MAN nimmt H2-Antriebe verstärkt in den Fokus

Die Volkswagen-Tochter MAN Truck & Bus will bei ihrer Elektrifizierungsstrategie künftig neben dem Bau von Batterie-betriebenen Nutzfahrzeugen dem Thema Wasserstoff verstärkte Priorität einräumen. Bereits ab kommenden Jahr wollen die Münchner Prototypen mit Wasserstoff-Antrieben testen.

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MAN gibt an, in seinen Prototypen sowohl den Einsatz einer Brennstoffzelle als auch eines H2-Verbrennungsmotors erproben zu wollen. Während es sich bei ersterer Variante um den klassischen H2-Antrieb mit Brennstoffzelle, Elektromotor und Batterie und einer Reichweite von 800 Kilometern handeln soll, ist ein Wasserstoffmotor ein Verbrennungsmotor, der auf Basis der Knallgasreaktion mit Wasserstoff als Kraftstoff betrieben wird. Das System emittiert zwar keine kohlenstoffhaltigen Schadstoffe, aber sehr wohl größere Konzentrationen an Stickoxiden. MAN sieht im H2-Verbrennungsmotor eine Brückentechnologie hin zur Brennstoffzelle, da die Lösung „durch die bekannte Basistechnologie schneller verfügbar und robust“ ist.

MAN gibt in der Mitteilung aber nicht an, wie der Wasserstoff – egal ob für den Verbrennungsmotor oder die Brennstoffzelle – an Bord des Fahrzeugs gespeichert werden soll. Derzeit ist bei Nutzfahrzeugen die Druck-Speicherung mit 350 bar Standard. Mitte September hatte Daimler Trucks bekannt gegeben, mit dem „GenH2 Truck“ ebenfalls an einem Brennstoffzellen-Lkw zu arbeiten. Die Stuttgarter setzen dabei aber auf die bisher im mobilen Einsatz nicht verbreitete Speicherung von flüssigem Wasserstoff, was höhere Energiedichten als bei der gasförmigen Druck-Speicherung ermöglichen soll. Der LH2 genannte Flüssig-Wasserstoff muss aber bei Temperaturen von -253 Grad Celcius gelagert werden.

Praxistests in Zusammenarbeit mit ausgewählten Kunden sind für die Jahre 2023/24 geplant. Dabei strebt MAN nach eigenen Angaben die Erprobung des gesamten Ökosystems Wasserstoff in der Transportlogistik an. „Wir nehmen unsere Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft sehr ernst, sodass MAN Truck & Bus viel Energie für die Entwicklung alternativer Antriebe verwendet“, hebt Frederik Zohm, Vorstand für Forschung & Entwicklung, hervor. „Wasserstoff kann dabei eine interessante Lösung sein, allerdings braucht es dann einen deutlichen Ausbau der Infrastruktur. Wir leisten gerne unseren Beitrag durch die Entwicklung der passenden Fahrzeuge – wie wir mit unserer Roadmap belegen.“

Akku-Fahrzeuge hat der Hersteller bereits heute im Sortiment – namentlich den Stadtbus Lion’s City E, den eTGE und den Verteiler-Lkw eTGM. „Der vollelektrische Lkw der neuen Truck-Generation wird ab 2023 auf die Straße gehen“, teilt MAN in einer begleitenden Pressenotiz mit.

Zum Aufbau eines H2-Testfelds für Logistikanwendungen gibt MAN derweil mehrere Partnerschaften bekannt. So möchte die Volkswagen-Nutzfahrzeugtochter im Rahmen einer sogenannten Bayernflotte mit bayerischen Infrastrukturbetreibern und Speditionspartnern Wasserstoff für den Einsatz im Straßengüterfernverkehr erproben. Erste Gespräche mit der Bayerischen Landesregierung hierzu laufen bereits.

Zusätzlich ist eine Kooperation mit Hochschulen geplant, konkret mit der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Technischen Hochschule Nürnberg (THN). Im Fokus der Zusammenarbeit steht die Forschung und Entwicklung im Bereich wasserstoffbasierter Fahrzeugantriebe. Das Besondere dabei: Die Partner werden ein gemeinsames Labor direkt auf dem Nürnberger Werksgelände von MAN betreiben. „Mit dem Wasserstoff-Campus legt das heutige MAN-Dieselmotorenwerk den Grundstein für seine erfolgreiche Transformation hin zu alternativen Antrieben“, heißt es dazu in der Mitteilung.

Die Arbeit auf dem Wasserstoff-Campus wird die gesamte H2-Wertschöpfungskette abdecken: von der umweltfreundlichen Erzeugung des Wasserstoffs über die Distribution und Infrastruktur, der Energiewandlung zurück zu Strom bis hin zur Anwendung der Technik bei Kunden im Fahrzeug. Während die FAU den Schwerpunkt auf die Grundlagenforschung setzt und die THN ihre Stärken bei der anwendungsnahen Forschung einbringt, wird MAN sich der Umsetzung der Forschungsergebnisse widmen. Eingebettet ist die Zusammenarbeit des Trios in Bayerns Wasserstoffstrategie Wasserstoff.Bayern (H2.B). Deren Ziel ist es, die Metropolregion Nürnberg zu einem europäischen Kompetenzzentrum für Wasserstoffantriebe zu machen.

Update 21.01.2020: Das Forschungsteam der TH Nürnberg hat nun seine neuen Räumlichkeiten auf dem künftigen Wasserstoff-Campus auf dem Firmengelände von MAN in Nürnberg bezogen. Das Team wird Brennstoffzellen und Batterien im Labor charakterisieren, ihre Alterungsverfahren untersuchen, brennstoffzellenbasierte Antriebssysteme modellieren und simulieren sowie deren Komponenten erforschen. Weitere Schwerpunkte werden die Entwicklung von anwendungsnahen Testverfahren für Brennstoffzellenstacks und Batteriesysteme sein und die Optimierung der Betriebsstrategien von elektrifizierten Antriebssträngen mit Brennstoffzellen.
mantruckandbus.com, mantruckandbus.com (Hochschulen), th-nuernberg.de (Update)

10 Kommentare

zu „MAN nimmt H2-Antriebe verstärkt in den Fokus“
Vanellus
20.10.2020 um 16:19
Vielleicht mal bei BMW in München anrufen? Die hatten bis vor 10 Jahren 100 7er BMW mit H2-Verbrennungsmotor am Laufen. Verbrauch 3,6 kg H2/100 km. Weil der Verbrennungsmotor eben so ineffizient mit der Energie umgeht. 1 kg H2 flüssig (-253 Grad C) hat ein Volumen von 14 Litern. Da braucht man viel Platz. Deshalb hat BMW das Projekt 2010 eingestellt. War eine Sackgasse. Aber MAN kann gern nachsehen, ob‘s immer noch eine Sackgasse ist.
Watersuff
21.10.2020 um 07:18
stimmt mit der ineffizienz, so effizient ist der bz-e-antrieb aber auch nicht
Klotzbücher thomas
22.10.2020 um 09:53
Das mit BMW war tatsächlich noch früher Anfang der 90Jahre, ob es ineffizient war oder nox das Problem war.....die Zeit war noch nicht reif obwohl die damalige Bundesumweltministerin(Merkel),Visionen hatte, die uns heute an der Weltspitze der Klimaneutralität gebracht hätte, Kohl wollte es nicht. Übrigens Audi hat in den 80Jahren mal 1500 E-80er gebaut, die waren damals richtig ineffizient ( Batterietechnologie).
Albert
20.10.2020 um 17:41
"aber sehr wohl größere Konzentrationen an Stickoxiden" Habt Ihr dafür eine Quelle?
Waterstuff
21.10.2020 um 07:16
kommt drauf ob man den motor mager oder fett betreibt. je heisser die verbrennung, um so mehr nox (zeldovich-reaktion)
Vanellus
21.10.2020 um 13:02
Aus einer Veröffentlichung des österreichischen Umweltbundesamtes: Bei der Verbrennung von Wasserstoff in konventionellen Motoren entstehen wegen der hohen Temperaturen auch Stickoxide (NOx). Vor allem bei einem ausgewogenen Kraftstoff-Luft Verhältnis (Lamda=1) treten verstärkt NOx-Emissionen auf. Dieses Verhältnis wird allerdings nur bei hoher Leistung des Motors erreicht, im unteren Drehmomentbereich läuft der Motor im Magerbetrieb und die Stickoxidemissionen sind gering. https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/REP0012.pdf
Udo Oelmann
21.10.2020 um 14:26
Ach!?Während andere Hersteller bereits in nennenswerten Stückzahlen Busse, Lastwagen oder Lokomotiven mit Brennstoffzellen ausliefern, erkennt nun auch der deutsche Traditionshersteller MAN: „Wasserstoff kann dabei (bei alternativen Antrieben) eine interessante Lösung sein, allerdings braucht es dann einen deutlichen Ausbau der Infrastruktur.“ Das klingt nach „Me-Too“ und nicht nach einer überzeugenden H2-Strategie.Mit einem selbstgefälligen, satten Unternehmertum werden wir als Automobil-Nation weiter ins Hintertreffen geraten und müssen uns nicht wundern, wenn selbst Newcomer aus den USA, Kanada oder Fernost uns mühelos den Rang ablaufen. Mit dieser Strategie lassen sich die 800.000 Arbeitsplätze in Deutschland wohl kaum nachhaltig sichern oder gar ausbauen.
Kimei pv
22.10.2020 um 08:57
MAN ist nicht von gestern! Sie kennen die Problematik des Wasserstoffantriebs sehr genau! Die einfachste und wirtschaftlichste Lösung für einen emissionsfreien Antrieb ist wie im Schiffsverkehr ein Dieselmotor mit Ammoniak als Kraftstoff. Ein Euro 6 Dieselmotor läuft problemlos mit 100 Prozent Ammoniak ohne Stickoxidausstoß. Ein Umbau von bestehenden Fahrzeugen auf Ammoniakmischbetrieb ist günstig und würde den CO2 Ausstoß solcher Fahrzeuge mehr wie halbieren. E-Ammoniak der in Afrika hergestellt wird, kostet an der Tankstelle nicht mehr wie 60 Eurocent pro Liter. Das entspricht einem Dieselpreis von 1,20 Euro. Er kann problemlos den gesamten Dieselverbrauch Europas ersetzen.
Horst Köhler
23.10.2020 um 15:04
Erfahrungen der MAN mit Wasserstoff-Großmotor Zwar nicht die MAN-LKW-Sparte, sondern die damalige MAN B&W Diesel AG in Augsburg (erstaunlicherweise hat man sich vom Wort Diesel durch die Umbenennung in MAN Energy Solutions verabschiedet) hat vor rund 25 Jahren zusammen mit der TU München erfolgreich einen Wasserstoff-Einzylinder-Dieselmotor mit 24 cm Bohrung und 30 cm Hub erprobt. Ich habe den Testmotor in München damals selbst in Betrieb gesehen. Der gasförmige Wasserstoff wurde unter hohem Druck in den Brennraum eingeblasen und trotz der hohen Selbstzündungstemperatur von 585 °C bei hoher Verdichtung durch Selbstzündung entflammt. Es handelte sich also um einen echten Dieselmotor und nicht um einen Otto-Motor mit Zündstrahl- oder Zündkerzenzündung. Dass es nicht zu einer Weiterentwicklung in Richtung Serie kam, hatte primär politische Gründe: Elektroantriebe waren das große Ziel und wurden gefördert. Horst Köhler, Friedberg Fachautor für Abgasemissionen
John
25.10.2020 um 11:19
Der H2-Verbrennungsmotor hat das bekannt Limit eines Carnot Prozesses. Daran ändert auch nichts der Name des verbrannten Treibstoffes. Verbrennungskraftmaschinen haben sich durchgesetzt weil sie einfach und zuverlässig funktionieren. Ferner muss man die Energie für den verbrauchten Brennstoff nicht vorher erst erzeugen! Daher kann man es sich leisten eine "Dampfmaschine/Dieselmotor" überall dort einzusetzen wo man etwas bewegen will. Diesen Stand der Technik haben wir gerade angefangen zu verlassen. Batterien und auch Brennstoffzellen unterliegen nicht dem Carnot Wirkungsgradlimit. Die BZ ist nur ineffizienter weil sie für die Kathode einen Kompressor benötigt. Dafür kann man die Anode tanken. Das hat Gewichts- und Beständigkeitsvorteile. Ferner kann man die Anode (Energieträger) unbegrenzt herstellen wenn man genügen grünen Strom hat. H2 in einer Verbrennungskraftmaschien zu verbrennen ist und war vielleicht die einfachste und günstigste Möglichkeit den Verbrenner am Leben zu halten. Energetisch ist es aber eine Katastrophe. BWM konnte damit vielleicht noch punkten. Heute dürfte das mittlerweile jedem techn. versierten Journalisten klar sein. MAN hat zu viele "Dieselköpfe". Daher kommen auch die Ankündigungen erst jetzt. Von solch einer Mannschaft bekommt der Steuerzahler nur extrem hohe Rechnungen für Förderprogramme ganz nach dem Motto "eure Zukunft ist teuer". Das ist nun wirklich bekannt. Ich hoffe dass die Fördergelder auch dort hinließen wo man Zukunft macht! Zur Not auch an Hyundai, Nikola oder vielleicht Quantron? LH2, CcH2 oder CGH2 ... fangt einfach an. LH2 macht man doch nur weil man sich sicher ist dass man mit der Tankstellenargumentation den Diesel am Leben halten kann. Startet beim CGH2/BZ LKW. Damit kann man schon einige Kilometer fahren.

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