Launch des ACM City im Herbst im kleinen Kundenkreis

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Mit dem Projekt Adaptive City Mobility 2 hat das Team um Paul Leibold den Grundstein für ein Elektro-Taxi der besonderen Art und ein ganzes Ökosystem drumherum gelegt. Im Interview stimmt uns der Projektleiter auf ein baldiges Wiedersehen mit dem – dann serienreifen – Cityflitzer ACM City ein.

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Ein Leichtgewicht auf vier Rädern: Der mit auswechselbaren Akkus ausgestattete ACM City ist das Resultat einer knapp fünf Jahre währenden Entwicklungsarbeit – zunächst im Projekt Adaptive City Mobility 2 (ACM) aus dem Technologieprogramm „IKT für Elektromobilität“, inzwischen in Regie der noch jungen ACM GmbH. Projekt- und Firmenleiter Paul Leibold erläutert im Interview mit dem Channel Technologieprogramm „IKT für Elektromobilität“ auf electrive.net, warum es sich bei dem Fahrzeug nur um den sichtbarsten Teil eines ganzen E-Mobilitätssystems handelt, inwiefern gerade die fehlende Schnelllade- und Autobahntauglichkeit die Stärken des Modells sind und warum er keinen Wert darauf legt, dass der ACM City zu Everybody’s Darling wird. Bemerkenswert auch: Leibold betrachtet Citroëns neues E-Leichtfahrzeug Ami weniger als Konkurrenten denn als Mitstreiter, um den Weg hin zu „einfachen und vernünftigen E-Fahrzeugen“ zu ebnen.

Die wichtigste Botschaft von Leibold im Gespräch mit electrive.net-Redakteurin Cora Werwitzke ist aber wohl folgende: Es sieht so aus, als würde der City-Flitzer den Sprung vom Forschungs- zum Straßenfahrzeug schaffen. Der ACM-Chef verspricht für diesen Herbst einen fahrbereiten Serien-Prototypen samt Launch im kleinen Kundenkreis. Interesse an dem Fahrzeug besteht unter anderem in Indien. Hintergrund ist, dass Leibold Bundeskanzlerin Angela Merkel im November in deren Wirtschaftsdelegation nach Indien begleitet hatte, wo ACM als Referenzprojekt der Deutschen Bundesregierung für „Green Urban Mobility“ vorgestellt wurde.

Herr Leibold, im Zuge des Förderprojekts Adaptive City Mobility 2 ist das E-Leichtbaufahrzeug ACM City entstanden. Mit welchen fünf Begriffen würden Sie den Mini-Stromer beschreiben?

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Im Umfeld des Projekts war oft zu hören, dass man nicht nur ein Fahrzeug, sondern ein ganzes Elektromobilitätssystem entwerfe. Können Sie uns das kurz erläutern?

E-Mobilität ist immer das Zusammenspiel von E-Vehicle, Energielösung und intelligenter Vernetzung. Also nicht mehr alleine das Produkt E-Fahrzeug, sondern das E-Mobility Eco-System. Warum? E-Fahrzeuge überzeugen nur, wenn sie keine Reichweiten-Limitierung, Reichweiten-Angst und lange Ladezeiten mit sich bringen. Da reicht ein E-Fahrzeug alleine mit großem Akku nicht aus, denn dieses muss ich ja irgendwo an einem Fastcharger unterwegs laden können. Also benötigt das E-Fahrzeug eine Integration der Energieversorgung, was wiederum nur mit intelligenten Daten funktionieren kann. Dafür braucht es dann die intelligente Vernetzung. Tesla hat das als einziger E-Auto-Hersteller ja exzellent vorgemacht. Ohne das Tesla-Fastcharger-Network (Supercharger, Anm. d. Red.) plus intelligenter Vernetzung würde es Tesla schon lange nicht mehr geben beziehungsweise Tesla hätte den Aufstieg nur mit dem tollen E-Fahrzeug alleine nie geschafft.

Der Blick nach Kalifornien hat Sie also inspiriert?

Wir sind natürlich nicht Tesla und wollen uns auch gar nicht vergleichen. Vorbild ist Tesla für uns trotzdem allemal. Nur sehen wir uns in einer kleinen für Newcomer attraktiven Nische: Kleine, leichte und daher einfache und bezahlbare City E-Vehicle, die aufgrund ihres geringen Gewichtes mit Niedervolt betrieben werden können. Dadurch benötigen sie wenig Power, kleine bezahlbare Akkus mit maximal 20 kWh, wodurch diese Fahrzeuge in maximal sieben Stunden mit der vorhandenen Schuko-Stecker-Infrastruktur geladen werden können – ganz ohne Fastcharger – was riesig Geld spart. In Ergänzung als Range Extender vier kleine Akkus, die überall händisch gewechselt werden können. Durch die intelligente Vernetzung einer ganzen Flotte können sie dann innerhalb des Stadtgebietes die Versorgung der E-Flotte durch Akkus oder durch den Schuko-Stecker sicherstellen und das ist genau, was Flottenbetreiber dringend benötigen. E-Flotten, die wir uns gemeinsam in der Stadt teilen, werden uns dann auch helfen, Verbrenner- und Privatfahrzeuge im großem Maßstab zu ersetzen.

Zum Projektstart 2015 war der Ansatz eines urbanen E-Leichtbaufahrzeugs der Klasse L7e mit Wechselakkus visionär. Heute sind Swobbee und Infradianba testweise mit Wechselakku-Systemen in Berlin präsent und Citroën hat vor wenigen Wochen mit dem Ami ein leichtes Serienfahrzeug präsentiert, das dem ACM City in etlichen Aspekten ähnelt. Teile Ihres Ansatzes werden also aktuell schon von anderen Playern realisiert. Freuen Sie sich über Mitstreiter, die in dieselbe Richtung denken, oder ärgern Sie sich darüber, dass andere schneller sind?

Wir freuen uns über jeden Akteur, der in der L7e-Klasse aktiv wird, und die Bewegung hin zu einfachen und vernünftigen E-Fahrzeugen beziehungsweise Energiesystemen, die diese E-Fahrzeuge versorgen, unterstützt. Citroën hat unsere Aktivitäten auf gewisse Art und Weise geadelt, indem sie viele Ideen von ACM übernommen haben. Dennoch unterscheidet sich das Citroën-Konzept so stark von ACM, dass wir uns sicher nicht in die Quere kommen, sondern eher gemeinsam die Bewegung zu dieser neuen Kategorie von City E-Vehicle anschieben. Der Citroën Ami Pro ist im Gegensatz zum ACM City ein Zweisitzer, limitiert auf 45 km/h und 70 Kilometer Reichweite. Die Zielkunden sind hier vor allem Minderjährige ab 14 Jahren, die dieses Fahrzeug im Carsharing oder als Privatfahrzeug nutzen werden.

Ihre Antwort impliziert, dass der ACM City eine andere Zielgruppe im Fokus hat?

Ja, ACM fokussiert sich auf Flottenbetreiber mit den unterschiedlichsten Use-Cases: Ride-Hailing, Taxi, Carsharing, Tourismus und sogar Last-Mile-Logistik sind mit dem ACM City möglich. In der Serie werden wir sogar vier Sitze oder zwei Sitze plus Platz für eine Europalette haben, indem einfach die Rücksitzbank umgeklappt wird. Und das bei einer Grundfläche eines Smart Forfour. Beim Akkuwechselsystem haben wir die Möglichkeit, unsere eigenen Wechselakkus zu verwenden, wir können über eine Schnittstelle aber auch die Akkus von Anbietern wie Swoobee, Gogoro oder generell allen E-Roller-Modellen anpassen, die mit 48V-Wechselakkutechnik arbeiten. Mit unserer offenen Schnittstelle freuen wir uns über jeden neuen Anbieter von standardisierten Akkuwechselsystemen wie Swobbee. Erwähnt sei, dass wir die meisten Anbieter kennen und mit diesen auch im Gespräch sind.

Apropos: Wo steht der ACM City aktuell im Kommerzialisierungsprozess? Zuletzt haben wir im August 2019 von vielversprechenden Feldtests im Münchner Domagkpark und im November 2019 von der erteilten Straßenzulassung gehört.

Ja richtig, wir konnten das ACM-Förderprojekt im Oktober 2019 erfolgreich abschließen. Parallel dazu haben wir vor circa zwei Jahren die ACM GmbH für die weitere Industrialisierung gegründet. Mit einzelnen Partnern aus dem Förderprojekt sowie neuen großen und starken Industriepartnern und internationalen Investoren aus Asien und Europa treiben wir die Industrialisierung massiv voran. Schwerpunkt unserer derzeitigen Aktivitäten ist die Serienentwicklung von E-Vehicle, Energiesystem und Vernetzungssoftware. Im Herbst dieses Jahres werden wir trotz der Corona-Krise das finale Serien-Prototypenfahrzeug fahrbereit aufgebaut haben und exklusiv potenziellen Kunden vorstellen.

Stimmt es, dass große Flottenbetreiber wie Ola Fleet, ein u.a. in Indien und Australien aktiver Fahrtenvermittler, konkretes Interesse am ACM City angemeldet haben?

Im Nachgang unseres Delegationsbesuchs in Indien arbeiten wir mit lokalen Partnern an einem Referenzprojekt in Neu-Delhi, bei dem x-tausend ACM E-Fahrzeuge eingesetzt werden sollen. Leider bremst uns derzeit die Corona-Krise aus. Um die Frage nach Interessenten wie Ola aus Indien zu beantworten: Ja, viele sehr namhafte und große Flottenbetreiber aus aller Welt haben uns während der letzten Jahre in Bayern besucht, um unsere Entwicklungen zu begutachten. Leider mussten wir sie – wie bisher alle Gäste – während der Laufzeit des Förderprojekts mit langen Wartezeiten bis zum Serienstart vertrösten.

Wie lange müssen Interessierte Stand heute noch Geduld üben?

Wir werden ausgewählte Flottenkunden und Investoren zu unserem Launch im Herbst einladen und dann bekannt geben, wer das Fahrzeug produziert, was es kostet und wann es lieferbar ist. Mit diesen Infos werden wir nicht an die breite Öffentlichkeit gehen, da unsere Kunden reine B2B-Flottenbetreiber sind und keine B2C-Endkunden.

Das sind ja vielversprechende Neuigkeiten. Unabhängig davon: Kann das Fahrzeug seine Stärken in internationalen Märkten besser ausspielen als in Deutschland?

Aufgrund der Tatsache, dass wir keine Fastcharger benötigen und das Fahrzeug überall auf der Welt ganz einfach mit dem Schuko-Stecker laden beziehungsweise die Akkus wechseln können, sind vor allem aufstrebende Entwicklungs- und Schwellenländer an unserer Lösung interessiert. Denn dort ist den Betreibern mehr als klar, dass es zukünftig keine oder kaum Fastcharger geben wird. Dazu ist in diesen Ländern das Stromnetz nicht ausreichend vorhanden und Fastcharger sind ja selbst in Industrieländern noch kein wirklich attraktives Geschäft, sondern vielmehr aus unsere Sicht noch lange ein Zuschussgeschäft. Also Fastcharger sind in diesen Ländern undenkbar, wir sprechen hier von 50 bis 70 Prozent der Menschheit.

Der ACM City fährt maximal 90 km/h und ist somit kaum für die Autobahn und Schnellstraßen geeignet. Disqualifiziert er sich damit nicht für den ländlichen Raum und schränkt das ergo nicht die denkbaren Geschäftsmodelle ein?

Fokus ist aus unserer Sicht einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Nicht Everybody’s Darling sein zu wollen ermöglicht, dass man sich auf eine Zielgruppe konzentriert. 70 Prozent der Menschheit lebt zukünftig in Städten, dort wo die größten Probleme in Hinsicht auf Mobilität, Abgase, Verkehrsinfarkt, etc. gelöst werden müssen. Wenn wir gleichzeitig das Fahrzeug noch autobahntauglich machen, würde es schneller als 90 km/h sein müssen, damit mehr Leistung benötigen, größere Akkus, mehr Gewicht und damit mehr Kosten. Damit würde unser E-Vehicle wieder sehr ähnlich zu dem, was es schon gibt. Damit hätten wir keine Chance gegenüber etablierten großen Autoherstellern.

Mit dem ACM City eVan und dem ACM City ePickup stellen Sie auch Derivate des Standardmodells in Aussicht. Warum sollte ich mir als Unternehmer eher eines dieser Fahrzeuge beschaffen als – sagen wir – einen vollelektrischen 3,5-Tonner?

Unser Fokus ist sicherlich unsere Personen-Variante, die man einfach durch umklappen der Rücksitzbank jederzeit zum Van umfunktionieren kann. Dann passt hinten eine Europalette in das Fahrzeug, was bei einer Grundabmessung von 3,5 x 1,5 Meter einmalig auf der Welt ist. Das Ladevolumen auf der Europalette entspricht dann 1.350 Liter. Da passen dann zum Beispiel 24 Bierkisten drauf. Wir wollen damit sicherlich nicht mit einem 3,5-Tonner konkurrieren. Wir sind eher in dem neuen Segment der Cargo-Elektrobikes vergleichbar – mit dem Nachteil, dass wir nicht die Fahrradwege benutzen dürfen, aber mit dem Vorteil dass wir schneller unterwegs sind, mehr Reichweite und Ladevolumen haben und damit ein ergänzendes Angebot bei der Last-Mile-Logistik darstellen. Ob wir dann zukünftig noch einen Pickup anbieten oder nicht – das beschäftigt uns derzeit eher nicht, das ist dann eher ein Luxusproblem. Unser E-Vehicle ist auf jeden Fall so konstruiert, dass man im Fall der Fälle mit überschaubarem Aufwand den Pickup als süße Antwort auf den Tesla Cybertruck auf den US-Markt bringen kann. (lacht)

Fast fünf Jahre Entwicklung, Konzeptionierung und Erprobung sind seit dem Projektstart vergangen. Was macht Sie sicher, dass der ACM City jetzt das richtige Fahrzeug zur rechten Zeit wäre?

Das macht mich jetzt nicht sicher, davon waren alle Beteiligten und ich von Anfang an überzeugt, sonst hätten wir kaum die vielen Partner, die vielen Kundenanfragen und das große gemeinsame Investment geschafft. Die Corona-Krise lehrt uns allerdings derzeit, dass gar nichts sicher ist. Ich würde eher die Sachlage so darstellen, dass unsere Lösung einfach logisch, einfach und bezahlbar ist. Das spricht für sich.

Apropos Corona: Sie haben angedeutet, dass der Ausnahmezustand auch Ihre internationalen Kooperationen beeinträchtigt. Gibt es denn trotzdem etwas Positives, dass sie dieser Notlage abgewinnen können?

Die Corona-Krise wird uns unter anderem lehren, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Ich vermute, es wird damit immer offensichtlicher, dass es kein ökologischer und sozialer Ansatz ist, mit 2,5-Tonnen-Fahrzeugen in Innenstädten unterwegs zu sein. Dieses Marktsegment wird in den nächsten Jahren schrumpfen, das Marktsegment in dem sich ACM befindet, massiv wachsen und in Folge dessen werden weltweit Produktionskapazitäten für E-Fahrzeuge wie das ACM E-Vehicle angeboten. Davon wird ACM sicherlich profitieren.

Wer das hier gelesen hat und sich für den ACM City interessiert: Wie kann man über die nächsten Entwicklungsschritte auf dem Laufenden bleiben?

Flottenbetreiber und Logistiker können sich dem potenziellen Kundenkreis gern anschließen, der das Fahrzeug zuerst vorgestellt bekommt. Einfach eine Mail an info@adaptive-city-mobility.de senden – dann informieren wir Interessenten weiter zum Launch.

Über das Projekt:

Adaptive City Mobility 2 (ACM) war ein Förderprojekt des Technologieprogramms „IKT für Elektromobilität“, welches vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie von 2015 bis 2019 gefördert wurde. Zum Konsortium gehörten Ametras rentconcept, BMZ GmbH, EuroDesign GmbH, das Fraunhofer IKS, Green City Projekt GmbH, Plexiweiss GmbH, remoso GmbH, die RWTH Aachen, Roding Automobile GmbH, Siemens AG sowie StreetScooter GmbH. Im Vorgängerprojekt Adaptive City Mobility 1 wurde das Konzept eines emissionsfreien Mobilitätssystems entworfen und ein zugehöriges Prototypfahrzeug entwickelt. In ACM2 soll auf den Vorarbeiten aufbauend ein Feldtest des E-Mobilitätsgesamtsystems durchgeführt werden.

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