Battery Day: Tesla zeigt neue 4680-Batteriezelle
Tesla hat bei dem lange erwarteten Battery Day eine deutlich größere und leistungsstärkere Batteriezelle namens 4680 vorgestellt. Eine E-Auto-Batterie soll damit laut Elon Musk so günstig werden, dass in drei Jahren ein kompaktes Elektroauto von Tesla für 25.000 Dollar möglich sein soll.
Die Bezeichnung 4680 bezieht sich bei Tesla traditionell auf die Abmessungen: Der Durchmesser der Rundzelle beträgt 46 Millimeter, die Zelle ist 80 Millimeter lang. Sie soll die sechsfache Leistung und die fünffache Energiemenge einer aktuellen Tesla-Zelle bieten und so hochgerechnet 16 Prozent mehr Reichweite ermöglichen.
Alleine der neue Formfaktor soll auf Zellebene die Kosten pro Kilowattstunde um 14 Prozent senken. Aber: Insgesamt will Tesla den kWh-Preis um 56 Prozent senken und dabei die Reichweite um 54 Prozent steigern.
Dafür will Tesla in fünf Bereichen Verbesserungen erzielen: dem angesprochenen Zelldesign, der Fertigung, der Anode, der Kathode und der Integration der Zellen in das Fahrzeug. Bei der Produktion will Tesla weitere große Fortschritte gemacht haben. Die neuen Rundzellen sollen „tabless“ ausgeführt werden, die von den bisherigen 18650- und 2170-Zellen bekannte Lasche an den gewickelten Zellmaterialien entfällt also.
Das „Tabless“-Design soll den Produktionsprozess deutlich beschleunigen. Das soll laut Musk sogenannte Terafactories ermöglichen: Diese Zellfabriken sollen kleiner sein als die Gigafactory 1 in Nevada und 75 Prozent weniger Investment erfordern, aber zugleich wegen der schnelleren Produktion einen deutlich höheren Jahresausstoß aufweisen – konkret von den in Nevada maximal möglichen 150 GWh auf 1 TWh – also 1.000 GWh. Wie viele dieser Terafactories Elon Musk plant, lässt sich aus einer einfachen Angabe ableiten: Bis 2030 rechnet Tesla mit einer Jahreskapazität von 3 TWh. Übrigens: Die Produktion bringt auf der Zellebene weitere 18 Prozent Einsparung beim kWh-Preis.
Auch die Zellchemie selbst will Tesla angehen. Der Einsatz von Silizium in der Anode soll die kWh-Kosten um weitere fünf Prozent senken. Das Problem der Ausdehnung des Siliziums will Tesla anders lösen als bisherige Versuche mit Silizium-basierten Anoden. Diese hätten nur „hochentwickelte und teure Materialien“ hervorgebracht. Tesla will stattdessen das Ausdehnen der Anode im Zelldesign berücksichtigen: Damit das fragile Material dabei keinen Schaden nimmt, soll es mit einem elastischen und leitenden Polymer überzogen werden. Mit dem günstigeren Silizium sollen nicht nur die Kosten sinken, sondern die Reichweite um stolze 20 Prozent steigen.
Bei der Kathode soll auf das umstrittene Kobalt verzichtet werden, aber nicht nur. Nur fünf Prozent der Kosten bei aktuellen Kathoden entfallen laut Tesla auf das Kobalt, aber 35 Prozent auf die Verarbeitungsprozesse. Hier wurde Musk aber weniger genau, wie Tesla die Kathodenproduktion vereinfachen will. In der Präsentation hieß es bei der traditionellen Kathode unter „Cathode Production“ lediglich „a bunch of stuff happens“, während bei der „Tesla cathode“ „less stuff happens“ angeführt wird. Zudem soll der Wasserverbrauch der Kathodenproduktion stark sinken. In der Summe erhofft sich Tesla bei den kWh-Kosten eine Einsparung von 12 Prozent, der Reichweitenzuwachs fällt mit vier Prozent eher gering aus.
In einer „Instant Analysis“ hebt die Beratungsgesellschaft P3 neben der aktuellen Weiterentwicklung der Kathode den von Musk vorgestellten „diversen Ansatz“ bei der Kathodenwahl hervor: „LFP-Batterien für hohe Zyklenfestigkeit und günstige Modelle, Kathoden mit hohen Mangan-Anteilen für Modelle mit hohen Reichweiten und Kathoden mit hohem Nickel-Anteil für Premium-Fahrzeuge und den kommenden Cybertruck. Zudem soll das interne Recycling von Lithium-Ionen-Batterien in Nevada im ersten Quartal 2021 starten. Die Kostensenkung um bis zu 56% würde Tesla in die Reichweite von 50 USD/kWh Batteriesystemkosten bringen, so P3. Die gesamte „Instant Analysis“ gibt es hier als PDF zum Download:
Musk hatte die Erwartungen gedämpft
Der letzte Punkt, die „Vehicle Integration“, soll weitere sieben Prozent einsparen. Die größeren 4680-Zellen sollen direkt in den Fahrzeugboden integriert werden. 370 Teile sollen mit dem neuen Prozess entfallen, die Batterie so zehn Prozent leichter werden. Und: Die Reichweite soll mit dem neuen Einbau der Zellen um 14 Prozent steigen.
Alle fünf Faktoren summieren sich somit auf jene 56 Prozent Kostenersparnis und 54 Prozent mehr Reichweite. Ob das so kommt, werden die kommenden Jahre zeigen. Im Vorfeld des Battery Days hatte Musk per Twitter die Erwartungen schon ein wenig gedämpft. Es sei „nicht gut verstanden“, wie schwer die Produktion neuer Technologien zu skalieren sei. „Es ist 1000% bis 10.000% schwieriger als die Herstellung einiger Prototypen“, so Musk am Montag. „Die Maschine, die die Maschine herstellt, ist erheblich schwieriger herzustellen als die Maschine selbst.“
Vorerst will Tesla die 4680-Zellen weiter in seiner Produktionsanlage Tera in Fremont bauen. Die Produktion soll nach und nach gesteigert werden und wohl erst 2022 in großen Stückzahlen montiert werden. Der ein oder andere Investor hatte wohl auf schnellere Durchbrüche gehofft: Im nachbörslichen Handel gab die Tesla-Aktie rund sieben Prozent nach.
Musk kündigt Tesla für 25.000 Dollar an
Wenn die Zellen zuverlässig in hohen Stückzahlen mit entsprechenden Skaleneffekten gebaut werden, sollen sie nicht nur die hohe Reichweite eines Tesla Roadster 2 bei dem knappen Bauraum eines Sportwagens ermöglichen, sondern auch die Modellpalette nach unten erweitern. „Tesla wird ein überzeugendes Elektrofahrzeug im Wert von 25.000 US-Dollar herstellen, das auch völlig autonom ist“, sagte Musk beim Battery Day.
25.000 Dollar entsprechen derzeit rund 21.000 Euro – allerdings vor Steuern. Weitere Daten zu dem Fahrzeug nannte Tesla nicht, „Electrek“ spekuliert aber über eine Reichweite von mindestens 200 Meilen, also 320 Kilometern nach EPA. Ähnliche Reichweiten bieten auch heute schon kleine und kompakte E-Fahrzeuge. Aber zu deutlich höheren Kosten.
Noch aus der alten Batterie-Welt ist eine andere Ankündigung: Tesla hat noch das Model S Plaid vorgestellt. Es soll auf eine Reichweite von 520 Meilen, also 837 Kilometer, kommen. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Tesla mit 200 mph, also 322 km/h, an der Spurt auf 60 mph (96 km/h) soll weniger als zwei Sekunden dauern (auf 100 km/h gibt Tesla auf der deutschen Website 2,1 Sekunden an. Tesla nimmt nun auch Bestellungen für das Model S mit drei Motoren entgegen, die Preise starten in Deutschland bei 139.990 Euro. Ausgeliefert werden soll aber wohl erst Ende 2021.
electrive.com, insideevs.com, electrek.co (4680-Zelle), electrek.co (Einstiegs-Tesla), electrek.co (Model S Plaid)
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