Akasol verdoppelt Umsatz in 2019 / Europa bleibt Top-Markt
Der Batterie-Systemhersteller Akasol hat seinen Umsatz im vergangenen Jahr um 120 Prozent gesteigert. Für die Zukunft gibt sich der Vorstand bei der digitalen Bilanzpressekonferenz trotz Covid-19 sehr zuversichtlich.
Den Umsatz konnte das Unternehmen von 21,6 auf 47,6 Millionen Euro steigern. Insgesamt ist der Batterie-Systemhersteller noch nicht profitabel, das bereinigte EBIT liegt bei -2,4 Millionen Euro. Werden die Einmaleffekte nicht herausgerechnet, fällt das Minus mit 5,3 Millionen Euro noch etwas höher aus.
„Über alles betrachtet ein erfolgreiches Geschäftsjahr“, sagt Akasol-CEO Sven Schulz. „Zugleich haben wir uns zu Beginn des Geschäftsjahres mehr vorgenommen.“ Am Ende des Jahres seien jedoch die Abrufe der Kunden nicht so hoch gewesen, wie sie zuvor genannt wurden, so Schulz.
„Wir wären nicht gut beraten, wenn wir konkrete Ziele bei Marge und Umsatz nennen würden, dazu ist die Lage zu unsicher“, sagt der CEO. „Wir können anhand der angepassten Prognosen unserer Kunden sagen, dass es Chancen auf ein erhebliches Wachstum gibt – aber auch Risiken, da wir alle Entwicklungen heute natürlich noch nicht kennen.“ Voraussetzung sei, dass die Prognosen der Kunden nicht weiter nach unten korrigiert würden. Bei weiteren „massiven Restriktionen“ könne sich die Entwicklung verändern. Er sehe aber auch die Situation als Chance, die Elektromobilität voranzutreiben. Einen konkreten Zeitpunkt, wann eine Prognose für das laufende Jahr möglich sei, wollten aber weder Schulz noch CFO Carsten Bovenschen auf Nachfrage bestätigen. Auf Kurzarbeit habe das Unternehmen aber bisher verzichten können.
Bleibt der Rückblick auf 2019: Akasol hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben stark in den Ausbau der Produktionskapazitäten investiert – unter anderem wurde der Bau der neuen Firmenzentrale samt neuer Produktion (Gigafactory 1 genannt) im Süden Darmstadts beschlossen, zudem wurde der Ausbau am Standort Langen angestoßen. Letzterer wurde bereits im ersten Quartal 2020 abgeschlossen – sechs Monate vor dem Plan: Der Großauftrag eines Kunden, für den auf der Produktionslinie Langen II quasi exklusiv gefertigt wird, wurde früher abgerufen.
Eine weitere Investition in das Wachstum war die US-Tochter. In Hazel Park im US-Bundesstaat Michigan wird ein US-Standort samt Produktion mit einer Kapazität von 200 MWh aufgebaut. Die dortige Akasol Inc. sei 2019 erstmals in die Bilanz aufgenommen worden, wie Bovenschen erklärt – mit einem Buchwert von 2,9 Millionen Euro. Im gesamten Jahr ist in den USA aber ein Verlust von rund einer halben Million Euro angefallen.
Von der US-Tochter erhofft sich CEO Schulz bald weitere Aufträge. Einen ersten für elektrische Stadtbusse habe man bereits gewonnen, habe aber keine Freigabe, den Kunden zu nennen. Das US-Geschäft laufe aber etwas anders als in Europa, wie Schulz im Gespräch mit electrive.net berichtet: „Der Unterschied zu Amerika ist, dass man sehr viel Reichweite erzielen möchte.“ Sprich: Die Batterieladung soll bei den Bussen für den ganzen Tag reichen. Das Opportunity Charging mit Schnellladestationen entlang der Strecke, wie es sich in Europa gerade etabliert, sei „eher selten“, wenn dann in Kanada anzutreffen. Für die E-Lkw erwartet Schulz, dass vorerst der Pendelverkehr über kurze Strecken elektrifiziert werden.
Europa bleibt der größte Markt
Das Hauptwachstum wird aber weiter in Europa stattfinden. Aktuell sind das noch vor allem Batterie-elektrische Busse im ÖPNV, später erhofft sich Akasol jedoch auch den weitaus größeren Markt für E-Lkw erschließen zu können. Akasol hängt dabei nach eigenen Angaben nicht an Batterie-elektrischen Fahrzeugen, sondern sieht auch in der Brennstoffzelle eine Chance für die weitere Elektrifizierung. „Sie brauchen für jeden Wasserstoffantrieb auch ein Batteriesystem“, sagt Schulz.
Aktuell bietet Akasol zwei Systeme, die in FCEV eingesetzt werden können, jeweils eines mit Pouch- und prismatischen Zellen. Einer der Typen kann laut Schulz bereits auf einer Serien-Linie gebaut werden, der andere noch in Handarbeit. Zudem soll ein drittes System, das auf Rundzellen setzt, bald auf den Markt kommen. Erste Aufträge für die FCEV-Batterien sind bereits eingegangen – von Alstom für Brennstoffzellen-Züge und von einem „koreanischen Nutzfahrzeughersteller für ein Projekt in der Schweiz – sehr wahrscheinlich ist hier das Vorhaben von Hyundai gemeint.
Der gesamte Auftragsbestand, den Schulz als „zu 100 Prozent vertraglich abgesichert“ bezeichnet, beläuft sich bis 2027 auf zwei Milliarden Euro. Je nach Kunde habe man noch aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten 20 bis 30 Prozent abgezogen, um eher eine konservative Darstellung zu erreichen.
Geplante Produktionskapazität bereits vervierfacht
Insgesamt will das Unternehmen bis 2023 84 Millionen Euro in den Ausbau der vier Standorte Langen, Weiterstadt und Darmstadt (alle Hessen) sowie Hazel Park investieren. Beim Börsengang 2018 wurde noch mit einer Produktionskapazität von einer GWh geplant, nach aktuellem Stand sollen es bis 2022/2023 aber 4,3 GWh sein. Schulz deutet aber bereits heute an, dass der Ausbau weiter gehen wird: „Wenn weitere Aufträge kommen, werden wir sicher nicht mehr mit den 4,3 GWh auskommen.“
Dabei setzt Schulz viel Hoffnung in die sogenannte dritte Generation des Akasol-Batteriesystems, das Mitte 2021 in die Serienfertigung gehen soll. Derzeit wird an dem System noch entwickelt, insgesamt soll damit aber die Flexibilität erhöht werden. Neben den vorhandenen Zelltypen stehen dabei auch Rundzellen im Fokus, die im Rahmen der neuen Modellarchitektur laut Schulz „sehr modular und skalierbar“ angepasst werden können.
Mit der dritten Generation geht eine weitere Änderung einher: Die Module werden größer, in ein Batteriepack dafür weniger Module eingebaut. Den extremen Schritt wie CATL, die bei der Cell-to-Pack-Technologie komplett auf die Module verzichten, will Akasol aber nicht gehen. „Das hört sich zunächst gut an, aber sehr große Batteriezellen direkt in dem Pack erhöhen die Abhängigkeit von Defekten, erschweren das Thermo-Management und sind potenziell auch ein Sicherheitsrisiko“, sagt Schulz. „Wir sehen die kleinen Rundzellen, die in große Module integriert werden, hier deutlich im Vorteil.“
Das Wachstum wird aber nicht nur über das Eigenkapital finanziert. Im vergangenen Jahr hat die Akasol AG mehrere Kredite aufgenommen, die Eigenkapitalquote sank von 88 auf „solide“ (O-Ton Bovenschen) 63 Prozent. Während das Unternehmen auf eine Kapitalerhöhung verzichten will, sind weitere Kredite möglich. „Wenn es das Wachstum erforderlich macht, werden wir weitere Maßnahmen durchführen“, sagt Bovenschen.
Womöglich kommt neben Batteriemodulen für E-Busse, E-Lkw und weitere elektrische Gefährte noch ein anderes Geschäftsfeld hinzu: Akasol hat auch die Batteriemodule für die von VW Komponente entwickelten flexiblen Schnellladesäulen entwickelt, die wie berichtet derzeit in Wolfsburg getestet und später gemeinsam mit E.ON vermarktet werden sollen. „Das ist ein interessantes Produkt, das nicht nur den Ausbau der Ladeinfrastruktur beschleunigen kann, sondern auch eine interessante Möglichkeit für die Second-Life-Nutzung bietet“, sagt Schulz.
akasol.com
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