1.000 Ladepunkte an Berliner Straßenlaternen verzögern sich – wegen deutscher Normen
Der Plan, 1.000 Straßenlaternen in den Berliner Stadtteilen Marzahn-Hellersdorf und Steglitz-Zehlendorf mit der Lösung von Ubitricity zu Ladepunkten für Elektroautos umzurüsten, ist laut einem Medienbericht vorläufig gescheitert. An der Technik liegt es aber nicht, sondern an bundesweiten Normen.
Wie „Tagesspiegel Background“ berichtet, sind die Berliner Laternenmasten zu eng, um die Technologie von Ubitricity darin legal zu verbauen. Das Land Berlin und das in Berlin ansässige Unternehmen haben zwar laut einer Ubitricity-Sprecherin festgestellt, dass die Integration der eigenen Lösung in das Berliner Modell prinzipiell möglich sei, allerdings erlauben die bundesweiten Normen das nicht. Konkret gehe es um die Anwendungsregel „TAR Niederspannung“, die den Bauraum für stationäre Messstellen genau definiert.
„Im Fortschritt des Projekts wurde festgestellt, dass die aktualisierten bundesweit geltenden technisch-regulatorischen Anforderungen an Netzanschlüsse mit stationären Messstellen eine Realisierung in öffentlichen Beleuchtungsmasten nicht wie geplant erlauben“, so die Sprecherin.
Eine weitere Hürde ist das deutsche Eichrecht – aber nicht die eichrechtskonforme Messung der geladenen Strommenge. Die in Berlin geplante Lösung sah vor, dass an den Laternen kein Display installiert wird, sondern das Smartphone des Nutzers als Ausgabebildschirm genutzt wird. Das sei aber „wegen der hohen Anforderungen an die sichere Datenübertragung bisher nicht zulässig“, so „Tagesspiegel Background“.
Die Folge: Die Installation der 1.000 Ladepunkte muss teilweise neu ausgeschrieben werden. Statt der in die Laterne integrierten Lösung – von der Ubitricity in London über 2.000 Exemplare installiert hat – soll die Ladestation nun außen an der Laterne angebracht werden. In Berlin sind bereits 30 Exemplare dieser „Rucksack“- oder „Huckepack“-Lösung installiert, auch die RheinEnergie in Köln hat in einigen Straßen ähnliche Laternen-Lader in Betrieb.
Wie die Senatsverwaltung gegenüber „Tagesspiegel Background“ mitteilte, bleibt Ubitricity Konsortialführer für das Projekt „Neue Berliner Luft“ und könne auch an der Ausschreibung für die Standardladetechnik teilnehmen. Davon ist Ubitricity wiederum nicht vollständig überzeugt, da die Lösung des Unternehmens eigentlich einen sehr einfachen Ladepunkt und ein „intelligentes Ladekabel“ mit integriertem mobilen Stromzähler vorsieht. Ubitricity kritisiert, dass die Kosten „deutlich höher als bei der Integration in den Lichtmast“ seien. Dennoch sei es Ubitricity „als Berliner Unternehmen wichtig, in der Heimatstadt präsent zu sein und eine kostengünstige Lösung für den schnellen Ausbau von Ladeinfrastruktur zur Verfügung zu stellen“, so die Sprecherin.
Klingt also danach, als ob sich Ubitricity mit einer Lösung, bei welcher der Strommesser fest am Laternenmast angebracht wird, an der Ausschreibung beteiligen wird. Ubitricity bietet neben dem Laternen-Ladepunkt auch einen freistehenden Poller und eine Wallbox an, an denen teilweise auch ohne das „Smart Cable“ geladen werden kann. Jedoch keine „Rucksack“-Lösung für Laternenmasten, diese müsste noch entwickelt werden.
Das Land Berlin bevorzugt eine diskriminierungsfreie Lösung, bei der die Nutzer nicht auf ein bestimmtes „Smart Cable“ eines einzelnen Anbieters angewiesen sind. Der im Januar 2019 vorgestellte Plan sah eigentlich vor, dass die ersten Ladepunkte noch im Jahr 2019 in Betrieb gehen sollen. Das ist bekanntlich nicht geschehen, nun erklärte die Verkehrsverwaltung, dass der Aufbau voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 beginnen soll – also rund anderthalb Jahre später als ursprünglich angekündigt.
tagesspiegel.de
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