Künftige Förderpolitik: VW distanziert sich rabiat vom VDA
In einer Stellungnahme zu einem Gesetzentwurf aus dem Bundesumweltministerium, der die EU-Richtlinie zu erneuerbaren Energien im Verkehrsbereich umsetzen soll, stemmt sich Volkswagen gegen die vom VDA propagierten höheren Zielvorgaben für Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe.
Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“, der die von Volkswagen und dem VDA eingereichten Stellungnahmen vorliegen. Nach der Auffassung von Volkswagen werden „die sogenannten Potenziale dieser Alternativen beim flüssigen Kraftstoff im allgemeinen massiv überschätzt“. Die Herstellung synthetischer Kraftstoffe aus überschüssigen erneuerbaren Energien sei „aufwändig, kostenintensiv, wenig klimaeffizient und mit geringem Wirkungsgrad“. Und Überlegungen, aus erneuerbarer Energie grünen Wasserstoff herzustellen, der dann wiederum Autos antreiben könnte, erklärt VW kurzerhand für „unsinnig“: Für die individuelle Mobilität per Pkw sei der Wasserstoff „viel zu kostbar“. Der werde etwa zum Umbau von Industrien wie Stahl, Chemie oder Zement gebraucht.
Zum Hintergrund: Das Umweltministerium arbeitet aktuell an einem Gesetz, um die EU-Richtlinie zu erneuerbaren Energien im Verkehrsbereich umzusetzen. In diesem Zuge will das Ministerium den Anteil der erneuerbaren Energien im Verkehrssektor bis 2030 festlegen – und auch deren Förderung steuern. Nachdem das Ministerium Ende September einen ersten Entwurf vorlegte, erhielten die Verbände Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, geht die Stellungnahme des VDA in eine völlig andere Richtung als die ihres größten Mitglieds. Demnach fordert der Lobbyverband sogar höhere Zielvorgaben für Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe als im Gesetzentwurf bislang angestrebt. Der Verband hält einen Einsatz „in allen Transportanwendungen“ für möglich.
Der offenkundige Dissens entzündet sich also offenkundig an der Systemfrage, ob der klassische Verbrennungsmotor noch eine Zukunft hat. Während H2-Pkw und synthetische Kraftstoffe etwa in BMW und Zulieferer Bosch starke Befürworter haben, ist Volkswagen lautstarker Verfechter der Batterie-elektrischen Mobilität. Die Wortwahl aus der oben zitierten Stellungnahme legt nahe, dass Konzernchef Herbert Diess im Richtungsstreit um die Antriebstechnik von morgen keiner Konfrontation aus dem Weg gehen wird.
Interessant ist vor dem Hintergrund, dass ausgerechnet Volkswagen-Tochter Porsche erst kürzlich angekündigt hat, die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe vorantreiben zu wollen. Mit Elektro allein komme man nicht schnell genug voran, wird Entwicklungschef Michael Steiner in der entsprechenden Mitteilung zitiert. Wie diese Haltung mit der Philosophie des Gesamtkonzerns zusammenpasst, ist unklar. Gut möglich, dass Porsche sich das unter dem Volkswagen-Dach nur als besonders ertragreicher Premium-Hersteller abseits vom Volumenmarkt erlauben darf.
sueddeutsche.de
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