VDA bekräftigt Doppelstrategie mit Batterie und Wasserstoff
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) bekennt sich nun per Vorstandsbeschluss offiziell zu einer klimaneutralen Mobilität bis spätestens 2050, im Einklang mit den Pariser Klimaschutzabkommen. Doch in einem Positionspapier teilt der Verband gegen die EU-Kommission aus.
Der Vorstandsbeschluss folgt auf bewegte Tage: In der vergangenen Woche hatten Volkswagen als größtes VDA-Mitglied und der Verband in Stellungnahmen zu einem Gesetzentwurf aus dem Bundesumweltministerium sehr unterschiedliche Positionen eingenommen, welche Antriebstechnologien künftig gefördert werden sollten. VW argumentierte pro Batterie und gegen Wasserstoff in der Mobilität, während der VDA den Einsatz von Wasserstoff „in allen Transportanwendungen“ für möglich halte. Am Dienstag legte der VDA in einer gemeinsamen Erklärung mit drei anderen Industrieverbänden nach, wonach mit dem Gesetzentwurf in seiner aktuellen Fassung der Aufbau einer global führenden Wasserstoff-Industrie „ernsthaft gefährdet“ und „hunderttausend Arbeitsplätze bedroht“ seien.
Im Anschluss an die Vorstandssitzung am Mittwoch äußerte sich VDA-Präsidentin Hildegard Müller dann etwas moderater. Der schnelle Hochlauf der Elektromobilität habe für den VDA „bis 2030 klare Priorität, vor allem bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen“. „Um das Ziel eines klimaneutralen Verkehrs 2050 zu erreichen, werden auch alternative Antriebe und Kraftstoffe wie Wasserstoff und E-Fuels Teil der Lösung sein“, betonte Müller – ohne den scharfen und drohenden Ton der Verbände-Mitteilung vom Dienstag.
Der Vorstandsbeschluss ist in weiterer Hinsicht bemerkenswert: Gegen eine Verschärfung von Klimazielen und Flottengrenzwerten sperrt sich die deutsche Autoindustrie nun nicht mehr grundsätzlich, allerdings sollte diese laut VDA „nur nach einer sorgfältigen Folgenabschätzung getroffen werden“. „Klimaneutrale Mobilität kann nur durch gemeinsame Anstrengungen von Industrie, Staat und Gesellschaft erreicht werden“, so Müller. „Wir alle müssen dazu beitragen, jetzt schnell und europaweit die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Klimaziele erreicht werden können.“ Der VDA erneuerte seine Forderung nach einem beschleunigten Aufbau einer europaweit flächendeckenden Ladeinfrastruktur.
Zudem veröffentlichte der VDA ein siebenseitiges Positionspapier zum 2030 Climate Target Plan der EU-Kommission – dieses ist wiederum schärfer im Ton, hier allerdings nicht gegen das BMU, sondern eben die EU-Kommission. Zwar heißt es dort einleitend: „Um die Klimaneutralität zu erreichen, sind ambitionierte Klimaziele für 2030 notwendig und richtig.“ In der Folge macht der VDA aber klar, dass er zwar bei den Zielen, aber nicht dem Weg dorthin mit dem EU-Klimaplan übereinstimmt.
So äußert der Verband etwa die Befürchtung, dass sich die EU-Kommission mit dem Fokus auf den für Juni 2021 angekündigten Vorschlag zur Verschärfung der Flottengrenzwerte „zu Unrecht faktisch vom Prinzip der Technologieoffenheit verabschieden“ würde. Und: „Ein weiter verschärfter Flottengrenzwert für 2030 würde den ohnehin schon hohen Transformationsdruck in der Automobilindustrie – ganz besonders bei vielen mittelständischen Zulieferern – nochmals deutlich verschärfen. Verschiedene Studien (BMWI/Roland Berger// ELAB/Fraunhofer) gehen davon aus, dass allein in Deutschland netto mindestens 100.000 direkt Beschäftigte in der Automobilindustrie durch die Transformation verlorengehen können. Dahinter stehen Existenzen, Familien, Wohlstand und Ausbildung“, heißt es wörtlich in dem Papier.
Nach Unterstützung der Klimaziele klingt das weniger – vor allem, da der VDA „eine auf die Bewältigung der Transformation fokussierte industriepolitische Strategie“ vermisst. „Sie ist aber notwendig, um den Wandel im Sinne des Zieldreiecks der Nachhaltigkeit gestalten zu können“, so der Verband. „Dem Ehrgeiz bei der Verschärfung der Klimaziele steht kein korrespondierender industriepolitischer Anspruch gegenüber.“
Dieser Schritt, die Blockade gegen schärfere CO2-Ziele grundsätzlich aufzugeben, war im Vorfeld erwartet worden. Marktbeobachter deuten das als Strategie, mit der sich die Industrie ein politisches Alibi verschaffen will. Nach dem Motto: Der VDA wolle den Wandel zur emissionsfreien Mobilität, aber wenn die Politik nicht die aus Sicht des Verbands richtigen Rahmenbedingungen schafft – also schnell viele Ladesäulen und parallel möglichst technologieoffen fördern – trage die Industrie nicht die Verantwortung.
Die Verantwortung schiebt Müller auch aktiv von sich. „Um es klar zu sagen: Der Erfolg der Einhaltung der Klimaziele hängt an Voraussetzungen, die unsere Industrie allein nicht schaffen kann. Dazu gehört auch der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien und die Verfügbarkeit in allen Regionen Deutschlands“, so die VDA-Präsidentin. „Die Verantwortung hierfür liegt beim Bund, bei den Ländern und den Kommunen und bei der Energiewirtschaft.“
Die Mitteilung des VDA war aus diesem Grund auch mit einer vielsagenden Überschrift versehen: „Wir sind bereit.“
vda.de (Mitteilung), vda.de (Positionspapier als PDF)
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