DC- oder AC-Laden? Renaults Zoe bietet neuerdings die Wahl
Beim heimischen Laden macht dem Renault Zoe so schnell keiner etwas vor. Nach seiner jüngsten Überarbeitung ist das beliebte Elektroauto gegen Aufpreis nun auch DC-fähig nach CCS. Christoph M. Schwarzer kommen bei seiner Probefahrt jedoch Zweifel, ob Renault damit wirklich einen Mehrnutzen für jedermann schafft.
Das Sirren ist hochfrequent und charakteristisch: Wenn ein Renault Zoe an einer Wallbox oder einen öffentlichen Säule Wechselstrom (abgekürzt AC für alternating current) lädt, ist das für Kenner hörbar. Seit dem Verkaufsstart Anfang 2013 und bis heute ist die serienmäßige Fähigkeit, dreiphasig mit 22 kW Leistung laden zu können, ein Alleinstellungsmerkmal in dieser Klasse. Und auch sonst ist dieses Gerät lediglich beim technisch verwandten Smart EQ zu finden. Andere (Tesla) haben den Doppellader aus dem Programm genommen oder (Audi) liefern es noch nicht aus. Damit ist der Renault Zoe der King des heimischen Ladens, was für die eigene Garage, aber auch für den Firmenparkplatz gilt.
Dieser lebenspraktische Vorteil ist auch vor dem Hintergrund der auf 52 kWh gestiegenen Batteriekapazität wichtig. Die Spitzenversion R135 Intens fuhr electrive.net, die außerdem DC-fähig nach CCS war, wofür Renault 1.090 Euro Aufpreis verlangt. Viel Geld für einen Mehrnutzen, der nicht in allen Nutzungsprofilen Sinn ergibt.
An einer Wallbox (AC) mit entsprechender Leistung liegt die Werksangabe bei zwei Stunden und 40 Minuten bis zu einem SoC (State of Charge oder Ladestand) von 80 Prozent. Ein Wert, der im Testzeitraum jederzeit nachvollziehbar war. Lag es an den Außentemperaturen von über fünf Grad plus, dass die Ladeleistung nicht zurückging? Schließlich ist bekannt, dass der oder besser: die Zoe kälteempfindlich ist. Coldgating war im maritimen Hamburger Winter jedenfalls AC-seitig nicht feststellbar. (Ja, unser Test ist tatsächlich schon eine Weile her.)
Müde DC-Ladeleistung
Beim Gleichstromladen sah es leider anders aus: Hier liegt die Werksangabe bis zu einem SoC von 80 Prozent bei einer Stunde und zehn Minuten. Das ist definitiv schneller als mit Wechselstrom, aber nicht unbedingt das, was von einem zeitgemäßen Batterie-elektrischen Auto erwartet werden kann. Wenn der elektrochemische Speicher keine Wohlfühltemperatur hat, war die höchste Ladeleistung von rund 45 kW nur im niedrigen SoC-Bereich ablesbar. In einem Fall sackte sie bei SoC 55 Prozent plötzlich auf 22 kW ab – mithin auf die Zahl, die AC-seitig möglich ist. Also zack, weg von der DC-Säule und hin zum vergleichsweise kostengünstigen Wechselstrom.
Leider ist der Renault Zoe wie gehabt kein Muster an Effizienz. Die Aerodynamik kann nicht mit einem Hyundai Ioniq mithalten, und das Resultat ist ein Autobahnverbrauchsspanne bei per GPS eingetakteten 130 km/h (Tachoanzeige: 132 km/h) von 21 kWh/100 km bei Windstille, trockener Straße und ebener Topografie bis 29,4 kWh/100 km bei fünf Beaufort Gegenwind. Eine Reduktion der Geschwindigkeit auf 120 km/h bringt der Logik der Fahrwiderstände folgend bereits eine Menge, aber lange Strecken bleiben mühsam. Ärgerlich ist, dass weiterhin keine adaptive Geschwindigkeitsregelung bestellbar ist.
Konzentrieren wir uns also nicht auf das, was dem Zoe nicht perfekt gelingt, sondern auf das, was er kann: Das mit 1.798 Exemplaren im Januar meistzugelassene Elektroauto in der Republik ist ideal als Daily Driver mit Kraft und Komfort. Die angezeigte Reichweite lag mit einem Durchschnittsverbrauch von 17,4 kWh/100 km ohne Ladeverluste bei 250 km. Hieraus resultieren nur knapp 44 kWh Nettokapazität statt der versprochenen 52 kWh. Verbuchen wir es unter der genannten Kälteempfindlichkeit, die sich auch in der von Renault angegebenen „tatsächlichen Reichweite“ von 240 km im Winter und 375 km bei „milden Temperaturen“ spiegelt.
Golf IV-Format und durchdachte Praxislösungen
Der Renault Zoe spielt beim Raumangebot in einer anderen Liga als etwa ein Volkswagen e-Up; er ist ein klassischer Kompaktwagen mit 4,09 Meter Außenlänge. Hier ist Platz. Vorne profitiert das Raumgefühl durch die weit nach vorne gezogene Windschutzscheibe. Cab Forward Design nannte sich das, als es aufkam. Es erinnert in Kombination mit der großen Höhe von 1,56 Meter an einen Van. Kein Kleinstwagen, sondern Golf IV-Format.
Erwähnenswert sind nach der großen Überarbeitung einige durchdachte Lösungen, die in allen Versionen serienmäßig sind. So haben LED-Vollscheinwerfer mit guter Lichtausbeute das defizitäre Halogenlicht ersetzt. Die P-Position im Wahlhebel wurde ersatzlos gestrichen – es ist eine interessante Erfahrung, wie überflüssig das P ist, weil elektronische Parkbremse und Auto Hold perfekt funktionieren. Ebenfalls sehr gut arbeitet die Keycard Handsfree, die den Renault Zoe beim Annähern öffnet und beim Entfernen schließt.
Stark verbessert wurde auch das Online-Multimediasystem Easy Link. Es ist viel schneller geworden und verfügt über eine Sprachsteuerung, die meistens, aber nicht immer funktionierte. An den typisch französischen Bediensatelliten kann man sich gut gewöhnen. Die Navigation ist lediglich in der höchsten Ausstattungsversion Intens ohne Mehrkosten enthalten und für das Einstiegslevel Life gar nicht – hier ist jedoch Android Auto und Apple Car Play drin; ein Smartphone leistet also gute Dienste.
Batteriekauf, Miete oder Vollleasing?
Flottenbetreiber sollten darauf achten, den Renault Zoe an einer dreiphasigen Wallbox mit elf oder 22 kW zu laden: Wer das Notladekabel für den Schukostecker nutzt, muss mit hohen Ladeverlusten rechnen. Das Typ 2-Kabel ist im Grundpreis inbegriffen. Renault bietet auf Anfrage die Wallbox KEBA KeContact P30 mit 22 kW Leistung für 959 Euro plus Montage an.
Privatkunden fragen sich manchmal, ob sie die Batterie kaufen oder mieten sollen. Das ist letztlich ein Rechenexempel, das jeder für sich prüfen muss. Und bei Geschäftskunden dürfte das befristete Vollleasing ohnehin üblicher sein.
Für alle Besteller gilt, dass sie in den Genuss des so genannten Umweltbonus kommen. Das sind aktuell 6.000 Euro brutto vom Steuerzahler und 3.000 Euro netto vom Hersteller. Die Preise beginnen bei 21.990 Euro plus Batteriemiete – aber ohne den Umweltbonus – für die Ausstattungsversion Life mit 41 kWh Batteriekapazität und enden bei 35.990 Euro mit gekaufter 52 kWh-Batterie beim R135 Intens. Den Clou in Gestalt des 22 kW AC-Laders haben alle. Der Renault Zoe hat sich damit zur gefälligen Wahl für jene gemacht, die einfach nur ein Elektroauto wollen.
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