Förderung für privates Laden kann auch Firmen Vorteile bringen
Der Bund will mit einer neuen Förderung ab November privates Laden forcieren. Für eine intelligente Wallbox, die mit Grünstrom betrieben wird, sollen Privatleute pauschal 900 Euro erhalten können. Sind bei der Förderung Unternehmen also komplett außen vor? Direkt ja, indirekt nein. Hier alles Wissenswerte dazu.
* * * Das Interview ist am 23.10.2020 gemäß dem Überarbeitungsstand auf politischer Ebene aktualisiert worden***
Kurz zur Einordnung: Das neue Förderprojekt mit einem Gesamtbudget von 200 Millionen Euro ist Anfang dieses Monats angekündigt worden. Antragsberechtigt sind ab dem 24. November sowohl private Eigentümer und Wohnungseigentümergesellschaften als auch Mieter und Vermieter (Privatpersonen, Unternehmen, Wohnungsgenossenschaften). Die Förderung wird über die KfW abgewickelt und gilt für Ladegeräte, wenn diese mit Ökostrom geladen werden, 11 kW Ladeleistung haben und intelligent und netzfreundlich steuerbar sind. Zwar ist es möglich, eine Ladestation mit mehr Ladeleistung anzuschaffen, jedoch muss diese auf 11 kW gedrosselt werden.
Schließen diese Förderkriterien den gewerblichen Bereich nun also vollständig aus? Wir haben uns schlau gemacht und dazu mit Tina Zierul, Senior Director Public Policy beim Ladeinfrastruktur-Anbieter ChargePoint, gesprochen.
Frau Zierul, viele Flottenbetreiber haben aufgehorcht und dann schnell wieder abgewunken, als Verkehrsminister Andreas Scheuer jüngst die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur eröffnet und parallel ein neues Förderprogramm für private Ladestationen an und in Wohngebäuden angekündigt hat. Hat sich das Thema durch den „privaten“ Charakter für gewerbliche Akteure erledigt?
Das Programm kommt zur rechten Zeit. Lediglich das Etikett „Wohngebäude“ ist zu einengend und sollte noch um den Wortlaut „einschließlich Dienstwagen-Nutzer“ erweitert werden. Die Zielgruppen der Dienstwagen-Nutzer oder Pflegedienste, deren Mitarbeiter in der Regel zuhause laden, werden sich ansonsten nicht angesprochen fühlen. Viele Arbeitgeber und Flottenbetreiber kaufen keine Ladelösungen für das Zu-Hause-Laden der gewerblichen Fahrzeuge, sondern überlassen dies den Mitarbeitern. Sie sind aber trotzdem die ersten Adressaten, die ihren Mitarbeitern Vorgaben zum Kauf der Ladesysteme machen müssen, damit einheitlich mit ihnen abgerechnet werden kann.
In einem für Frühjahr 2021 angekündigten weiteren Programm* wird diese Nutzergruppe möglicherweise adressiert: Die Förderung für gewerbliches Laden bei Flotten und Arbeitgebern wird Bürogebäude und Depots im Fokus haben. Aber vielleicht ist hier das letzte Wort noch nicht gesprochen und der Use Case Dienstwagen zu Hause wird für das neu gestartete Programm noch stärker kommuniziert. Entsprechend informieren wir nun unsere Kunden, dass sie das Programm für ihre Mitarbeiter nutzen können. Die Arbeitgeber geben die Ladelösung vor und kümmern sich um die Rückerstattungs-Software. Der Kunde im Gegenzug kauft die Wallbox, die die Daten für die Erstattung des geladenen Stroms an den Arbeitgeber überträgt.
Wenn Sie sagen, Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter mit Anspruch auf einen Dienstwagen zu dieser Investition ermutigen, bedeutet dies, dass die Dienstwagenfahrer für Kauf, Installation und den Betrieb ihrer privaten Wallbox selbst aufkommen. Was entgegnen Sie Personen, die vor dem damit verbundenen Aufwand zurückschrecken?
Ich entgegne, dass wir sie gerne beraten – auch über die KfW-Förderung hinaus. Unternehmen sollten ihren Mitarbeitern mit Anspruch auf einen Dienstwagen ein einheitliches System für das Laden und die eichrechtskonforme Abrechnung des Fahrstroms zu Hause und die Rückerstattung vorgeben. Viele Arbeitgeber machen dies auch und kombinieren Fahrzeug, Wallbox und Installation in einer Leasing-Lösung. Wer dies so nicht anbieten möchte, kann das Paket den Mitarbeitern kostenfrei oder kostenpflichtig zur Verfügung stellen. Denn: Es hat verschiedene steuerliche und haftungsrechtliche Vor- und Nachteile für Arbeitgeber, den Dienstwagenfahrern die Wallbox zu schenken, zu überlassen, zu bezuschussen oder nur das Modell und die Datenanbindung vorzugeben. Wer nur technische Vorgaben macht, kann die Mitarbeiter selber beschaffen lassen und von der Förderung profitieren lassen. Wir sind froh, dass die NOW (Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie) gute Vorgaben zum netzdienlichen Laden gemacht hat, ähnlich wie es in Nordrhein-Westfalen bei dem Programm progres.nrw bereits geschehen ist. Auf diese Weise können wir auch bei Nachfragen der Netzbetreiber beraten – sowohl den Kunden und bei Bedarf auch den Netzbetreiber selbst.
Wie steht es um Dienstwagenfahrer, die zur Miete wohnen?
Eine Woche nach Start des KfW-Programms am 24. November tritt im Dezember für Mieter und Wohnungseigentümer das Recht auf einen Ladepunkt in Kraft (Stichwort WEG-Reform, Anm. d. Red.). Damit greifen Förderung und Rechtsanspruch elegant ineinander. Mieter können den Rechtsanspruch im BGB sofort nutzen und der Vermieter kann den Wunsch nicht ablehnen. In Mehrfamilienhäusern sollte sich der Vermieter oder die Hausverwaltung jedoch selbst informieren und ähnlich dem Arbeitgeber technische Vorgaben machen. Wird ein Anbieter gewählt, der Wallboxen, Lastmanagement, Abrechnung, Installation und Betrieb aus einer Hand anbietet, dann wird es für alle Beteiligten günstiger. Aktuell erarbeiten wir mit Verbänden eine Anwendungshilfe für die vielzähligen Fallkonstellationen.
Und auf was müssen Mitarbeiter bei den Geräten achten, um ihre Ladevorgänge zu Hause gegenüber ihrem Arbeitgeber abrechnen zu können?
Am besten wählen Arbeitgeber und Mitarbeiter eine Lösung, bei der exakt nach Verbrauch monatlich rückerstattet wird. Das bedeutet, dass der Ladevorgang eichrechtskonform abgerechnet werden muss. Beide können sich auch auf monatliche Pauschalen einigen und am Jahresende eine Schlussrechnung stellen, ähnlich wie beim Strom- oder Wasserzähler. Das bedeutet aber für große Firmen eine Menge Handarbeit. Und wenn der Arbeitgeber den sogenannten pauschalen Auslagenersatz nutzt, braucht er zwar keine eichrechtskonformen Ladelösungen, die Beträge sind jedoch Pauschalen und nur in manchen Fällen treffsicher. Wenn Dienstwagenfahrer 50 Euro im Monat für ein reines Elektroauto erhalten und beim Arbeitgeber nicht laden können, dann reicht das bei einem Strompreis von 30 Cent für 166 kWh. Das sind bei einem Verbrauch von 20 kWh auf 100 Kilometer dann gute 800 Kilometer, die im Monat erstattet werden. Bei 20 Arbeitstagen entspricht das 40 Kilometern am Tag. Für manche Dienstwagenfahrer ist das lukrativ, manche pendeln deutlich weiter und sind schlechter gestellt. Letztlich kehren Sie dann doch wieder zur exakten Lösung zurück.
In einigen wenigen Ausnahmen sind Unternehmen auch direkt förderberechtigt. Das gilt für Unternehmen, die Wohnraum vermieten, und Wohnungsgenossenschaften. Was würden Sie diesen Akteuren raten?
Wir raten Vermietern und Genossenschaften zu einem gemeinsamen Ansatz, indem sie sich für ein System entscheiden, bei dem alle Wallboxen an eine Software angeschlossen sind und das für die kommenden Jahre viel Flexibilität bietet. Manche Genossenschaften vermieten zum Beispiel Parkplätze für Elektrofahrzeuge erstmal an alle Mieter. In diesem Fall wird eine nutzergenaue Abrechnung wichtig. Manche Gebäude sind an der Kapazitätsgrenze beim Netzanschluss. Dann ist ein exaktes Lastmanagement mit schneller Reaktionszeit und vielen Optionen wesentlich. Manche Akteure wollen die Ladesäulen tagsüber Carsharing-Nutzern oder Nachbarn anbieten. Bei dieser Variante sind Zugangskontrollen das A und O. Es gibt heute viele Antworten auf komplexe Fragen. Die billige Wallbox ist leider nur auf den ersten Blick die beste Lösung.
*Bei dem hier angesprochenen weiteren Programm handelt es sich um eine zweite von der NOW geplante Förderinitiative für privates Laden – und zwar mit Fokus auf den gewerblichen Bereich. Dafür plant der Bund die Bereitstellung von 350 Millionen Euro ein. Gefördert werden sollen Ladegeräte beim Arbeitgeber und für die gewerbliche Nutzung zu Hause. Laut Tina Zierul befindet sich das Fördervorhaben aktuell in der Abstimmungsphase und soll bis Ende des Jahres fertiggestellt sein. Vor Inkrafttreten muss das Programm anschließend von der EU notifiziert werden, was es schwer macht, den genauen Förderstart vorauszusagen. Bis dato gilt das Frühjahr 2021 als Orientierungspunkt. Ob das Heimladen von Dienstwagenfahrern über dieses zweite Programm abgedeckt wird, ist unklar. Beide Förderinitiativen – die für heimisches Laden an Wohngebäuden und die für das Laden beim Arbeitgeber – sind Teil des Masterplans Ladeinfrastruktur, der für den Gesamtbereich des privaten Ladens 550 Millionen Euro vorsieht.
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