Strategiewechsel: BMW plant reine E-Auto-Plattform
BMW hat seine Elektro-Strategie geändert und entwickelt jetzt doch eine eigene E-Auto-Plattform. Zum Einsatz kommen soll die neue Plattform nach 2025 im neuen Werk in Ungarn. Außerdem kündigen die Bayern an, ab 2022 auch in Regensburg den Bau eines rein elektrischen Modells beginnen zu wollen.
Zunächst zur eigenen Elektroauto-Plattform, über die die „Automobilwoche“ unter Berufung auf Statements von BMW-Chef Oliver Zipse bei der Vorlage der Quartalszahlen berichtet. Mit dieser Ankündigung rückt BMW von der bisherigen Philosophie ab, auf je einer Plattform und auf einem Produktionsband Modelle mit allen Antrieben zu bauen. Mit der neuen Strategie setze sich Betriebsratschef Manfred Schoch durch, der dies bereits im Sommer gefordert hatte, heißt es in dem Bericht.
Für den Zeitraum bis 2025 sieht Zipse in der flexiblen Produktionsstrategie auf einer Plattform Vorteile – und verteidigt somit den bisher geltenden Kurs: „Für die aktuelle Phase unserer Transformation bis 2025 ist die BMW Group genau richtig und robust positioniert: Unser Anteil an E-Mobilität wächst bei maximaler Flexibilität in der Produktion“, zitiert die „Automobilwoche“ den BMW-Chef. Zur Entwicklung der neuen E-Plattform soll unterdessen bereits im Juli eine eigene Abteilung gegründet worden sein.
In einer von BMW im Laufe des heutigen Vormittags veröffentlichten offiziellen Rede Zipses im Zuge einer Telefonkonferenz zu den Q3-Ergebnissen, bekräftigt der Vorstandschef die Pläne: „Unsere neue Cluster-Architektur ist auf elektrische Antriebe ausgerichtet. Dieser Bereich berichtet direkt an mich. Er ist mit allen Ressorts organisatorisch vernetzt – Märkte, Finanzen, Beschaffung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb. Das gibt uns mehr Durchgriff und macht uns viel schneller – auch in der Zusammenarbeit mit Partnern. Ziel ist es, mit der neuen Architektur ein Gesamtoptimum zu schaffen. Unser neues Werk in Ungarn spielt hier eine Schlüsselrolle. Dort läuft ab Mitte dieses Jahrzehnts die neue BEV-zentrierte Architektur an.“
Auch andere News erreichen uns aus der BMW-Zentrale: So läuft jetzt die PHEV-Version des BMW 5er Touring als drittes elektrifiziertes Modell in Dingolfing vom Band. Und noch relevanter aus unserer Sicht: Der Konzern wird ab 2022 auch in Regensburg die Fertigung eines rein elektrischen Modells beginnen. Das kündigte der Autobauer ebenfalls im Rahmen der Bekanntgabe seiner Quartalszahlen an, ohne aber zu erläutern, um welches Modell es sich handeln wird. In Regensburg werden bereits die Plug-in-Hybride der Kompakt-SUV X1 und X2 parallel zu den Verbrenner-Derivaten gefertigt. Außerdem hat BMW erst kürzlich angekündigt, an diesem Standort ab 2021 Batteriezellen für Hochvoltbatterien lackieren und dort ab 2022 komplette Hochvoltbatterien produzieren zu wollen. Nun kommt in Regensburg im Zuge von BMWs Elektrifizierungsstrategie also noch die Fertigung eines rein elektrischen Modells hinzu.
Damit wird BMW künftig in allen vier deutschen Automobilwerken rein elektrische Fahrzeuge produzieren. Der BMW i3 wird bekanntlich seit 2013 in Leipzig gefertigt. 2021 startet außerdem die Produktion des BMW iNext in Dingolfing und des BMW i4 in München. Die Münchner geben an, mit dieser Standort-Strategie „langfristig die Auslastung und damit das hohe Beschäftigungsniveau in ihren Werken am Standort Deutschland zu sichern“.
Auch bei der Komponenten-Fertigung setzt BMW auf Dezentralismus: Im Juli hatte der Autobauer das „Kompetenzzentrum E-Antriebsproduktion“ im Werk Dingolfing eröffnet, hier sollen Batteriemodule, Hochvoltbatterien und E-Motoren gebaut werden. Konkret könnten ab 2022 E-Maschinen für bis zu 500.000 elektrifizierte Fahrzeuge pro Jahr gefertigt werden, heißt es jetzt in einer aktuellen Pressemitteilung. In Landshut werden ebenfalls E-Motoren gebaut. BMW schildert jetzt, dass im dortigen Komponentenwerk aktuell bereits mehr als 500 elektrisch betriebene Logistik-, Produktionsfahrzeuge sowie Transportsysteme im Einsatz sind: von Zug- und Kehrmaschinen über Gabelstapler bis hin zu E-Lkw. Für Dienstfahrten stehen im Fuhrpark des Werks fünf vollelektrische BMW i3 sowie 20 Hybridmodelle bereit. Die bereits im und um das Werk bestehende Ladeinfrastruktur wird bis zum Jahr 2021 auf 140 Grünstrom-Ladepunkte erweitert.
Und die Batterie als Schlüsselkomponente? Ende Juli wurde bekannt, dass BMW in Parsdorf nahe München eine Pilot-Batteriezellenfertigung aufbauen will, deren Kapazitäten über jene des 2019 eröffneten „Kompetenzzentrum Batteriezelle“ hinausgeht. Im Werk Leipzig (u.a. i3) sollen ab 2021 Batteriemodule in Großserie gebaut werden, die dann zum Beispiel ab 2022 in Regensburg zu besagten Hochvoltbatterien montiert werden – aber weiterhin aus zugekauften Zellen von CATL und Samsung SDI. Im September 2020 lief zudem die Batterieproduktion für den iX3 in China an, gefertigt werden die Batterien von dem Joint Venture BMW Brilliance Automotive.
Nach wie vor will die BMW Group binnen zehn Jahren mehr als sieben Millionen elektrifizierte Fahrzeuge auf die Straßen bringen – davon etwa zwei Drittel mit vollelektrischem Antrieb. Bis Ende 2021 sollen fünf rein elektrisch betriebene Modelle zur Verfügung stehen, im Einzelnen der i3, der Mini Cooper SE, der iX3, der iNEXT sowie der i4.
automobilwoche.de (Elektro-Plattform), bmwgroup.com (Regensburg), bmwgroup.com (PHEV-Version des 5er Touring), bmwgroup.com (Landshut), bmwgroup.com (Telefonkonferenz)
6 Kommentare