Elektroauto für Ein- und Umsteiger: Fahrbericht Opel Corsa-e
Der Opel Corsa-e ist der Kontrapunkt zum Renault Zoe. Wie gut kann ein Elektroauto sein, dass in gleicher Form auch mit Verbrennungsmotor verkauft wird? Christoph M. Schwarzer hat sich den Elektro-Opel einmal genauer angesehen. Und nur wenige Schwächen ausgemacht.
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Alle guten Dinge sind mindestens sechs – das jedenfalls trifft bei der französischen Groupe PSA (Peugeot Société Anonyme) zu: Opel Corsa-e und Mokka-e, Peugeot e-208 und e-2008, DS 3 Crossback E-Tense und Citroen e-C4 basieren auf der gleichen Plattform e-CMP. Die e-CMP wurde zusammen mit Dongfeng entwickelt und hat attraktive technische Eckdaten: 50 Kilowattstunden (kWh) Energieinhalt in einer flüssigkeitsgekühlten Batterie, optional dreiphasiges AC-Laden mit elf Kilowatt (kW) Leistung, und DC-seitig sind serienmäßig bis zu 100 kW drin. Das preisgünstigste Elektroauto auf dieser gemeinsamen Basis ist der Opel Corsa-e. Ein Kompaktwagen, der im Praxistest einen interessanten Kontrapunkt zum beliebten Renault Zoe setzt.
Den Opel Corsa gibt es auch mit Verbrennungsmotor. Ein Frevel, könnte man meinen. Denn einerseits können so die vollen Potenziale des Batterie-elektrischen Antriebsstrangs nicht genutzt werden. Andererseits wurde der Corsa selbstverständlich von Beginn an auch als Elektroauto konzipiert. Solche Multiantriebsfahrzeuge müssen keineswegs schlecht sein – siehe Hyundai Kona und Ioniq, Kia Niro oder Volkswagen e-Golf. Und nicht jeder Kunde möchte mit einem BMW i3 oder einem Volkswagen ID.3 auffallen. Der Corsa-e ist von außen kaum unterscheidbar; allein der Schriftzug und das E-Kennzeichen verraten ihn.
Konkurrent zum Renault Zoe
Wie man ein Auto baut, muss den Opel-Ingenieuren niemand erklären. Nur dass der Corsa dem niedlichen Kleinwagendasein längst entrückt ist, haben noch nicht alle Passanten verstanden – das soll ein Corsa sein, so groß? Ja. Mit 4,06 Meter Länge und 1,77 Breite geht er stramm in die Richtung der einstmaligen Golf-Klasse, obwohl er mit Volkswagen Polo und Toyota Yaris konkurriert. Oder, um bei den Elektroautos zu bleiben: Mit dem (oder der) Renault Zoe.
Während der Renault wegen der hohen und aufrechten Sitzposition sowie der weit nach vorne gezogenen Frontscheibe fast als Van durchgeht, sitzt man im Opel Corsa-e niedrig, nahezu sportlich und trotzdem höchst bequem: Der Corsa-e ist fast 13 (!) Zentimeter flacher. Das verringert die Stirnfläche, verbessert also die Aerodynamik und verhilft dem Opel zu einem Autobahnverbrauch von 21,6 kWh / 100 km (vorgewählte Geschwindigkeit 132 km/h entsprechend per GPS gemessener Richtgeschwindigkeit). Dieser Mittelwert aus mehreren Messungen wäre vom Renault Zoe überboten worden.
An der DC-Ladesäule liegt die maximale Ladeleistung des Opel Corsa-e sogar ungefähr doppelt so hoch wie im Renault Zoe. In der Spitze waren 97 kW ablesbar (SoC / Ladestand dabei: bis 30 Prozent), und auch bei einem SoC von 50 Prozent waren es noch knapp 80 kW. Erst ab einem SoC über 70 Prozent sackt die Leistung deutlich auf unter 30 kW ab. Der Opel Corsa-e ist im Vergleich dieses Segments also ein langstreckentaugliches Elektroauto, auch wenn er naturgemäß nicht mit zum Beispiel einem Tesla Model 3 Long Range mithalten kann.
16,1 kWh / 100 Durchschnittsverbrauch
Im Testmittel legte der Opel Corsa-e mit einem Stromverbrauch von 16,1 kWh / 100 km (ergänzend der Stadtverbrauch: 13,8 kWh / 100 km) fast eine Punktladung hin: Der WLTP-Wert beträgt 16,8 kWh / 100 km, wobei die gesetzliche Angabe inklusive und der Bordcomputerwert aus der Praxis exklusive Ladeverlusten zu verstehen ist. Beim gemächlichen AC-Laden muss wegen der Umwandlung von Wechsel- und Gleichstrom mehr bezahlt werden, als im eigentlichen Auto verbraucht wird. Bei der TCO-Berechnung wird das häufig vergessen. Das ADAC Technik Zentrum hatte hierzu kürzlich Messwerte veröffentlicht; leider war noch kein Vertreter der e-CMP dabei. Die Abweichungen anderer Elektroautos lagen zwischen zehn und 20 Prozent.
Überhaupt, das Laden mit AC an der heimischen Wallbox oder einem öffentlichen Ladepunkt: Der Opel Corsa-e kostet weniger als der Peugeot e-208, weil er auf das serienmäßige dreiphasige Ladegerät verzichtet. Der Aufpreis stattdessen: 1.160 Euro. Beim Renault Zoe ist das in allen Varianten enthalten und schafft die doppelte Ladeleistung von 22 kW. Interessenten sollten sich wie immer überlegen, was das eigene Einsatzprofil ist: Geht es um die schnelle urbane Zwischenladung oder eine geringe Standzeit auf dem Firmenparkplatz, sollte in das 11 kW-Ladegerät investiert oder nach dem Renault geschielt werden. Reicht das gemächliche Laden über eine lange Nacht und sollen zugleich immer wieder größere Entfernungen zurückgelegt werden, ist vielleicht sogar der Opel Corsa-e mit einphasigem Standardladegerät mit 7,4 kW Leistung (Schieflast entsprechend reduziert) die ideale Wahl.
Bruttolistenpreise unter 20.000 Euro
Die Preisliste des Opel Corsa-e beginnt bei 29.146,22 Euro brutto (16 Prozent MwSt.). Hiervon kann die Innovationsprämie in Höhe von 9.480 Euro abgezogen werden. Die Summe setzt sich aus dem über das BAFA ausgeschütteten Staatsanteil von 6.000 Euro plus 3.000 Euro Nettopreisreduktion durch den Hersteller zusammen. Das Basismodell Selection ist ausschließlich in dezentem Mondstein Grau erhältlich, hat aber bereits eine sinnvolle Ausstattung. Die Klimaautomatik ist ebenso serienmäßig wie das radarbasierte automatische Notbremssystem oder die Möglichkeit, die Smartphone-Navigation per Android Auto oder Apple CarPlay ins 7-Zoll-Zentraldisplay zu spiegeln.
Das obere Ende der Corsa-e-Spannbreite markiert die GS Line für mindestens 32.065,71 Euro. Hier sind etliche Optionen im Preis inbegriffen und andere wie der adaptive Tempomat (ACC) erst bestellbar. Allerdings sind die Fahrautomatisierungssysteme nicht auf dem neusten Stand. Zwar arbeitet das ACC zuverlässig. Viele weitere Funktionen können aber nicht mit dem Level mithalten, das etwa bei Elektroautos der Hyundai Motor Group üblich ist. Weil außerdem die 17-Zoll-Felgen der GS Line den Abrollkomfort des grundsätzlich komfortabel abgestimmten Corsa-e einschränken, sollten sich Interessenten besonders die Basisversionen Selection und Edition ansehen.
Noch in diesem Jahr lieferbar
Ausgeprägte Schwächen hat der Opel Corsa-e nicht. Abstriche gibt es dennoch: So ist das Kofferraumvolumen im Vergleich zu den Varianten mit Verbrennungsmotor um 42 auf 267 Liter geschrumpft. Die Batteriekühlung lüftet oft und ziemlich laut. Auch die Geräuschdämmung des Fahrwerks ist lediglich auf dem Niveau des Renault Zoe und demnach klassenüblich. Positiv dagegen sind Verarbeitungsqualität und Materialauswahl. Wie oben erwähnt: Opel weiß, wie man ein Kompaktauto baut.
Fazit
Der Opel Corsa-e ist die ideale Wahl für kostenbewusste Elektroautokäufer, die für ihr individuelles Einsatzprofil auf eine hohe und reproduzierbar abrufbare DC-Ladeleistung Wert legen. Er spricht Ein- und Umsteiger an, die kein auffälliges Elektroauto wollen, sondern einfach ein Auto, das solide funktioniert. Das Ganze gemischt mit dem gefälligen Design lässt einen erfolgreichen Absatz vermuten, zumal Opel auf Anfrage von electrive.net verspricht, dass der Corsa-e noch in diesem Jahr ausgeliefert wird, falls er heute bestellt wird.
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