„EV Day“: General Motors nennt Details zu E-Plattform und Batteriesystem Ultium
Bei einem „EV Day“ für Investoren hat General Motors nähere Details zu seiner geplanten Elektro-Offensive verraten. Herzstück der Strategie ist die neue Elektro-Plattform des Konzerns. Die Plattform der dritten Generation setzt auf ein modulares Batteriesystem namens Ultium.
++ Dieser Beitrag wurde aktualisiert. Sie finden die neuen Infos ganz unten. ++
Dieses preist GM als „industrieweit einzigartig“ an, weil die großformatigen Pouch-Zellen vertikal oder horizontal im Akkupack angeordnet werden können. Die Kapazitäten der Batteriepakete liegen zwischen 50 und 200 kWh, wodurch Reichweiten von 400 Meilen (644 km) und mehr möglich sein sollen. Zudem sollen die von GM entwickelten Elektromotoren bei der neuen Plattform (wenig überraschend) für Front-, Heck- und Allradantriebslayouts genutzt werden.
„Was wir getan haben, ist die Entwicklung einer Mehrmarken-EV-Strategie mit mehreren Segmenten und Skaleneffekten, die unserem Lkw-Geschäft in voller Größe mit viel weniger Komplexität und noch mehr Flexibilität Konkurrenz machen“, sagt GM-CEO Mary Barra in einer Mitteilung zu dem „EV Day“.
Der Front-Motor soll maximal 180 kW leisten, der Heckmotor 250 kW. Im Hummer EV sollen angeblich ein Motor an der Vorderachse und zwei im Heck eingesetzt werden, was eine Systemleistung von 680 kW ergäbe. In Volumenmodellen mit einem Motor dürften die Leistungen von 180 bzw. 250 kW jedoch auch für ansprechende Fahrleistungen sorgen.
Interessanter ist aber der Einblick in die Akku-Technologie, hier scheint GM zweigleisig fahren zu wollen. Die künftigen Elektro-Pkw von General Motors verfügen über 400-Volt-Akkus und eine Schnellladefähigkeit von bis zu 200 kW, während GM für seine Trucks (dazu zählen offenbar die geplanten E-Pickups) auf 800-Volt-Akkus und eine Schnellladefähigkeit bis 350 kW setzt.
In dem Batterie-Baukasten sollen 6, 8, 10 oder 12 Module zu einem Pack kombiniert werden können. Im Falle des angekündigten Hummer EV sollen offenbar zwei 100 kWh-Packs aus jeweils 12 Modulen aufeinander gestapelt werden. Jedes Modul soll über ein eigenes Batteriemanagement (BMS) verfügen, dort werden auch alle Daten über die Lebensdauer des Moduls gespeichert, was das Recycling erleichtern soll. Da das BMS pro Modul und nicht zentral gesteuert wird, sollen einzelne Module einfacher ausgetauscht werden können. So soll es möglich sein, dass auch Module mit anderer Zellchemie integriert werden können.
Dabei setzt GM auf die Batterien aus dem Joint Venture mit LG Chem. Der US-Konzern gab jetzt an, dass gemeinsam mit LG Chem die Kosten für die Batteriezellen auf unter 100 US-Dollar/kWh gesenkt werden sollen. Angaben zu den Batteriekosten auf Pack-Ebene machte GM offenbar nicht, US-Medien spekulieren jedoch über einen Wert von 120 Dollar/kWh. Die Zellen verwenden eine Chemie mit „niedrigem Kobalt-Gehalt“ (angeblich 70 Prozent weniger), weiter ins Detail gingen die Amerikaner hier leider nicht.
Einige Infos gab es noch zu den geplanten Modellen. Die E-Fahrzeuge sollen ab diesem Jahr unter den Marken Chevrolet, Cadillac, GMC und Buick auf den Markt kommen. Eine neue Version des Bolt EV kommt Ende 2020, gefolgt vom Bolt EUV (einem Crossover-artigen Modell anstelle des Minivan-Layouts des Bolt EV) im Sommer 2021. Das im Januar vorgestellte selbstfahrende Elektrofahrzeug Cruise Origin war das erste Produkt, das mit der EV-Plattform der dritten Generation von GM und Ultium-Batterien vorgestellt wurde. Im April will GM das elektrische Luxus-SUV Cadillac Lyriq präsentieren und am 20. Mai den GMC Hummer EV.
Zudem wurde US-Medien zufolge noch ein Chevrolet Mid EUV, zwei E-SUV von Buick und eine handgefertigte Cadillac-Flaggschiff-Limousine namens „Celistiq“ angekündigt. Angesichts der zehn auf einen Schlag versprochenen Elektromodelle sagte GM-Präsident Mark Reuss: „Alles, was Sie hier sehen, ist echt.“ Kameras waren laut „Electrek“ bei der Veranstaltung nicht erlaubt, es gibt also nur die von GM veröffentlichten Teaserbilder.
Eine Schlüsselrolle bei der Elektro-Offensive nehmen zwei Werke ein. Zum einen will das genannte Joint-Venture von GM und LG Chem in Ohio nahe des früheren GM-Montagewerks in Lordstown eine Batteriezell-Fabrik bauen. General Motors selbst rüstet bekanntlich das Montagewerk in Detroit-Hamtramck ab März vollständig für die Produktion von Elektroautos um. Dort sollen unter anderem der Hummer EV und Cruise Origin gebaut werden. Der Bolt EV dürfte weiterhin in der Orion Plant gefertigt werden.
Was den potenziellen Absatz angeht, gibt sich GM optimistisch. Das Unternehmen geht laut CEO Mary Barra davon aus, „bis Mitte des Jahrzehnts“ mehr als eine Million Batterie-elektrische Autos pro Jahr zu verkaufen. Bis dahin will man offenbar trotz der Investitionen bereits Geld verdienen. Barra gab an, dass man „sehr, sehr früh in der Ultium-Plattform“ profitabel sein werde. Ermöglichen soll das neben der Nutzung bestehender Grundstücke und Anlagen auch eine verminderte Komplexität. Mit dem Batterie- und Antriebsbaukasten will GM insgesamt 19 Antriebs-Konfigurationen ermöglichen – anstatt 550 bei den Verbrenner-Modellen.
Offen ist aber, ob GM den Materialeinkauf entsprechend abgesichert hat – zu den Lieferanten für die Elektro-Offensive gab es keine öffentlichen Angaben. Die geplante Batteriezell-Fabrik soll zunächst auf eine Kapazität von 30 GWh kommen und erweiterbar sein. Für eine Million Elektroautos pro Jahr werden die 30 GWh nicht reichen – bei einer angenommenen Batteriegröße von 80 kWh pro Auto im Schnitt wären es nur 375.000 Fahrzeuge. GM muss also auch von anderen Zulieferern zukaufen und auch selbst erst einmal die Rohmaterialien für die eigene Zellproduktion beschaffen.
Update 06.03.2020: Inzwischen sind noch weitere Details zu der neuen Zell-Technologie der Ultium-Batterien bekannt geworden. Unter Berufung auf Andy Oury, den leitenden Batterie-Ingenieur bei GM, schreibt „Electrek“, dass die Zellen 60 Prozent mehr Kapazität als die im Chevrolet Bolt EV eingesetzten Zellen bieten sollen. GM wechselt von der NMC-Chemie (Nickel-Mangan-Kobalt) zu einer NMCA-Chemie, fügt also noch Aluminium hinzu. Dies sei der Schlüssel zur Reduzierung des Kobalt-Anteils um 70 Prozent. Die neue Chemie wurde mit dem Partner LG Chem entwickelt, sei aber Eigentum von GM.
carscoops.com, electrek.co, electriccarsreport.com, gm.com, electrek.co (Update)
1 Kommentar