Porsche nennt Details zu vorausschauendem Thermomanagement
Das vorausschauende Thermomanagement, das Porsche Engineering im vergangenen Jahr als Konzeptstudie entwickelt hat, soll dafür sorgen, dass Elektroauto-Batterien für den Stopp an der Ladesäule optimal temperiert sind und das Schnellladen nur wenige Minuten dauert – und das ohne Zutun des Fahrers.
Die Temperatur der Batteriezellen spielt in E-Autos bekanntlich eine Schlüsselrolle. Sind die Zellen zu kalt oder zu heiß, sinkt die Ladeleistung. Grundsätzlich erfolgt das Thermomanagement bisher reaktiv: Messen die Sensoren zu hohe Temperaturen, wird die Kühlung aktiviert – oder umgekehrt bei zu niedrigen Temperaturen die Batterie-Heizung.
Bei Verbrennern funktioniert diese reaktive Regelung gut, da sich ein Motorblock in wenigen Minuten abkühlen lässt. Die bis zu 700 Kilogramm schweren Batterien in E-Fahrzeugen sind allerdings thermisch deutlich träger. „Bei ihnen lässt sich die Temperatur nur sehr langsam regulieren“, sagt Björn Pehnert, Fachprojektleiter Thermomanagement bei Porsche Engineering.
Bisher können einige E-Autos bei aktiver Routenführung und eingeplantem Ladestopp das Thermomanagement der Batterie genau darauf anpassen: Bei Ankunft an der Ladesäule sind die Zellen im optimalen Temperaturfenster für das Schnellladen. Aber: Kaum jemand gibt jedes Ziel in das Navi ein. Und ohne Information über die anstehende Fahrt bzw. den geplanten Ladestopp ist das System wieder nur reaktiv.
Eine Software im Auto soll den kommenden Fahrtverlauf voraussagen und alle thermischen Komponenten so steuern, dass die Batterie optimal temperiert ist. Durch diesen Blick in die Zukunft wird zudem unnötiges Aufheizen oder Abkühlen verhindert, was Energie spart und die Reichweite erhöht. Erlaubt der Fahrer dem Auto, die Fahrten zu „lernen“, identifiziert das System häufig gefahrene Routen. Aufgrund dieser Erfahrungswerte soll das System laut Porsche bereits kurz nach dem Start die vor ihm liegende Fahrt erkennen und intern eine Karte der kommenden Strecke erstellen. Zum Beispiel „fünf Kilometer Stadtverkehr gefolgt von 20 Kilometern Autobahn mit 120 km/h“.
Aber nicht nur beim Vor-Temperieren für Ladestopps soll das System Vorteile bieten: Lernt das E-Auto etwa, dass es überwiegend für kurze Innenstadt-Fahrten eingesetzt wird (im Pendelverkehr) kann das Steuergerät die Temperatur etwas über den normalen Korridor hinaus steigen lassen – aber immer noch im sicheren Bereich. Da das Fahrzeug weiß, dass die Fahrt bald vorbei sein wird, kann sich die Batterie im Stand wieder von alleine abkühlen. Das Auto muss also keine Energie für eine eigentlich überflüssige Kühlung aufwenden. „10 bis 30 Prozent Energieeinsparung sind theoretisch möglich“, sagt Ondrej Holub, der ein Team der Softwareentwicklung bei Porsche Engineering in Prag leitet.
Diese Fahrt-Daten werden mit weiteren Informationen aus einer Simulation kombiniert. In Modellen wird das Thermomanagement von der Batterie über Antrieb und Kühlung bis zur Klimaanlage nachgebildet. Der digitale Zwilling gibt dann an, wie sich der Ladezustand der Batterie verändern wird, wenn zum Beispiel die Heizung aufgedreht wird. Diese Daten werden dann mit einem Software-Modul namens „Real-time Estiamtor“ (RTE) ergänzt. Diese Software soll den Einfluss des Fahrverhaltens, der Zuladung, der Straßenoberfläche oder auch der Lackierung berechnen – bei schwarzen Modellen heizt sich der Innenraum stärker auf, was das Thermo-Verhalten beeinflusst.
Laut der Mitteilung wären für derartige Berechnungen bis vor Kurzem noch leistungsstarke Großrechner nötig gewesen. Porsche Engineering will es nun geschafft haben, dass dank „cleverer Optimierung“ die Software auf einem normalen Steuergerät laufen könne.
Mittlerweile sei das Projekt abgeschlossen. Laut Porsche haben die Konzeptstudie – auch in einem zu Testzwecken umgebauten Taycan – gezeigt, dass das prädiktive Thermomanagement „ein hohes Potenzial für die Serienentwicklung“ habe und in Zukunft in ein Kundenfahrzeug eingebaut werden könne.
porsche.com
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