Freudenberg und Quantron entwickeln BZ-System für schwere Lkw
Freudenberg Sealing Technologies hat die Entwicklung eines Brennstoffzellensystems für Lkw in der 40-Tonnen-Gewichtsklasse gestartet. Dabei kooperiert das Unternehmen mit der Quantron AG, einem jungen Nutzfahrzeug-Umrüster mit Stammsitz in Augsburg.
Ab Mitte 2021 soll ein erstes Testfahrzeug mit der neuen Antriebstechnologie auf den Straßen Bayerns unterwegs sein. Das Fahrzeug mit dem Namen Energon hatte Quantron bereits im Juni angekündigt. Das Projekt wird von der Landesregierung Bayerns gefördert.
Es sei eines der ersten Vorhaben, das sich explizit der Entwicklung einer Brennstoffzelle für die Verwendung in schweren Nutzfahrzeugen widme, heißt es in einer begleitenden Pressemitteilung. Heute bereits im Markt verfügbare Brennstoffzellensysteme seien in der Regel ursprünglich für Pkw entwickelt worden. „Für Heavy-Duty-Anwendungen hingegen müssen alle wesentlichen Designaspekte des Systems auf hohe Lebensdauern getrimmt werden. Denn Nutzfahrzeuge verdienen ihr Geld ausschließlich im verlässlichen Dauerbetrieb“, präzisiert der Hersteller, der 2019 bereits Entwicklungsprojekte für BZ-Busse und -Kreuzfahrtschiffe mit Partnern wie FlixBus und der Meyer Werft angeschoben hat.
Bereits veröffentlichte Eckdaten zum Schwerlaster Energon lassen Rückschlüsse auf das BZ-System zu, an dem Freudenberg und Quantron aktuell arbeiten: So wird sich die Leistung des Brennstoffzellensystems auf 130 kW belaufen. Zusammen mit einer LFP-Batterie mit einer Kapazität von 110 kWh (Zelllieferant von Quantron ist CATL) wird die Brennstoffzelle einen 340 kW starken Motor speisen. Der Antriebsstrang verfügt außerdem noch über ein Zwei-Gang-Getriebe. Als Basisfahrzeug dient der Langhauben-Lkw Iveco Strator.
„Brennstoffzellen-Lkw sind die einzige wirtschaftliche, emissionsfreie Alternative, die große Zuladungen als auch signifikante Reichweiten und schnelle Tankzyklen zulässt“, sagt Dr. Manfred Stefener, Vice President Fuel Cell Systems bei Freudenberg Sealing Technologies. „Deshalb freuen wir uns darauf, gemeinsam mit der Quantron AG Brennstoffzellen-Applikationen zu schaffen, die explizit auf die maximalen Last- und Betriebspunkte von Lkw ausgerichtet sind.“ Ziel sei es, die Brennstoffzelle für eine lange Lebensdauer und reale Schwerlastprofile fit zu machen, den Diesel bei den Total-Cost-Of-Ownership in den Schatten zu stellen und eine nachhaltige, emissionsfreie Alternative im Schwerlastverkehr auf den Markt zu bringen.
Neben dem Antrieb streben die Projektpartner weitere Innovationen an, etwa die Nutzung von Materialkombinationen, die besonders widerstandsfähig sind oder die Entwicklung von Schnittstellen für eine Bauraum-optimierte Anwendung in Nutzfahrzeugen.
Mit der Quantron AG ist bei dem Vorhaben ein Unternehmen an Bord, das erst kürzlich bekanntgegeben hat, sich von einem Nutzfahrzeug-Umrüster zu einem Full-Range-Anbieter elektrifizierter Komplettlösungen weiterentwickeln zu wollen. Außerdem streben die Augsburger den Gang an die Börse an. Gegründet wurde Quantron 2019, die Idee für das Unternehmen wurde in dem Gersthofener Iveco-Vertragspartner und Nutzfahrzeugspezialisten Haller geboren. Am Anfang bot das Startup auf Hybrid- oder E-Antriebe umgerüstete Varianten des Iveco Daily an. Das Geschäft wuchs aber schnell über die Umrüstungen (auch von Lkw und Bussen) hinaus: Bereits im November 2019 wurde mit dem türkischen Bus-Hersteller Karsan eine exklusive Vereinbarung zum Vertrieb der E-Busse Jest Electric und Atak Electric in Deutschland abgeschlossen. In diesem April wurde Quantron – keine 12 Monate nach seiner Gründung – zum Vertriebs- und Aftersales-Partner für Nutzfahrzeuge und Industrieanwendungen für CATL in Europa.
Die Freudenberg-Gruppe ist dagegen schon lange im eMobility-Geschäft. Bereits Mitte der 1990er Jahre stieg sie in die Entwicklung technischer Komponenten für Brennstoffzellen und Batterien ein. Mit der Akquisition des BZ-Herstellers Elcore und kurz darauf einer Beteiligung am US-Batteriehersteller XALT Energy hat sich das Unternehmen auf diesem Feld in den jüngsten zwei Jahren weiter verstärkt. Freudenberg Sealing Technologies hält die daraus resultierende Wertschöpfungstiefe für eine großes Plus: „Die Herstellung von Gasdiffusionslagen, permeationsoptimierten Dichtungsmaterialien und Katalysatoren im eigenen Hause bildet die Grundlage für eine vollintegrierte Membrane-Electrode-Assembly (MEA) und den Ausgangspunkt für die Lkw-Brennstoffzelle der Zukunft.“ Lediglich zugekaufte Komponenten zusammenzubauen sei keine Lösung für Heavy-Duty-Brennstoffzellen der Zukunft in hohen Stückzahlen, bekräftigt Unternehmenschef Claus Möhlenkamp.
fst.com
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