Niederländische Studie: Aktuelle E-Autos für weniger CO2 verantwortlich als Verbrenner
Laut einer neuen Studie der TU Eindhoven im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion sind aktuell verkaufte E-Autos im Vergleich zu Verbrennern für deutlich weniger CO2-Emissionen verantwortlich – auch wenn man die Produktion der Batterie sowie den Stromverbrauch mit einrechnet.
So verursacht ein Tesla Model 3 der Studie zufolge pro Kilometer 91 Gramm CO2-Äquivalent pro Kilometer – 65 Prozent weniger als die 260 Gramm eines Mercedes C 220d. Damit hat der Tesla der Studie zufolge seinen CO2-Rückstand durch die Produktion der Batterie bereits nach 30.000 Kilometern wettgemacht. In diesen Zahlen sind sowohl die Fertigung als auch die Nutzung der Fahrzeuge berücksichtigt.
Konkret beziffert die TU Eindhoven in der Studie mit dem Titel „Vergleich der lebenslangen Treibhausgasemissionen von Elektroautos mit den Emissionen von Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselmotoren“ den Herstellungsprozess des Model 3 mit 51 Gramm pro Kilometer (davon 23 Gramm für die Batterie), beim Fahren fallen weitere 40 Gramm CO2 pro Kilometer an – macht die genannten 91 Gramm. Der Mercedes schneidet in der Produktion besser ab und kommt in dieser Wertung auf 32 Gramm CO2-Äquivalent. Bei der Fahrt werden jedoch 228 Gramm CO2 pro Kilometer freigesetzt, womit die Gesamtbilanz deutlich zugunsten des Tesla ausgeht.
Der Vergleich des Model 3 mit einer Diesel-befeuerten C-Klasse kommt nicht von ungefähr, denn in der viel kritisierten Studie des Ifo-Instituts wurde der amerikanischen E-Limousine eine deutlich schlechtere CO2-Bilanz als der Mercedes C-Klasse attestiert.
Der CO2-Rucksack von rund 30.000 Kilometern lässt sich der Studie zufolge auch auf ein anderes Segment mit anderem Vergleichs-Antrieb übertragen. Mit Produktion und Nutzung kommt der VW e-Golf auf 78 Gramm CO2-Äquivalent. Der Toyota Prius – immerhin mit Hybridantrieb – kommt wegen des CO2-Ausstoßes des Benziners auf 168 Gramm pro Kilometer. Nach in diesem Fall 28.000 Kilometern hat der e-Golf den höheren CO2-Ausstoß seiner Produktion wettgemacht und spart mit jedem weiteren Kilometer im Vergleich zum Prius CO2 ein.
Die größte prozentuale Ersparnis hat sich bei Sportwagen ergeben – wenn auch hier der Vergleich wegen der unterschiedlichen Fahrzeuge und Zielgruppen etwas hinkt. Bei der Herstellung eines Bugatti Veyron sind laut der Studie 40 Gramm CO2-Äquivalent angefallen – beim Fahren jedoch stolze 738 Gramm. Als Vergleichsfahrzeug dient ein Porsche Taycan mit 93-kWh-Batterie. Die Produktion des Fahrzeugs selbst schlägt mit 36 Gramm zu Buche, die Batterie mit 28 Gramm – macht 64 Gramm CO2-Äquivalent pro Kilometer in der Produktion. Das Fahren wird mit 76 Gramm je Kilometer berechnet, womit der Taycan auf 140 Gramm in der Summe kommt. Das sind 82 Prozent weniger als die 778 Gramm des Bugatti – und nur 11.000 Kilometer für den CO2-Rucksack.
Andere Annahmen sorgen für niedrigere Ergebnisse
Die großen Unterschiede zu anderen Studien erklären die niederländischen Forscher mit einigen Annahmen, die der aktuellen Erhebung zugrunde liegen. Ein wichtiger Hebel sind die Informationen über die Batterieproduktion: Basierend auf Daten von Tesla und anderen aktuellen Veröffentlichungen haben die Forscher einen Mittelwert von 75 Kilogramm CO2-Äquivaltente pro Kilowattstunde Batteriekapazität festgelegt. Viele Studien, die Elektroautos eine deutlich schlechtere CO2-Bilanz unterstellen, haben sich auf die Meta-Studie des schwedischen Umweltforschungsinstituts IVL aus dem Jahr 2017 berufen, die von 175 kg/kWh ausging. In einer aktualisierten Fassung aus dem Jahr 2019 ist bereits von 87 kg/kWh die Rede.
Zudem haben die Wissenschaftler der TU Eindhoven mit einer längeren Lebensdauer der Hochvolt-Batterien und des Autos gerechnet. Bisherige Studien lagen meist im Bereich der von den Herstellern zugesicherten Garantie-Umfängen von oftmals 160.000 Kilometern. „Empirische Daten zeigen jedoch, dass moderne Batterien höchstwahrscheinlich eine Laufzeit von mehr als 500.000 Kilometern haben werden“, so die Niederländer. Aus diesem Grund habe man eine Lebensdauer von 250.000 Kilometern angenommen.
Auch bei dem Strommix und dem damit verbundenen CO2-Ausstoß haben die Forscher mit 250 Gramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde einen für Elektroautos vorteilhaften Wert gewählt. Gegenüber dem „Spiegel“ kritisierte Christian Bauer, Umweltsystemwissenschaftler am Paul-Scherrer-Institut, diese Annahme als „derzeit etwas optimistisch“. „ 400 Gramm wären hier ein besser abgesicherter Wert“, so Bauer. Aber: Elektroautos werden oft (als Förder-Voraussetzung für Ladepunkte) mit Ökostrom geladen, weshalb der Wert in der Praxis durchaus unterhalb der CO2-Emissionen des Strommixes liegen kann.
Die Annahmen zur Lebensdauer der Batterie bezeichnet der Schweizer Forscher jedoch für realistisch. Auch die in der Studie angenommenen Verbesserung des Strommixes hin zu erneuerbaren Energien hält der PSI-Forscher für korrekt.
Frühere Studien hatten „eine Reihe von Mängeln“
Die von dem Forscher Auke Hoekstra und Maarten Steinbuch, Gründer des Masterstudiengangs Automobiltechnik an der Eindhoven University of Technology, durchgeführten Studie bescheinigt den früheren Studien „eine Reihe von Mängeln“. „Ordentliche Berechnungen“ würden zeigen, dass „Elektrofahrzeuge bereits heute weniger als die Hälfte der Treibhausgase ihrer mit fossilen Brennstoffen betriebenen Pendants ausstoßen“.
Zu diesen Fehlern gehörten laut der TU Eindhoven die übertrieben hohe Annahme der Treibhausgasemissionen in der Batterieproduktion, die Unterschätzung der Batterielaufzeit und die Annahme, dass die Elektrizität über die Lebensdauer des Fahrzeugs nicht sauberer wird. Zudem wurde bei Verbrennern teils mit dem unrealistisch niedrigen NEFZ-Verbrauch gerechnet. Für die aktuelle Studie haben Hoekstra und Steinbuch nach eigenen Angaben auf Straßenmessungen von spritmonitor.de und „unabhängige Testmessungen mit einer guten Erfolgsbilanz (von der EPA in den USA)“ gesetzt. Zudem würden neue Forschungen belegen, dass die Emissionen im Zusammenhang mit der Herstellung von Benzin und Diesel größer sind als bisher angenommen – die CO2-Emissionen von Benzinern wurden daher um 30, die von Dieselfahrzeugen um 24 Prozent erhöht.
Als generellen Freifahrtschein für Elektroautos wollen Hoekstra und Steinbuch ihre Studie aber nicht verstanden wissen. „Autos haben andere Nachteile, wie ihre Unvereinbarkeit mit dichten und sicheren Städten, ihren Ressourcenbedarf und die Auswirkungen auf die Ökologie, die mit der Ressourcennutzung verbunden sind“, heißt es zum Abschluss der Studie. „Aber sie könnten sicherlich konventionelle Autos ersetzen und dabei die Treibhausgasemissionen von Autos weitgehend eliminieren.“
spiegel.de, dropbox.com (Studie als PDF)
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