e.GO Mobile stellt Antrag auf Schutzschirmverfahren
Der Aachener Elektroautohersteller e.GO Mobile hat beim Amtsgericht Aachen einen Antrag auf ein Schutzschirmverfahren gestellt – eine Sonderform der Insolvenz in Eigenverwaltung. Wegen der Corona-Krise ist offenbar der chinesische Investor doch nicht eingestiegen.
Dem Antrag habe das Gericht bereits stattgegeben und Biner Bähr von White & Case zum vorläufigen Sachwalter bestellt, wie das Unternehmen in einer Mitteilung schreibt. Zudem soll Paul Fink aus der auf Restrukturierung und Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei FRH den Vorstand als Generalbevollmächtigter ergänzen. Bei einem Schutzschirmverfahren handelt es sich um eine Sonderform der Insolvenz in Eigenverwaltung: Ziel des Verfahrens ist die Vorlage eines Insolvenzplans. Während des Verfahrens behält das Unternehmen als Schuldner die Verfügungsgewalt und kann weiterhin selbst handeln. Es liegen also lediglich Insolvenzgründe vor, das Unternehmen ist aber noch nicht zahlungsunfähig.
„Unsere überwiegend strategischen Investoren haben uns bis hierhin stark unterstützt und uns ermöglicht, als einziges Start-Up in Europa einen E-Pkw in Serie auf die Straße zu bringen. Jetzt haben sie verständlicherweise andere Prioritäten“, wird Unternehmensgründer und CEO Günther Schuh in der Mitteilung zitiert.
Schuh ließ dabei offen, wie diese „anderen Prioritäten“ zu deuten sind. Ein wahrscheinliches Szenario: Der chinesische Hersteller, mit dem e.GO Mobile laut im Januar verkündeten Plänen in einem Joint Venture die Großserienfertigung in China stemmen wollte, ist doch nicht eingestiegen. In einem Ende Januar veröffentlichten Interview hatte Schuh bestätigt, dass das Unternehmen bis dahin 310 Millionen Euro von Investoren eingesammelt habe. Den Finanzbedarf, um „auf eigenen Füßen“ stehen zu können, gab Schuh damals mit 105 Millionen Euro an. „Davon haben wir über 50 Millionen als Eigenkapital von unserem chinesischen Partner sicher“, sagte der e.GO-CEO. „Die Verträge sind unterschrieben, der Transfer des Geldes ist im Gang.“
Trotz der unterschriebenen Verträge scheint der Deal aber nun doch nicht zustande kommen. Damit wäre ein wichtiges Zukunftsprojekt geplatzt, während sich in Deutschland die Probleme gehäuft hatten.
So wurden etwa im vergangenen Jahr statt der angekündigten 3.300 lediglich 526 Fahrzeuge produziert. Für 2019 ist nach vorläufigen Zahlen ein Verlust von rund 50 Millionen Euro angefallen – bei gerade einmal 20 Millionen Euro Umsatz. Bereits im Oktober hatte e.GO Mobile mit großen Geldsorgen zu kämpfen. „Eine Finanzierung über den Markt“ sei damals nicht möglich gewesen. Der Insolvenz ist das Unternehmen nur entgangen, weil die Aktionäre 100 Millionen Euro nachgeschossen haben.
Diese rettende Geldspritze bliebt jetzt offenbar aus. Dennoch schmiedet Schuh laut der Mitteilung weiter große Pläne und wolle „2021 sowie 2022 stark wachsen“ – auch an der Prognose eines positiven operativen Cashflows ab dem zweiten Halbjahr 2020 hält das Unternehmen fest. „Daher wollen wir auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Bord behalten und hoffen, dass uns unsere Kunden und unsere Lieferanten auch während dieser Eigenverwaltungsphase die Treue halten“, so Schuh.
Der CEO bezeichnete die Insolvenz in Eigenverwaltung als „erneute Herausforderung von außen“ und verwies auf zahlreiche Probleme in der Vergangenheit, als etwa nach der Opel-Übernahme durch PSA keine Opel-Teile mehr verwendet werden durften oder die schärferen Freigabe-Regeln von Zulieferern. Auch die Erhöhung des Umweltbonus – in dessen Folge e.GO Mobile den Preis für den Life um 2.000 Euro anheben musste – wird erneut kritisiert. Damit habe die Regierung vorerst „einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil von e.GO Mobile im deutschen Markt“ kassiert, was daraufhin die weiteren Finanzierungsrunden deutlich erschwert habe.
e.go-mobile.com
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