Deutschland will E-Mobilität EU-weit fördern
Deutschland will offenbar seine EU-Ratspräsidentschaft dazu nutzen, die E-Mobilität voranzubringen. Dabei sollen neben dem verpflichtenden Aufbau von Wasserstoff-Tankstellen auch Schnellladesäulen und vor allem ein einheitliches Bezahlsystem gefördert werden.
Am 1. Juli hat Deutschland für sechs Monate die Präsidentschaft im Rat der EU übernommen. In dieser Position will die Bundesregierung einige Mobilitätsprojekte anstoßen, vor allem sollen die Marktbedingungen für Batterie-elektrische Autos und Brennstoffzellenfahrzeuge verbessert werden.
Ein wichtiger Hebel soll hierbei offenbar die anstehende Revision der EU-Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFID) bilden, wie „Tagesspiegel Background“ berichtet. Unter Berufung auf Klaus Bonhoff, den Leiter der Grundsatzabteilung im Bundesverkehrsministerium, heißt es, dass diese Revision für das erste Quartal 2021 geplant sei. Jetzt werden aber die Inhalte verhandelt.
Das wird unter anderem auf der virtuellen Konferenz „Turning the page: the next chapter for electric road transport“ geschehen. Dort diskutieren Vertreterinnen und Vertreter der EU-Kommission, der EU-Mitgliedstaaten, von europäischen Interessenvertretungen und der Industrie über die künftigen Anforderungen. „Allein mit der Elektrifizierung des Verkehrs können wir Millionen Tonnen an CO₂ einsparen“, sagt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. „Zwingende Voraussetzung hierfür ist ein gut ausgebautes und grenzüberschreitendes Ladenetz in Europa, das unkompliziertes und schnelles Nachladen garantiert.“
So will sich die Bundesregierung laut Bonhoff, der bis zu seinem Wechsel ins Verkehrsministerium die bundeseigene Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) geleitet hat, dafür einsetzen, dass der der Aufbau von Wasserstofftankstellen für alle EU-Staaten verpflichtend wird. Bisher haben sich neben Deutschland 13 EU-Länder selbst dazu verpflichtet, in der aktuellen AFID-Richtlinie ist eine solche Pflicht allerdings nicht enthalten.
Für Batterie-elektrische Autos will die Bundesregierung offenbar den Aufbau eines europaweiten Schnellladenetzes mit Ladeleistungen von mindestens 150 Kilowatt in die überarbeitete AFID-Richtlinie aufnehmen. Laut einem Positionspapier des Bundesverkehrsministerium, das „Tagesspiegel Background“ vorliegt, sollen für Nutzfahrzeuge sogar Ladeleistungen im Megawatt-Bereich angepeilt werden. Laut Bonhoff würden nur diese hohen Leistungen die Zukunftsfähigkeit der Infrastruktur sichern. Einen solchen Ladestandard für Lastwagen gibt es aber noch nicht, die CCS-Initiative CharIN arbeitet derzeit an einem Nutzfahrzeug-Standard, der das Laden mit bis zu zwei Megawatt ermöglichen soll.
Neben dem Aufbau der Infrastruktur will Deutschland im Rahmen seiner Ratspräsidentschaoft noch ein weiteres Thema angehen: Die Abrechnung an Ladesäulen. „Neben dem Netzaufbau haben wir insbesondere in puncto Kundenfreundlichkeit noch einiges vor“, so Scheuer. „Wir wollen ein europaweit einheitliches Bezahlsystem fürs Stromladen und Wasserstofftanken.“ In einer Mitteilung des Verkehrsministerium heißt es, man brauche Regelungen, „die das Auffinden von Ladeinfrastruktur in allen EU-Mitgliedstaaten und eine einfache Authentifizierung ermöglichen sowie Preistransparenz und einheitliche Bezahlsysteme sicherstellen“.
„Beim E-Roaming brauchen wir eine Regulierung, die sicherstellt, dass kein Betreiber oder Nutzer diskriminiert wird oder unangemessen viel zahlen muss“, so Bonhoff. „Jeder Nutzer sollte überall mit seinem Vertrag laden können.“ Erste Indizien, wie ein solches Bezahlsystem umgesetzt werden soll, enthält der Bericht allerdings nicht. Auf dem Weg in die Praxis gibt es also noch einige Stolpersteine, die aus dem Weg geräumt werden müssen.
tagesspiegel.de, bmvi.de
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