Batterie-elektrischen Autos und ist bei der Brennstoffzelle unter anderem wegen des Wirkungsgrads, der Wasserstoff-Erzeugung und der Preise skeptisch. Zuletzt hatte er vor Konzern-Führungskräften gesagt, dass die Brennstoffzelle in den kommenden zehn Jahren keine nennenswerte Rolle bei Pkw spielen werde.
handelsblatt.com (Dort ist auch das Dokument als PDF-Download verfügbar), spiegel.de
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