Citroën stellt elektrisches Leichtgewicht für 6.000 Euro vor
Citroën hat mit dem Ami einen elektrischen Zweisitzer auf Basis des 2019 vorgestellten Ami One Concept präsentiert. Mit dem Leichtfahrzeug, das ohne Auto-Führerschein gefahren werden darf, wollen die Franzosen Elektromobilität für jedermann verfügbar machen. Wir waren bei der Premiere in Paris dabei.
Citroën sucht mit dem Ami – französisch für „Freund“ – nicht die Konkurrenz zu „ausgewachsenen“ Autos. Vielmehr soll der City-Stromer eine Alternative zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Zwei- und Dreirädern bieten. Mit einer Reichweite von bis zu 70 Kilometern und einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 45 km/h kann er mit den „Großen“ auch nicht mithalten.
Dafür spielt der Ami seine Stärken in puncto Wendigkeit und mit seinem geringen Platzbedarf aus. Angesichts eines Wendekreises von 7,20 Metern und einer maximal halben Stellfläche zum Parken bewirbt die französische Traditionsmarke den Ami als ein speziell für die Stadt entwickeltes Mobilitätskonzept. Und: Mit einem Kampfpreis von 6.000 Euro (in Frankreich) soll er wirklich für jedermann leistbar sein.
„Individuell, sauber, urban – und kühn“, so beschreiben CEO Vincent Cobée und seine Mitpräsentatoren den Ami bei der Enthüllung in Paris. Sie verknüpfen die Entwicklung des Autos in ihrer Präsentation u.a. mit den Gelbwesten-Protesten in Frankreich (die sich anfangs an Spritpreisen entzündeten) und der Fridays-for-Future-Bewegung. Die Message: Hier kommt die Antwort auf aktuelle gesellschaftliche Fragen. „Der Ami soll ein echter Durchbruch beim Zugang zu urbaner Mobilität sein“, setzt Cobée nach. „Eine Lösung, die möglichst nah an neuen Nutzungsgewohnheiten ist. Diese herausragende Idee war vor einem Jahr nur ein Konzept. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir sie heute in die Realität umsetzen.“
Citroën bricht mit Design-Gewohnheiten
Machen wir’s konkret: Der Ami fällt mit 2,41 m Länge, 1,39 m Breite und 1,52 m Höhe noch kompakter aus als das auf dem Genfer Autosalon 2019 präsentierte Ami One Concept. Zwei Personen können in dem Fahrzeug nebeneinander Platz nehmen, wobei der Beifahrersitz einige Zentimeter nach hinten versetzt ist, um im Fußraum Platz für Handgepäck-Stauraum zu schaffen. Das leichte Vierradfahrzeug ist mit einem 6-kW-Elektromotor und einem Automatikgetriebe ausgestattet. Unter den Sitzen ist zudem die flache 5,5-kWh-Batterie verbaut, die über eine Haushaltssteckdose mit 230V innerhalb von drei Stunden vollgeladen werden kann. Auch das Laden an öffentlichen Stationen oder Wallboxen sei möglich, heißt es. Aber nicht schneller. Mit Batterie wiegt der Ami übrigens 485 Kilogramm.
Was das Design angeht, bricht der Ami mit vielen bekannten Standards. Das fängt bei den kleinen, eigens konzipierten 14-Zoll-Rädern an und hört bei dem Fakt auf, dass sich Fronthaube, das Heck und das Panoramadach nicht öffnen lassen. Der Zugang erfolgt über die beiden breiten Seitentüren, wobei die baugleichen Türen sich in entgegengesetzter Richtung öffnen: gegenläufig auf der Fahrerseite für einen leichteren Einstieg und klassisch auf der Beifahrerseite.
Als Vernetzungs-Tool dient das individuelle Smartphone
Im Inneren haben die zwei Passagiere einen Rundumblick: Die Scheiben oberhalb der Schulterlinie machen 50 Prozent der Gesamtoberfläche aus. Und: Als Anspielung auf die Historie der Marke werden die Seitenfenster wie beim 2CV – hierzulande als Ente bekannt – manuell nach oben geklappt. Viel transportieren können die Insassen nicht. Etwas Stauraum gibt es in besagtem Fußraum und in der nur von innen erreichbaren Heckablage hinter den Sitzen. Im Cockpit finden sich nur die nötigsten Anzeigen, als Vernetzungs-Tool dient das eigene Smartphone der Nutzer. Das Design richte sich radikal nach dem Credo „Form folgt Funktion“, heißt es dazu während der Präsentation.
Da sich der Ami mit Zwei- und Dreirädern messen soll, bezeichnet Citroën es schon als Komfort, dass die Passagiere in einem „geschlossenen, beheizten, hellen und rundum geschützten Innenraum“ sitzen – und wohl auch als Abgrenzung zum bekannten Renault Twizy. Über eine Klimaanlage verfügt der Stromer dagegen nicht, was vor allem in südeuropäischen Märkten ein Minuspunkt sein dürfte. Erhältlich sein wird das Fahrzeug nur in blau-grauer Farbe, wobei die Farbakzente u.a. an den Felgen und Kotflügeln individualisierbar sind. Außerdem gibt es einen optionalen Zubehörsatz mit Dekor- und Funktionselementen. Als die zwei Enden des Personalisierungs-Kontinuums führt Citroën die Pakete „My Ami Pop“ (junges, sportliches Design mit Heckspoiler) und „My Ami Vibe“ (anspruchsvolleres, grafisches Design mit Dachleiste) ein.
Mit dem Ami nimmt Citroën eine völlig neue Zielgruppe mit in seine Verkaufsstrategie auf – nämlich Teenager. In Frankreich und Italien darf das Fahrzeug bereits ab 14 Jahren, in den meisten anderen Ländern ab 16 Jahren gefahren werden. Voraussetzung ist lediglich ein Führerschein der Klasse AM.
Bestellungen in Deutschland in der zweiten Jahreshälfte
Und der Zeitplan? In Frankreich können Bestellungen für den Ami ab dem 30. März aufgegeben werden. Der Marktstart ist für Ende Mai, Anfang Juni vorgesehen. Ab diesem Zeitpunkt wird das Fahrzeug dann auch in der Flotte des PSA-Carsharings Free2Move eingesetzt. In Deutschland werden die Bestellbücher in der zweiten Jahreshälfte geöffnet, ebenso wie in weiteren Ländern wie Spanien, Italien, Belgien und Portugal. In den Handel kommen dürfte der City-Flitzer bei uns dann Anfang 2021.
Preislich gehen die Franzosen ganz klar an ihre Schmerzgrenze: Auf seinem Heimatmarkt wird der Ami zu einem Brutto-Verkaufspreis ab 6.000 Euro oder ab einer monatlichen Leasingrate von 19,99 Euro (vier Jahre Laufzeit, 10.000 Kilometer pro Jahr) erhältlich sein. Als Carsharing-Auto soll er in der Free2Move-Flotte bereits ab 0,26 Euro pro Minute zu mieten sein. „Die Leasingrate ist auf dem Niveau eines Handyvertrags und der Carsharing-Preis ist derselbe wie für einen geliehenen E-Scooter in Paris“, heißt es vor der versammelten Journalisten-Schar. Die Details zum Preismodell für Deutschland sind derweil noch nicht publik.
Fakt ist: So günstig kann die PSA-Tochter den Ami u.a. deshalb anbieten, weil das Fahrzeug aus verhältnismäßig wenigen Teilen besteht. Dazu trägt die Symmetrie des Stromers bei, die mit sich bringt, dass sich häufig vorne verbaute Teile (etwa der Stroßstangen) auch hinten wiederfinden. Das Ergebnis ist ein geringerer Produktionsaufwand. Diese Idee transportierte bereits das Ami One Concept, welches – das betont Citroën – in nur einem Jahr zum Serienfahrzeug weiterentwickelt wurde.
Fnac und Darty: Ami im stationären Einzelhandel
Und um die „etablierte Autoindustrie noch weiter vorwärts zu pushen“, wie es in Paris hieß, will die Marke auch beim Vertrieb neue Wege gehen. So wird der Ami online zu haben sein und auf Wunsch nach Hause geliefert. Er werde von einem Experten gebracht, der mit den Neubesitzern eine halbe Stunde die wichtigsten Funkionen durchgehe, so der Autobauer.
Außerdem wird der Stromer dank einer Kooperation mit der Einzelhandelsgruppe Fnac Darty auch in deren Läden zu kaufen sein. Das heißt: In Fnac- und Darty-Filialen werden neun Quadratmeter große Pop-Up-Stores mit dem Fahrzeug vor Ort integriert. Man gehe dahin, wo die Leute sind, erläutert Citroën diese Strategie. Fnac ist ein Bücher- und Elektronikhändler, Darty spezialisiert auf Elektrogeräte. Beide verfügen über ein dichtes Filialnetz. In Frankreich gehen bei den Ketten die meisten E-Scooter über die Ladentheke, streut Citroën als Hintergrundinformation ein. Um Probefahren anzubieten, sollen ebenfalls Pop-Up-Standorte auf Parkplätzen u.a. in der Nähe solcher Filialen entstehen. Über das reguläre Händlernetz wird Ami zwar auch vertrieben, aber nur bei einigen, ausgewählten Partnern, heißt es. Wie der Vertrieb in Deutschland ablaufen wird, ist noch nicht bekannt.
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