Gegenwind für zwei eMobility-Projekte in Berlin

In Berlin gibt es derzeit für zwei Projekte mit Elektrofahrzeugen Gegenwind: Die Gewerkschaft Verdi blockiert den Kauf von 90 neuen Elektrobussen durch die BVG. Und das Ridesharing-Angebot BerlKönig könnte schon im April eingestellt werden.

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Zunächst aber zu den E-Bussen: Hier geht es offenbar um das liebe Geld. Der Gewerkschaft Verdi geht es dabei nicht um die Elektrobusse selbst, sie sind vielmehr ein Druckmittel. Im vergangenen Jahr hatte Verdi mehr höhere Löhne für die BVG-Mitarbeiter erreicht (samt Streiks), was das Verkehrsunternehmen rund 100 Millionen Euro kostet.

Wie jetzt Berliner Medien berichten, will der Berliner Senat davon aber nur die Hälfte übernehmen. Die restlichen 50 Millionen Euro zur Finanzierung des Tarifabschlusses sind aber noch nicht gedeckt. Da sich aus Sicht von Verdi der Senat nicht an die Zusagen hält, hat die Gewerkschaft angekündigt, der Bestellung der 90 Elektrobussen nicht zuzustimmen. Eine für diesen Freitag angesetzte Aufsichtsratssitzung der BVG wurde bereits abgesagt.

Um eine Mischung aus Politik und Finanzen geht es auch bei dem zweiten Projekt. Der Ridesharing-Dienst BerlKönig, der 2018 gestartet und als Pilotprojekt eigentlich auf vier Jahre angelegt ist, könnte bereits Ende April den Betrieb einstellen. Die BVG betreibt das Projekt zusammen mit ViaVan, einem Joint Venture zwischen Mercedes-Benz Vans und dem US-Carsharer Via.

Jetzt schreibt der „Tagesspiegel“, dass die BVG ViaVan „keine Fortführung der Kooperation („Vergabeabsichtsinformation“) zusagen“. Angeblich, weil die rot-rot-grüne Koalition „dies nicht wollte“. Der Vertrag sei bereits Ende Januar ausgelaufen, ViaVan (das die Kosten des Betriebs trägt) und die BVG konnten sich noch auf eine Verlängerung bis Ende April einigen.

Sollte der Dienst tatsächlich eingestellt werden, wäre die komplette Umstellung der BerlKönig-Flotte auf Elektro-Vans hinfällig – das sollte eigentlich bis Ende des Jahres geschehen. Die BVG will zudem das Geschäftsgebiet von BerlKönig ausweiten, eine im Oktober beantragte Genehmigung wurde aber bis heute nicht erteilt.

Dem Bericht zufolge könnte sich die Zukunft von BerlKönig am 13. Februar entscheiden: Für diesen Tag ist die nächste Koalitionsrunde zu dem Ridesharing-Dienst angesetzt. Bei der Sitzung am 5. Dezember 2019 konnten sich die Politiker offenbar nicht auf eine Fortsetzung einigen, besonders die SPD und die grüne Verkehrssenatorin Regine Günther seien angeblich sehr skeptisch gewesen. Ohne eine Zusage aus der Koalitionsrunde Mitte Februar „werden wir das Vorzeigeprojekt trotz des sehr positiven Zuspruchs leider einstellen müssen“, kündigt die BVG in einem Schreiben an die Verkehrssenatorin an, das dem „Tagesspiegel“ vorliegt.

Nur eines ist derzeit sicher: Der BVG steht ein aufregender Februar bevor.

Update 18.02.2020: Rot-Rot-Grün und BVG konnten am vergangenen Donnerstag offenbar keine Einigung um die Zukunft von BerlKönig erzielen, dies geht aus Informationen des „rbb“ hervor. Die BVG habe von Anfang deutlich gemacht, dass das Projekt nur zwei Jahre laufen werde. Um den Fahrdienst berlinweit anbieten zu können, würden 43 Millionen Euro benötigt. Die Verkehrsexperten von Rot-Rot-Grün fühlen sich allerdings dadurch vor den Kopf gestoßen. Die BVG habe laut ihnen nicht mit offenen Karten gespielt.

„Wir haben unsere Argumente vorgetragen und hoffen, damit überzeugt zu haben“, sagte BVG-Sprecherin Petra Nelken am Donnerstagnachmittag. Derzeit hätten die BVG keinen anderen Partner für das Projekt. Bis Mai würde man auch keinen neuen finden. Auch ViaVan habe nur mit den zwei Jahren gerechnet – alleine schon aufgrund der hohen Investitionen. Eine Zusage über eine staatliche Förderung wäre nun notwendig, sonst würde das Projekt ab Mai zu Ende sein.

Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Tino Schopf, kündigte jedoch eine Entscheidung seiner Fraktion für heute an. Laut Schopf sei mit dem Land Berlin eine vierjährige Pilotphase bis zum Herbst 2022 vereinbart worden. Es könne nicht sein, dass die BVG den Senat nun unter Druck setze. Von Beginn an hieß es, dass dem Land keine Kosten durch den BerlKönig entstehen würden. Wenn die BVG nun aber über jährlich 43 Millionen Euro verlange, müssten dafür andere Verkehrsprojekte gestrichen werden. Das Verhalten der Berliner Verkehrsbetriebe bezeichnete Harald Moritz, verkehrspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen als „ungünstig“. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die BVG gleich bei zwei BerlKönig-Terminen Ende 2019 das Abgeordnetenhaus über das anstehende Ende des Vertrags mit Via und Mercedes hätten unterrichten könnten. Dabei hatte die BVG bereits Pläne, die weit über die Testphase hinausgehen. So würden Dokumente den Finanzierungsbedarf bis 2025 aufzeigen. Insgesamt müsste das Land Berlin sogar rund 170 Millionen Euro einbringen, um das Angebot berlinweit etablieren zu können – voll integriert ins BVG-Angebot und zu den derzeit konkurrenzfähigen Preisen, so der „rbb“.

Update 19.02.2020: Die Fraktionen von SPD und Linken haben sich in ihrer Sitzung am Dienstag dazu entschlossen, den Weiterbetrieb vom BerlKönig nicht zu finanzieren. Die Grünen sind zwar gleicher Meinung, stellten einen Beschluss aber zurück. Nach aktuellem Stand wird das Projekt der BVG Ende April eingestellt.

Jetzt hat sich auch ViaVan zu Wort gemeldet. Man habe die „Zukunft des BerlKönig mit großer Sorge verfolgt“, heißt es. In den vergangenen zwei Jahren hätte ViaVan im Rahmen des gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojektes mit der BVG erheblich investiert, um sicherzustellen, dass sich der BerlKönig zu einer „außerordentlich erfolgreichen bedarfsgesteuerten Ergänzung des bestehenden öffentlichen Verkehrssystems entwickeln konnte.“ Insgesamt hat der On-Demand-Dienst 1,5 Millionen Fahrgäste befördert. Die Kundenzufriedenheit würde bei 97 Prozent liegen.

Dennoch sei ViaVan den „Partnern bei der BVG und dem Berliner Senat für ihre Unterstützung des BerlKönig dankbar“. Und ganz abschreiben will man das Projekt noch nicht: „Wir setzen uns weiterhin für seine Zukunft ein. Der BerlKönig hat enormes Potenzial, den Zugang zum öffentlichen Nahverkehr auszubauen, insbesondere zu Zeiten und an Orten wo der linienbasierte Nahverkehr Lücken aufweist, sowie für Menschen, für die das herkömmliche Angebot aufgrund von Mobilitätseinschränkungen oft eine Herausforderung darstellt. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit den relevanten Parteien, um gemeinsam eine nachhaltige, langfristige Zukunft für diesen wichtigen neuen Baustein der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur in Berlin zu schaffen.“

Update 05.05.2020: Der Ausbau der E-Busflotte in Berlin ist laut einem Bericht der „Berliner Morgenpost“ vom BVG-Aufsichtsrat erneut abgelehnt worden. Die Bestellung 90 weiterer Elektrobusse wurde erneut abgelehnt und liegt damit weiterhin auf Eis. Bei der Blockade der Arbeitnehmerseite geht es aber nicht um die Elektrobusse selbst, sie sind in einem anderen Streit lediglich ein Druckmittel.

Finanzprobleme durch die Corona-Krise konnten den Ausbau der E-Flotte nun weiter verzögern. Seit dieser Woche fährt die BVG wieder im regulären Takt, jedoch mit deutlich weniger Fahrgästen – was zu starken Einnahmeausfällen bei der BVG führt. Laut der „Berliner Morgenpost“ rechnet das Unternehmen für 2020 mit einem Minus von 150 Millionen Euro. Pandemiebedingte Ausfälle sollen zwar angeblich über den zweiten Nachtragshaushalt durch das Land Berlin ausgeglichen werden, der Verkehrsvertrag für die kommenden 15 Jahre – der Investitionen in den Betrieb und die Flotte vorsieht – ist aber immer noch nicht ausverhandelt. Dabei soll der Vertrag am September gelten.
tagesspiegel.de (E-Busse), berliner-zeitung.de (E-Busse), tagesspiegel.de (BerlKönig), rbb24.de (Update), morgenpost.de (Update II), morgenpost.de (Update III)

2 Kommentare

zu „Gegenwind für zwei eMobility-Projekte in Berlin“
Heinz Jirout
05.02.2020 um 23:33
Das Projekt BerlKönig ist ganz gar kein eMobility-Projekt - ganz konventionelle Mercedes-Verbrenner bilden die Flotte. Außerdem ist es ja durchaus fragwürdig, ob die BVG sich im Stadtinneren mit einem Ridesharing-Angebot selbst Konkurrenz machen soll und das auch noch subventioniert werden muß.
mike
06.05.2020 um 10:23
Berlin: zuscheissen und drüberteeren. dan haben wir wenigstens einen schönen Parkplatz

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