Sattelauflieger: Fraunhofer und Scania mit E-Projekten

Das Fraunhofer LBF hat einen besonders leichten Hochvolt-Energiespeicher für einen elektrisch angetriebenen Sattelauflieger entwickelt. Auch Scania rückt den Anhänger in den Fokus und hat ein mit Solarzellen verkleidetes Exemplar für den Antrieb eines PHEV-Lkw in Arbeit.

Zunächst nach Darmstadt, wo das Fraunhofer LBF seinen Sitz hat. Der sogenannte evTrailer ist in einem vom BMWi geförderten Verbundprojekt entwickelt worden. An Bord dabei: zwei Fraunhofer-Institute, die TU Darmstadt und Vertreter aus der Industrie. Der zusätzliche Achsantrieb sorgt laut dem Forscherteam dafür, dass der Verbrauch des Gesamtfahrzeugs auch auf langen Strecken um rund 20 Prozent sinkt.

Die Traktionskomponenten des autarken E-Sattelaufliegers seien so dimensioniert, dass neben der Bremsenergierückgewinnung auch eine kurzzeitige Traktionsunterstützung sowie die Lastpunktverschiebung der Sattelzugmaschine erreicht wird, teilt das Fraunhofer LBF mit. Konkret hat die Forschergruppe den evTrailer mit einer in den Königszapfen integrierten Sensorik sowie eigener Steuerungs- und Regelungstechnik ausgestattet. „Auf diese Weise ist nur ein Minimum an Fahrzeugkommunikation notwendig, und mit geringen Geschwindigkeiten lässt sich die Zugmaschine unabhängig, beispielsweise im Logistikzentrum, manövrieren“, so die Darmstädter.

Das Energiespeichersystem selbst verfügt über eine Kapazität von 100 kWh und einen Spannungsbereich von 590 bis 670 Volt. Trotz einer Masse von 475 Kilogramm allein für die Zellen sei es gelungen, die Gesamtmasse des Energiespeichers, einschließlich Kühlsystem, BMS und Gehäuse, auf knapp über 600 Kilogramm zu begrenzen. „Mit einer solchen Ultraleichtbaulösung für einen Hochvolt-Energiespeicher sind Konzepte wie der evTrailer möglich und entwickeln Perspektiven für das Erreichen der CO2-Minderungsziele im Gütertransport“, äußert Rüdiger Heim, der das Verbundforschungsprojekt am Fraunhofer LBF betreute.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt übrigens Zulieferer ZF. Auch dort tüftelt man an einem Sattelauflieger mit integriertem Elektromotor – und zwar auf Basis eines Prototypen von dem inzwischen zu ZF gehörenden Unternehmen Webco. Erst vor wenigen Tagen gaben die Friedrichshafener an, ihre Kompetenz beim eTrailer auf das Gesamtgespann ausweiten zu wollen.  „Dieser Trailer (…) verwandelt jeden konventionellen Lkw in ein Hybridfahrzeug, das bis zu 16 Prozent weniger Kraftstoff verbraucht“, teilte ZF Mitte der Woche mit. Darüber hinaus verbesserten sich mit dem eTrailer die Traktion und Beschleunigung, während Geräuschpegel und Bremsenverschleiß sinken.

Unterdessen arbeitet Scania an einem Anhänger mit Solarzellen für Plug-in-Hybrid-Lkw. Erste Tests deuten laut der VW-Nutzfahrzeugtochter auf mögliche Kraftstoff-Einsparungen von fünf bis zehn Prozent in Schweden und von doppelt so viel im sonnenreichen Südspanien hin. „Solarzellen wurden bisher auf Booten und Wohnwagen eingesetzt, dann aber nur für den Antrieb von Nebenaggregaten wie Kühlschränken und Kochern und nicht für den eigentlichen Antriebsstrang“, äußert Eric Falkgrim, Manager bei Scania R&D.

Künftig soll ein Prototyp im täglichen Transportbetrieb der schwedischen Spedition Ernst Express eingesetzt werden. Der 18 Meter langer Anhänger wird zu diesem Zweck auf einer Fläche von 140 Quadratmetern mit Solarzellen verkleidet. Damit soll in Schweden eine Energieerzeugung in der Größenordnung von jährlich 14.000 kWh möglich sein. Im Rahmen des Forschungsprojekts werde auch untersucht, ob der Anhänger Strom ins Netz einspeisen kann, wenn die Batterien voll geladen sind und der Lastwagen beispielsweise am Wochenende abgestellt wird, teilt Scania mit. Das Projekt wird von der Innovationsagentur der schwedischen Regierung (Vinnova) bezuschusst. Neben Scania und Ernst Express ist auch die Universität Uppsala, das Solarunternehmen Midsummer und die Firma Dalakraft eingebunden.
lbf.fraunhofer.de, volkswagenag.com (Scania)

2 Kommentare

zu „Sattelauflieger: Fraunhofer und Scania mit E-Projekten“
Guido
12.10.2020 um 17:25
Das ist ja sensationell, eine "ultraleichte" 100kWh-Batterie, mit knapp über 600Kg, da hätten sie auch eine vom Model-S aus 2014 nehmen können, die wiegt nämlich ziemlich genau 600Kg bei 100kWh....
Jan Dijkstra
31.12.2021 um 12:42
Faszinierend, dass allein durch den zusätzlichen Achsantrieb der Verbrauch des Gesamtfahrzeugs um rund 20 Prozent sinkt. Für meinen Lagerbetrieb bin ich auf der Suche nach einem passenden Schwerlastanhänger. Nächste Woche werde ich mich dafür an einen professionellen Ansprechpartner wenden, um mich beraten zu lassen.https://www.awi-maschinenbau.de/schwerlast-industrieanhaenger

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